Dank Schwulen-Podcast
Queere Jugendliche outen sich wegen Superstars

Queere Vorbilder in der Popkultur erleichtern Jugendlichen das Coming-out. Ob Harry Styles, Lady Gaga oder Serien wie Heartstopper – sie vermitteln Akzeptanz. Sichtbarkeit allein reicht nicht, doch sie kann ein erster Schritt zu mehr Selbstverständnis sein.
Publiziert: 08.05.2025 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2025 um 08:32 Uhr
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Der britische Musiker Harry Styles setzt sich mit seinen Konzerten für Akzeptanz und Vielfalt ein und inspiriert dabei auch queere Jugendliche.
Foto: IMAGO/Cover-Images

Darum gehts

  • Popkultur-Vorbilder sind wichtig für queere Jugendliche
  • Repräsentation fördert Selbstakzeptanz
  • Social Media bietet eine Plattform für queere Sichtbarkeit und Identifikation
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ramona RosatiRedaktorin Gesellschaft

«Wer immer mein Vorbild gewesen ist und auch immer noch ist, ist Harry Styles. Er steht ja auch für Akzeptanz und dass man lieb zueinander sein soll und hat auch immer Regenbogen-Flaggen an seinen Konzerten, und das finde ich schön.» 

Mit diesen Worten beschreibt die junge Hörerin Sabrina des Schweizer Podcasts «Seid ihr Brüder?» ihre Begeisterung für den britischen Popstar. Sabrina, die sich letztes Jahr als lesbisch geoutet hat, verdeutlicht mit ihrer Aussage, wie entscheidend Vorbilder aus der Popkultur für queere Jugendliche sein können. 

Repräsentation als Stütze

Die «Seid ihr Brüder»-Hosts Elay Leuthold (28) und Michèl Kessler (27) machten kürzlich das Outing zum Thema einer Podcastfolge. Beide wissen aus eigener Erfahrung, wie entscheidend es ist, sich in der Welt wiederzufinden – sei es in einer Figur aus einer Serie, in einer musikschaffenden Person oder in jemandem aus dem echten Leben, der offen zu sich selbst steht. Sichtbarkeit allein reicht nicht aus, aber sie kann der erste Schritt sein, um sich selbst zu verstehen und den Mut zu finden, sich nicht zu verstecken.

«Was mich sehr geprägt hat, ist das Coming-out-Video auf Youtube von Troye Sivan», sagt Elay Leuthold zu Blick. «Das hat mich dazu ermutigt, selber ein Coming-out zu machen.» Der australische Sänger, Youtuber und Schauspieler Troye Sivan veröffentlichte 2013 ein Video, in dem er sich öffentlich als schwul outete. 

Auch Michèl Kessler betont die Bedeutung von Repräsentation: «Es ist schön, dass queere Themen in der Popkultur mittlerweile so viel breiter behandelt werden.»

Social Media als Türöffner

Neben klassischen Medien hat besonders Social Media die Sichtbarkeit queerer Identitäten verändert. Plattformen wie Instagram und Tiktok bieten nicht nur Raum für Stars aus Film und Musik, sondern auch für «ganz normale, aber auch ganz aussergewöhnliche, verrückte Leute», die sich selbst präsentieren, sagt Michèl Kessler. So haben junge LGBTQ+-Menschen, die ihre sexuelle Identität entdecken, heute einen leichteren Zugang zu solchen Geschichten.

Die beiden Podcaster sehen in den letzten Jahren deutliche Fortschritte. «Vor 20 Jahren, als ich Kind war, war queere Repräsentation oft überzeichnet, klischeehaft und manchmal lächerlich», erinnert sich Elay Leuthold.

Trotz dieser Fortschritte sehen die beiden weiterhin Lücken, besonders bei Transmenschen und People of Color. «Es gibt noch viel zu tun», sagt Michèl Kessler. «Wir brauchen mehr Geschichten – und vor allem authentische Geschichten, gespielt von Menschen, die wirklich auch trans sind.»

Vorbilder und ihre Wirkung

Die Bedeutung solcher Vorbilder zeigt sich auch im Buch «Queer Kids» von Christina Caprez (47). Die Schweizer Soziologin, Autorin und Journalistin beleuchtet in ihrem Buch, das im November 2024 erschienen ist, die Lebensrealitäten junger queerer Menschen in der Schweiz.

Darin erzählt der 14-jährige Luan, wie seine Begeisterung für den Sänger Shawn Mendes ihm half, seine eigene Sexualität zu verstehen. Mit zwölf Jahren wurde ihm bewusst, dass er schwul ist.

Als gelungene Beispiele für queere Darstellungen nennen die beiden Podcaster und Christina Caprez Serien wie «Pose», «Sex Education» und «Heartstopper», die LGBTQ+-Themen nahbar und positiv behandeln. 

Aber auch Musikschaffende spielen eine wichtige Rolle: Ein Beispiel ist Lady Gaga. Sie nutzt ihre Plattform, um sich für LGBTQ+-Rechte einzusetzen, und zeigt, wie wichtig Allyship ist – also die Unterstützung marginalisierter Gruppen durch nicht direkt Betroffene.

Wie Christina Caprez erwähnt, hat auch Nemo, insbesondere bei jüngeren Kindern und Jugendlichen, das Wissen über non-binäre Identitäten gefördert. Durch den Sieg beim Eurovision Song Contest 2024 hat Nemo grosse Sichtbarkeit erlangt, und Geschlechtervielfalt ist zunehmend auch ein Thema in Schulzimmern.

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Mehr als nur Stars: Unterstützung im persönlichen Umfeld

Doch Popkultur allein reicht nicht aus. Neben öffentlichen Vorbildern sind auch Bezugspersonen im direkten Umfeld entscheidend. «Dein Freundeskreis, eine offene Schulsozialarbeiterin oder ein verständnisvoller Onkel können genauso entscheidend sein wie ein Star auf der Bühne», betont Caprez.

Letztlich geht es darum, sich selbst treu zu bleiben – auch wenn das manchmal Mut erfordert. «Dein authentisches Ich ist irgendwann das Ich, das am meisten gefeiert wird», sagt Elay Leuthold. Und fügt hinzu: «Nach jedem Sturm kommt ein Regenbogen.»

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