Dauertestbilanz: Opel Ampera
Dauernd unter Strom

Als E-Auto ohne Reichweitenangst ist der Opel Ampera ein Revolutionär. Nach 10 000 pannenfreien Kilometern die Bilanz: Die Zukunft macht schon heute Sinn. Und Spass.
Publiziert: 02.02.2013 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 04:31 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Während der Nachbar mühselig kratzt, heizen wir die Scheiben des Ampera ganz lässig frei: Für die Laternenparker der Redaktion entwickelt der Opel in den letzten Frosttagen des Dauerlaufes höchsten Reiz. Als E-Auto heizt er völlig geräusch- und emissionsfrei. Und der Kilometer verheizter Reichweite? Egal, er hat ja den Stromerzeuger an Bord.

Genau diese Zukunftsvision des E-Autos ohne Reichweitenangst elektrisiert die ganze Autobranche, die gebannt auf den Opel und dessen Bruder Chevrolet Volt blickt. Die Technik: Ist der daheim geladene Akku leer, erzeugt ein Benziner Strom. Ein Plug-in-Hybrid also? Technisch ja, aber: In „normalen“ Hybriden bleibt der Benziner stets der Hauptmotor. Im Opel ist der Benziner Notstromaggregat und der E- der Antriebsmotor.

Letzterer hat es in sich. Die Mühelosigkeit, mit der er flüsternd, aber vehement loslegt, begeistert vom ersten Testtag an. Gasbefehle werden verzögerungsfrei umgesetzt. Das krönt den Opel zum König der Ampeln und Ortsenden: Ehe der GTI im Rückspiegel die Gänge sortiert, ist der 150-PS-Stromer mit voller Power ab der ersten Umdrehung und nur einem Gang längst weg. Das macht Spass, doch wer oft Gas gibt, den bestraft der Akku. Im wegen der Heizung klar verbrauchsintensiveren Winter ist bei flotter Bergfahrt schon mal nach 39 km Akkuschluss. Im Schnitt sinds 54, im Sommer über 60, maximal 81 km. Springt dann in die Stille hinein der Benziner an, irritiert das schon. Laut wird er aber erst bei Tacho 169 km/h Spitze auf der deutschen Autobahn, sonst tönt er – wie ein Benziner eben. Ein kleiner Preis dafür, dass dieses E-Auto im Test bis zu 518 km weit ohne Stopp kommt. Tanken dauert dann Minuten, Laden deutlich länger. An der Heimstation (16 Ampere) gut vier Stunden, mit dem sperrigen Mobillader an Schweizer Haushaltssteckdosen (zehn Ampere) fast doppelt so lange. Die Crux: Wer schnell lädt, erhöht den Ladestromverlust – und das schlägt sich dann arg im Verbrauch nieder.

Wobei „arg“ relativ ist. Laut Norm braucht der Ampera 13 kWh plus 1,2 Liter auf 100 km, was, grob vereinfacht, seine ersten 100 km beschreibt. Testwert: 13 kWh plus 3,2 Liter auf 100 km, was aber nur die halbe Wahrheit ist. Weil Kurzstrecken überwiegen, fährt man selten mit Sprit – und akkuelektrisch kosten 100 km nur zweieinhalb Franken! Läuft der Stromerzeuger auf langen Reisen andauernd, sind es minimal fünf, im Testschnitt 6,9 l/100 km. Zu viel? Man kann anders rechnen: Über 10 000 km sind es 2,9 l/100 km!

Als genial durchdacht erweist sich manch Kleinigkeit. Clever, dass man die Akkuladung „aufheben“ kann, um erst am Reiseziel zu stromern: Wer will Onkel Ruedi sein E-Mobil schon im Spritbetrieb vorführen? Weil der Akku selbst „leer“ Reserve hat, ist man beim Rangieren oder innerorts trotzdem oft elektrisch unterwegs. Wer segelt, kann auf 500 Spritkilometern Strom für 50 elektrische generieren. Klingt gut. Besser jedenfalls als das Krachen, mit dem der Gummispoiler vorne folgenlos, aber nervig über Temposchwellen kratzt. Kritik auch für die Sensorbedientasten (launisch) im Cockpit, Heizung (mitunter lau), Licht (soso lala) und Sicht nach hinten (lausig). Dass bei strengem Frost auch mal der Benziner unerwartet anspringt, um sich vor Erfrierungen zu schützen, irritiert. Und flotte Kurven durcheilt der Opel problem-, aber eher lustlos. Doch am Ende zählt, wie viel Laune er als relaxter Gleiter mit hervorragendem Komfort, Power, Flüsterlauf und tadelloser Qualität macht: Nichts klappert, kein Defekt trübt den Halbjahrestest. Zudem bietet der Fünftürer auch vier Erwachsenen und unter der Heckklappe genug Raum.

Fazit: Der Opel Ampera trägt Titel wie „Schweizer Auto des Jahres 2012“ ganz zurecht. Ohne Reichweitenangst ist Stromern nicht nur öko, sondern macht richtig Spass – und zwar jeden Tag. Vielleicht ist der Ampera der Zeit zu weit voraus, um schon Verkaufshit zu sein. Aber sicher ist: In 20 Jahren loben ihn die Geschichtsbücher als den Pionier.


OPEL AMPERA

Antrieb: Elektromotor: 150 PS, 370 Nm ab 1/min. Stromerzeuger: R4-Benziner, 1.4 l, 86 PS. Akku: Lithium-Ionen, 16 kWh. 1-Stufen-Automat, Frontantrieb.

Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 9,5 s, Spitze 160 km/h.

Masse: Länge 4,50 m, Breite 1,79 m., Höhe 1,44 m. Gewicht 1732 kg. Laderaum 309–999 Liter.

Verbrauch: Werkswert 13 kWh+1,2 l/100 km = 27 g/km CO. Testwerte: 13 kWh+3,2 l/100 km = 74 g/km CO. Nur Akkubetrieb bzw. nur Stromerzeugerbetrieb 24 kWh bzw. 6,9 l/100 km = 0 bzw. 160 g/km CO. Energieeffizienz A.

Serienausstattung: 10 Airbags, Klimaautomat, Infotainment mit 7-Zoll-Touchscreen, schlüsselloses Tür- und Start-System, Ladegerät, u.a.

Preise: Basis ab 50 900 Franken (Testwagen mit Optionen wie Navi, Rückfahrkamera, heizbare Ledersitze, u.a. 57 450 Franken).

Antrieb: Elektromotor: 150 PS, 370 Nm ab 1/min. Stromerzeuger: R4-Benziner, 1.4 l, 86 PS. Akku: Lithium-Ionen, 16 kWh. 1-Stufen-Automat, Frontantrieb.

Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 9,5 s, Spitze 160 km/h.

Masse: Länge 4,50 m, Breite 1,79 m., Höhe 1,44 m. Gewicht 1732 kg. Laderaum 309–999 Liter.

Verbrauch: Werkswert 13 kWh+1,2 l/100 km = 27 g/km CO. Testwerte: 13 kWh+3,2 l/100 km = 74 g/km CO. Nur Akkubetrieb bzw. nur Stromerzeugerbetrieb 24 kWh bzw. 6,9 l/100 km = 0 bzw. 160 g/km CO. Energieeffizienz A.

Serienausstattung: 10 Airbags, Klimaautomat, Infotainment mit 7-Zoll-Touchscreen, schlüsselloses Tür- und Start-System, Ladegerät, u.a.

Preise: Basis ab 50 900 Franken (Testwagen mit Optionen wie Navi, Rückfahrkamera, heizbare Ledersitze, u.a. 57 450 Franken).

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