Darum gehts
- Alpabzug Flimserstein: 200 Kühe kehren nach dreimonatigem Alpsommer ins Tal zurück
- Tradition und Stolz prägen den Anlass, Besucher geniessen Glockengeläut und Festlichkeiten
- 60 Älpler begleiten die Kühe, die zwischen 2000 und 2500 Meter über Meer grasten
Ein sonores Glockengebimmel hallt von den steil aufragenden Bergwänden wider. Das 20-Jahr-Jubiläum des Alpabzugs Flimserstein hat am Samstag zahlreiche Schaulustige zum Hochtal Bargis bei Flims GR gelockt. Gebannt schauen alle hoch zur historischen «Scala Mola», einem 1645 in den Felsen gehauenen Alpweg. Noch ist mit blossem Auge kaum etwas auszumachen. Wer etwas sehen will, greift zum Feldstecher oder versucht die Szenerie am Berg mit dem Handy heranzuzoomen. Dort! Ganz weit oben, am Bergmassiv Flimserstein, macht sich eine Karawane aus insgesamt rund 200 Kühen – von rund 60 Älplerinnen und Älplern geleitet – langsam und kontrolliert auf den Weg ins Tal.
Für die Tiere ist es ein Abschiednehmen vom dreimonatigen Alpsommer mit seinen satt-würzigen Wiesen und zugleich ein Heimkommen zum Überwintern im Stall. «Die Kühe geschmückt zu sehen und ihnen zuzuschauen, wie sie ins Tal laufen, ist schon cool», sagt Sarah, eine 20-jährige Flimserin. Ebenfalls unter den zahlreichen Besuchern sind Gianluca Huonder (23) und Lea Caflisch (23). Auch sie kommen aus der Gegend. Lea ist in Flims aufgewachsen. Mit der Tradition, die hier erlebbar wird, fühlen sich beide stark verbunden. «Schon früher, als ich noch klein war, bin ich jeweils mit den Kühen mitgelaufen», sagt die junge Flimserin und strahlt. «Das Beste ist der Widerhall der Glocken von den Bergen.»
Viel Tradition, viel Stolz
Wie sie hat auch ihr Partner in seinem Leben schon viele Alpabzüge miterlebt. «Das ist schon etwas Spektakuläres», sagt Huonder. «Es macht Freude, die schönen Tiere zu sehen. Es gehört einfach ins Bündnerland und in die Bergregion.» Dass das Bergdorf Flims und das Hochtal Bargis heute von einer grossen Schar an Schaulustigen bevölkert sind, freut ihn. «Ich finde es schön, dass so viele gekommen sind. Man ist stolz auf die Tiere, und das zeigt man auch gerne.»
Etwas weniger Gefallen an dem grossen Touristenaufkommen findet Alpmeister Roman Niederberger. Von den vielen Menschen geht für ihn im Rahmen des Anlasses gar eine grössere Herausforderung aus als vom nervenaufreibenden Unterfangen, 200 Kühe auf einer nur wenige Meter breiten Rampe – rechts der schroffe Fels, links eine steil abfallende Felswand –, heil ins Tal hinunterzugeleiten: «Es besteht durchaus die Gefahr, dass Schaulustige und Besucher zwischen die Kühe gehen – da kann es Unfälle geben.»
Daher sind dem Alpmeister weniger Menschen am Alpabzug Flimserstein fast lieber, wie er gegenüber Blick sagt. Dann könne er sich besser auf die Tradition einstimmen. Hierbei wird der 36-Jährige besonders emotional: «Mir bedeutet der Alpabzug sehr viel, und es erfüllt mich extrem mit Stolz, Alpmeister dieser Alp zu sein.»
Erster Sommer «z’Alp»
Mit dem Alpmeister waren auf dem Bergabschnitt, der sich zwischen 2000 und 2500 Meter über Meer erstreckt, noch weitere Alphirten. Einer von ihnen ist Patrick aus Dietschwil im Kanton St. Gallen. «Das ist ein schöner Abschluss des Alpsommers, wenn man weiss, dass man gut ins Tal zurückgekommen ist», sagt er sichtlich erleichtert. Es war sein erster Sommer «z’Alp». Davor hatte der 19-Jährige seine Landwirtschaftslehre abgeschlossen. Seine Tage ob Flimserstein waren einfach, aber intensiv: morgens und abends die Kühe melken, täglich das Vieh kontrollieren, die Kälber versorgen … «Mit so viel Viehbestand hat man schon genug Arbeit.»
Auf der Suche nach Wander-Inspiration? Mit 26 Summits, einer Kampagne von Blick, kannst du auf 26 traumhaften Wanderwegen und einer Triathlon-Challenge mit sechs zusätzlichen Routen die Schweiz zu Fuss erkunden. Für jeden Gipfel, den du erreichst, sammelst du Punkte, steigst in der Rangliste auf und sicherst dir die Chance auf attraktive Wettbewerbspreise. Bist du dabei?
Auf der Suche nach Wander-Inspiration? Mit 26 Summits, einer Kampagne von Blick, kannst du auf 26 traumhaften Wanderwegen und einer Triathlon-Challenge mit sechs zusätzlichen Routen die Schweiz zu Fuss erkunden. Für jeden Gipfel, den du erreichst, sammelst du Punkte, steigst in der Rangliste auf und sicherst dir die Chance auf attraktive Wettbewerbspreise. Bist du dabei?
Der junge Alphirt verbrachte die letzten drei Monate fast ausschliesslich im Alpteam. Ab und zu kam auch seine Familie zu Besuch. Der heutige Alpabzug markiert das Ende seiner Zeit als Älpler. «Einerseits ist es schade, dass der Alpsommer schon wieder vorbei ist», sagt er, «aber es ist auch schön, wieder zurück bei der Familie zu sein.» Ob Patrick nächstes Jahr auf die Alp zurückkehrt, weiss er noch nicht. «Zuerst schliessen wir mal diesen Sommer ab», schmunzelt er, während die milchkaffeefarbenen Kühe um ihn herum zufrieden im Hochtal Bargis grasen.
«Ich bin froh, wenn die Tiere wieder nach Hause kommen»
Es ist ein Geräuschteppich aus Glockengeläut, Kuhgemuhe und Menschengetöse. Dann und wann begleitet von traditionellen Klängen von Alphorn, Schwyzerörgeli oder Jodelgesang. Rauch und Wurstduft deuten an, dass hier oben auch das leibliche Wohl der Besucherschar nicht zu kurz kommt. Bevor es weitergeht, sollen alle – Kuh wie Mensch – zünftig einkehren können. Vor allem für das Vieh ist das wichtig. Manche von ihnen sind noch lange nicht am Ziel, nämlich in den Ställen ihrer Besitzer, die ihre Höfe längst nicht nur im unmittelbaren Umland haben. Bis ins Appenzell und ins Unterland muss ein Teil des Braunviehs noch gebracht werden.
Die Kühe von Hanspeter Buchli haben Glück: Für sie ist der Weg nicht mehr weit. Nur noch ein paar Kilometer, bis sie zurück sind im vertrauten Stall in Flims. «Wir hoffen, dass es auch bis ins Dorf gutgeht», sagt der 42-jährige Bauer und freut sich auf diesen Moment. «Ich habe die Tiere gerne und bin jeweils froh, wenn sie wieder nach Hause kommen.» Doch auch ohne Kühe wird es auf dem Hof nicht langweilig. Es gibt immer Arbeit. Im Sommer, wenn die Kühe oben auf der Alp sind und vom Alppersonal betreut werden, ist Buchli mit seiner Familie in Flims mit Heuen beschäftigt: der Futterbereitung für den Winter.
Kopfschmuck als Zeichen für glimpflichen Sommer
Und auch in der Woche vor der Rückkehr der Kühe gab es für den Flimser Bauern, seine Familie und weitere helfende Hände viel zu tun. Tagelang sind sie mit der Vorbereitung für den heutigen Anlass beschäftigt gewesen. Unter anderem wird Schmuck aus Zweigen, Blumen, Gräsern und Bändern gefertigt – das Schmücken der Kühe ist ein traditionelles Brauchtum, das im gesamten Alpenraum wichtiger Bestandteil bei Alpabzügen ist. Der Kopfschmuck gilt als Zeichen für einen unfallfreien Sommer und ist Ausdruck des Dankes und des Segens für die Tiere.
Dass alles gutgeht, ist keine Selbstverständlichkeit. «Gewisse Sachen kann man beeinflussen, gewisse nicht», sagt Bauer Buchli. Seine Miene wird ernst. Auf einem so steilen und schmalen Weg wie hier sei es wichtig, genug Leute zu organisieren, um so die Gefahr zu minimieren, dass etwas Schlimmes passiert. «Es gehört auf der Alp leider auch dazu, dass immer wieder mal eine Kuh abstürzt. Das sind Dinge, die wir leider nicht beeinflussen können.»