Darum gehts
- USA und EU einigen sich auf Handelsabkommen. Zölle werden gesenkt
- Politiker äussern sich positiv, Wirtschaft und Industrie kritischer zum Abkommen
- Zölle für Automobilwirtschaft von 27,5 Prozent auf 15 Prozent reduziert
Nach wochenlangem Hin und Her haben die USA und die Europäische Union (EU) ein Handelsabkommen. Die EU konnte höhere Zölle abwenden. Statt der angedrohten 30 Prozent wurden Zölle in Höhe von 15 Prozent abgemacht. Auch weitere Vereinbarungen – etwa im Energiebereich – wurden getroffen.
Viele Politiker äussern sich verhalten bis positiv zum Abkommen. In Wirtschaft und Industrie ist das Echo wesentlich kritischer. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz ist mit dem Abkommen grundsätzlich zufrieden: «Mit der Einigung ist es gelungen, einen Handelskonflikt abzuwenden, der die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte», zitiert ihn die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
«Zölle fast halbiert»
«Dies gilt besonders für die Automobilwirtschaft, bei der die gegenwärtigen Zölle von 27,5 Prozent auf 15 Prozent fast halbiert werden», so der Bundeskanzler. Besonders in diesen Bereichen sei die schnelle Zollsenkung von grösster Bedeutung.
Etwas zurückhaltender äusserte sich die italienische Premierministerin Giorgia Meloni zum Handelsabkommen. «Ich finde es gut, dass es eine Einigung gibt, aber ich kann sie nicht beurteilen, ohne Einzelheiten zu kennen», zitiert sie die Nachrichtenagentur Ansa. Italien ist, nach Deutschland und Frankreich, die drittgrösste Volkswirtschaft der EU.
Das sagt Trump
US-Präsident Donald Trump reagierte in seinem sozialen Netzwerk Truth Social ebenfalls. «Präsident Trump kündigt ein bahnbrechendes Handelsabkommen mit der Europäischen Union an», schreibt er dort über einem Bild vom Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Von der Leyen selbst spricht nach dem Deal, den sie mit Trump aushandelte, vom «grössten Deal aller Zeiten».
EU-Ratspräsident: Lob für von der Leyen
EU-Ratspräsident Antonio Costa lobt auf X «die Arbeit von Ursula von der Leyen, Maros Sefcovic und der EU-Kommission zur Stabilisierung des transatlantischen Handels». Weiter schreibt er: «Entschlossenheit und Einigkeit ebneten den Weg für ein ausgehandeltes Abkommen mit den USA – ein Abkommen, das der Zusammenarbeit Priorität einräumt, die Kerninteressen der EU schützt und den Unternehmen die Sicherheit gibt, die sie brauchen.»
«Stabilität öffnet die Tür für strategische Zusammenarbeit bei gemeinsamen Herausforderungen – und dieses Abkommen trägt dazu bei, diesen Weg zu ebnen», sagt EU-Handelskommissar Sefcovic zu dem Deal. «Lassen Sie uns unsere transatlantischen Beziehungen weiter stärken.»
Verbände nicht glücklich
Die deutsche Industrie reagiert teilweise mit deutlicher Kritik. «Das Übereinkommen ist ein unzureichender Kompromiss und sendet ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks», teilt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin mit. Die EU nehme schmerzhafte Zölle in Kauf.
Der Präsident des Bundesverbandes Grosshandel, Aussenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, äussert sich ebenfalls zurückhaltend: «Diese Einigung ist ein schmerzhafter Kompromiss», sagt er zur Zoll-Einigung.
«Jedes Prozent Zoll ist ein Prozent zu viel.» Der Zollaufschlag bedeute für viele Händler «eine existenzielle Bedrohung». Auch wenn nun zunächst Sicherheit über die Handelsbedingungen herrsche, würden sich Lieferketten verändern und Preise erhöhen, warnt Jandura.
«Der Deal hat seinen Preis»
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat die Einigung im Zollstreit zwischen der Europäischen Union und den USA als «dringend benötigte Atempause» für viele Unternehmen gewertet und weitere Verhandlungen gefordert. Doch der Deal habe «seinen Preis», der «auch zu Lasten der deutschen und europäischen Wirtschaft» gehe, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov .
Zudem handele es sich nur um einen ersten Schritt, bei dem viele Details noch unklar seien. Melnikov forderte, die EU müsse nun weiter mit den USA verhandeln und «an einem umfassenden, fairen und zukunftsgerichteten Handelsabkommen arbeiten».