Darum gehts
- USA und Ukraine unterzeichnen Abkommen zur gemeinsamen Rohstoffausbeutung
- Schaffung eines Fonds zum Wiederaufbau der Ukraine
- Details noch unklar, Vertragstext bisher nicht öffentlich
Nach monatelangen Verhandlungen und hitzigen Auseinandersetzungen haben die USA und die Ukraine einen Mineralien-Deal unterzeichnet. Dies gab US-Finanzminister Scott Bessent (63) bekannt. Mit dem Abkommen wurde die Schaffung eines Fonds zum Wiederaufbau der Ukraine vereinbart. Der Deal wurde am Mittwoch von Bessent und der ukrainischen Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko (39) in Washington unterzeichnet.
Die ukrainische Seite bestätigt die Einigung. Details über den Vertrag wurden aber nur wenige bekannt. Das Abkommen kommt in einer entscheidenden Phase in den Verhandlungen über ein Friedensabkommen: US-Präsident Donald Trump (78) drängt auf ein rasches Ende des Krieges in der Ukraine und zeigt sich entnervt über die ausbleibenden Fortschritte.
Trump bekräftigt seine Sichtweise über Sicherheitsgarantie
Der US-Präsident setzte die Ukraine in der Vergangenheit beim Thema Rohstoffe massiv unter Druck. Er betrachtet potenzielle Gewinne aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA. Nach der nun getroffenen Vereinbarung sagt Trump, dass die USA viel mehr zurückbekommen würden, als sie bisher investiert hätten. Er bekräftigt zudem seine Sichtweise, dass eine wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine auch eine Sicherheitsgarantie für das Land darstelle.
Der Text des Abkommens wurde bisher nicht öffentlich. Vorgesehen sei aber ein Investitionsfonds zur gemeinsamen Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze, der Mittel zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften solle. Die USA erhalten damit einen privilegierten Zugang zu ukrainischen Ressourcen – darunter Metalle der seltenen Erden, die für Spitzentechnologie wichtig und strategisch bedeutsam sind.
Trumps Finanzminister Bessent wurde mit Blick auf die Inhalte der Einigung nicht sonderlich konkret, zeigte sich aber zufrieden. Das Abkommen sei ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Trump-Regierung langfristig für einen Friedensprozess einsetze, in dessen Mittelpunkt «eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine» stehe.
Vizeregierungschefin zerstreut Bedenken vor Ausverkauf
Die ukrainische Vizeregierungschefin nennt mehr Einzelheiten. Der künftige Wiederaufbaufonds solle in Projekte zur Förderung von Mineralien, Öl und Gas sowie in damit verbundene Infrastruktur investieren, erklärt sie. «Die Ukraine und die Vereinigten Staaten werden gemeinsam die zu finanzierenden Investitionsprojekte festlegen», schreibt sie auf Facebook. Investiert werden dürfe nur in der Ukraine. In den ersten zehn Jahren solle der Fonds Gewinne und Einnahmen nicht ausschütten, sondern reinvestieren.
Um Bedenken in der Ukraine vor einem möglichen Ausverkauf der eigenen Rohstoffe zu begegnen, betont Swyrydenko, dass der Fonds gleichberechtigt mit den USA betrieben werde. Die Ukraine werde ihren Anteil am Fonds nicht aus bestehenden Rohstoffprojekten leisten, sondern 50 Prozent der Einnahmen aus künftigen Förderlizenzen oder Rohstoffverkäufen einzahlen.
Fondsbeiträge sollen auch mit Militärhilfe möglich sein
Umstritten war in den Verhandlungen, ob die Ukraine Militär- und Finanzhilfen der USA mithilfe der Rohstoffausbeutung quasi zurückzahlen muss. In diesem Punkt widerspricht Swyrydenko dem US-Präsidenten: Die Ukraine müsse keine Schulden wegen bisheriger Waffen- oder Finanzhilfen aus den USA seit Beginn des Krieges tragen.
Die USA könnten ihren Beitrag zum Fonds mit Militärhilfe leisten, zum Beispiel mit Flugabwehrwaffen, erläutert Swyrydenko weiter. In keinem der Partnerländer sollen demnach Steuern auf die Einnahmen des Fonds anfallen.
Verhandlungen über das Abkommen liefen seit Februar. Sie standen aber nach einem weltweit beachteten Eklat zwischen Trump, dessen Vize J. D. Vance (40) und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) im Weissen Haus vor dem Scheitern.
Schliesslich konnten sich beide Länder doch auf einen neuen Anlauf verständigen: Mitte April unterzeichneten Kiew und Washington eine Absichtserklärung für den Abschluss des Rohstoffabkommens.
Absegnung durch ukrainisches Parlament steht noch aus
Das eigentliche Abkommen muss vor Inkrafttreten noch vom ukrainischen Parlament ratifiziert werden. Ministerpräsident Denys Schmyhal (49) versicherte schon vor der Unterzeichnung des Deals: «Die Ukraine behält die Kontrolle über ihre Ressourcen. Das heisst, Bodenschätze, Infrastruktur, Rohstoffe sind nicht Teil oder Voraussetzung des Fonds oder der Vereinbarung.»
Das Abkommen war im vergangenen Herbst von Selenski vorgeschlagen worden, um an Trumps Selbstverständnis als Geschäftsmann zu appellieren und Sicherheitsgarantien der USA zu erhalten. Die Hoffnung auf solche Garantien erfüllte sich nach allem, was bekannt ist, nicht.
Am vergangenen Wochenende war Selenski in Rom am Rande der Trauerfeier nach dem Tod von Papst Franziskus für ein Gespräch mit Trump zusammengekommen. Bilder davon, wie sich die beiden Staatsmänner auf zwei Stühlen gegenübersitzen, gingen um die Welt. Angesprochen darauf, was er Selenski gesagt habe, antwortete Trump nun im US-Fernsehen, er habe dem Ukrainer geraten, ein Abkommen zu unterzeichnen, «weil Russland viel grösser und viel stärker ist».