Darum gehts
Donald Trump liebt den Pomp. «Grösser als je zuvor». «Die beste Wirtschaft der Welt». «Ein neues goldenes Zeitalter». Mit Versprechungen wie diesen startete der US-Präsident in die zweite Amtszeit – selbstbewusst, triumphierend – und fest entschlossen, die USA wirtschaftlich neu auszustellen.
Doch 100 Tage nach seiner Rückkehr ins Weisse Haus bekommt das Bild vom grossen wirtschaftlichen Comeback erste Risse. Statt Aufschwung: eine Wirtschaft, die schrumpft. Statt Euphorie: wachsende Unsicherheit – bei Investoren, Konsumenten, sogar in den Reihen der Republikaner.
Zwei Auftritte, zwei Botschaften
Die Widersprüche zwischen Wunsch und Wirklichkeit lassen sich an einem einzigen Tag im Weissen Haus besichtigen. Am Dienstagabend stand Präsident Trump auf einer Bühne in Michigan und verkündete voller Stolz den Beginn eines wirtschaftlichen Aufschwungs, wie ihn das Land noch nie erlebt habe. Die Inflation werde bald besiegt sein, die Preise sinken, die Löhne steigen – und die Vereinigten Staaten seien dabei, zur «grössten Wirtschaftsmacht aller Zeiten» aufzusteigen.
Weniger als 24 Stunden später klang alles ganz anders. In einer Kabinettssitzung sprach Trump plötzlich davon, dass sich amerikanische Eltern in Zukunft möglicherweise weniger Spielzeug für ihre Kinder leisten könnten. «Aber vielleicht brauchen Kinder ja keine 30 Puppen. Vielleicht reichen auch zwei», spottete der Präsident.
Zölle mit Nebenwirkungen
Der Grund für die Preissteigerungen: Trumps aggressive Zollpolitik. Vor allem auf Importe aus China erhebt die Regierung Strafzölle von bis zu 145 Prozent – offiziell, um die heimische Wirtschaft zu stärken und die Abhängigkeit von Billigprodukten aus dem Ausland zu reduzieren. In der Praxis treffen die Mehrkosten vor allem Konsumentinnen und Konsumenten – und zwar direkt im Portemonnaie.
Am Mittwoch folgte die erste amtliche Standortbestimmung der US-Wirtschaft in Trumps zweiter Amtszeit. Das US-Handelsministerium meldete einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) um 0,3 Prozent im ersten Quartal im Vergleich zur Vorjahresperiode – der erste Rückschlag dieser Art seit mehr als drei Jahren. Zwar relativieren Ökonomen diese Zahlen zum Teil und verweisen auf statistische Effekte, doch das Signal ist klar: Die von Trump versprochene wirtschaftliche Dynamik ist bislang ausgeblieben.
Verantwortung? Fehlanzeige
Brisant ist vor allem das Timing: Die Verlangsamung des Wachstums fällt exakt mit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit zusammen. Viele seiner zentralen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen – etwa die dramatische Ausweitung der Zollpolitik – wurden in den ersten Wochen umgesetzt. Die Folgen lassen sich nicht mehr auf seinen Vorgänger Joe Biden schieben, auch wenn Trump genau das versucht.
Auf seiner Online-Plattform Truth Social reagierte der Präsident umgehend – und wie gewohnt ohne jede Selbstkritik. Er schrieb: «Das hat NICHTS mit Zöllen zu tun.» Die Regierung bemühte sich auch in der Kabinettssitzung, die Verantwortung auf andere abzuwälzen. Gleichzeitig reklamierte Trump positive Einzelwerte – etwa bei den Investitionen – als persönlichen Erfolg. Die Widersprüchlichkeit dieser Kommunikation zeigt: Die Regierung tut sich zunehmend schwer, eine glaubwürdige wirtschaftspolitische Position zu etablieren.
Trump verteidigt seine Zölle nach wie vor mit dem Argument, die USA unabhängiger von ausländischen Produkten machen zu wollen. Tatsächlich teilen manche Ökonomen diese Sichtweise – zumindest langfristig. Doch kurzfristig bedeutet seine Politik vor allem eines: steigende Preise für Konsumgüter aller Art.
Das Image des Wirtschaftspräsidenten bröckelt
Am stärksten betroffen sind Haushalte, die schon unter der Inflation der vergangenen Jahre gelitten haben. Hinzu kommt die wachsende Zurückhaltung vieler Unternehmen. Investitionen werden aufgeschoben, neue Projekte eingefroren, erste Entlassungswellen durchgespielt. Die Unsicherheit wirkt sich nicht nur ökonomisch, sondern auch psychologisch aus – das Vertrauen in Stabilität und Planbarkeit schwindet.
Dabei bröckelt auch, was lange als Trumps politisches Fundament galt: das Image des erfolgreichen Geschäftsmanns, der weiss, wie man eine Volkswirtschaft steuert. Eine aktuelle Umfrage der «Washington Post» zeigt: Nur noch 39 Prozent der US-Bevölkerung bewerten Trumps Wirtschaftspolitik positiv – ein markanter Rückgang gegenüber den Monaten vor seiner Rückkehr ins Weisse Haus.
Ein Reporter des Senders ABC News fragte Trump diese Woche, was er seinen Wählerinnen und Wählern zu sagen habe, die nun zunehmend verunsichert seien. Die Antwort des Präsidenten: «Sie haben mich gewählt, sie wollten es so.»