Globetrotter schleppte ungewöhnliche Souvenir-Krankheit nach Hause
Ärzte staunen über Wiener Lepra-Kranken

Nach eineinhalb Jahren Leiden unter seltsamen Symptomen erhielt ein 60-jähriger Wiener endlich die Diagnose: Lepra. Der Fall verblüfft Ärzte.
Publiziert: 02.05.2025 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2025 um 10:08 Uhr
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Im Wiener AKH behandeln Ärzte einen einheimischen Lepra-Kranken. Ärzte hatten die Symptome des Mannes lange nicht erkannt.
Foto: AFP
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Fälle von Lepra sind in Europa extrem selten. Jährlich werden nur wenige Fälle gemeldet, meist durch Reisen in endemische Gebiete oder Migration aus Ländern wie Teilen Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas.

Jetzt wurde in Wien ein Fall entdeckt, der Ärzte verblüfft. Ein 60-Jähriger ging von Arzt zu Arzt, keiner erkannte die Symptome. Es habe «mit leichten Lähmungserscheinungen an den Fusssohlen begonnen», erzählte der Betroffene der «Kronen Zeitung»

Die tauben Stellen wurden immer mehr, wanderten von den Knöcheln und Knien bis zu den Ellbogen und Handrücken. «Zuletzt waren meine Ohren und die Nase davon betroffen», schildert der Patient. Niemand erkannte die heimtückische Krankheit.

Lepra-Diagnose

Erst nach eineinhalb Jahren, im April, lüftete eine Ärztin mit einer Vermutung das Geheimnis: Lepra. Untersuchungen, die auf die Bakterien der Infektionskrankheit abzielten, bestätigten den Verdacht. Der Patient sei aus allen Wolken gefallen.

Der in der Reisebranche tätige Mann bezeichnet sich als Globetrotter. Er war beruflich oft in den Tropen, Afrika oder anderen entlegenen Gegenden der Welt. Die Krankheit könne er «überall» aufgelesen haben.

Der Wiener Lepra-Kranke äussert sich erleichtert, endlich zu wissen, woran er leidet. Die Krankheit ist durch moderne Antibiotika gut behandelbar – und wenig ansteckend. Fachpersonal habe grosses Interesse an ihm: «Viele Ärzte kamen zu mir und wollten Details über den Verlauf der Krankheit und meinen Gesundheitszustand wissen.»

In Europa einst verbreitet

Lepra zählt zu den ältesten bekannten Krankheiten der Menschheit und wird bereits im Alten Testament der Bibel als Krankheit der «Aussätzigen» erwähnt.

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war Lepra in Europa weit verbreitet und gefürchtet. Im Vergleich zur schnell tötenden Pest ist Lepra eine nur sehr langsam, mitunter jahrzehntelang, verlaufenden Krankheit. Die Inkubationszeit kann bis zu 20 Jahren betragen.

Lepra macht sich mit hellen oder roten Flecken auf der Haut früh erkennbar. Unbehandelt kann die Infektion zu Taubheitsgefühlen bis hin zu Sehstörungen und sogar der Verformung von Fingern, Zehen, Ohren oder Nase führen. Im schlimmsten Fall folgt wegen ausgebrochener Folgeinfektionen der Tod.

Letzter Schweizer Lepra-Toter

Im Jahr 2023 meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 182'815 neue Lepra-Fälle. Die höchsten Fallzahlen weist Indien auf, gefolgt von Brasilien und Indonesien.

Der letzte registrierte Lepra-Fall in der Schweiz war im Jahr 1927 im Kantonsspital Brig, wo der betroffene Schweizer starb. Seitdem ist Lepra in der Schweiz praktisch ausgestorben. Die Krankheit tritt nur noch selten durch importierte Fälle auf.

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