Fehlender Konsens in Genf
Schweiz «enttäuscht» über Scheitern der Verhandlungen

Die Verhandlungen in Genf über ein internationales Abkommen gegen Plastikverschmutzung sind ohne Konsens gescheitert. Die Schweiz ist enttäuscht.
Publiziert: 15.08.2025 um 01:29 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2025 um 11:23 Uhr
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Der Vertrag soll den gesamten Zyklus des Plastiks umfassen, vom Design über die Produktion bis zum Umgang mit Abfall. (Archivbild)
Foto: NIC BOTHMA
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Die Schweiz wird ihr Genfer Abkommen gegen Plastikverschmutzung nicht bekommen. Chefunterhändler Felix Wertli sprach am Freitagmorgen über die Enttäuschung seiner Delegation. Er forderte eine Pause, um über den weiteren Verlauf der Verhandlungen nachzudenken. Zuvor sind die internationalen Verhandlungen gescheitert. 

«Es ist eine schwierige Zeit», sagte der Chef für internationale Angelegenheiten des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) vor den anderen Staaten. Es habe nicht an mangelndem Engagement gelegen, fügte er hinzu. Viele andere Länder kritisierten derweil den Verhandlungsleiter Luis Vayas Valdivieso.

«Nicht ambitioniert»

Am Mittwoch hatte dieser einen Text vorgelegt, den die meisten Teilnehmerstaaten zurückwiesen. Der Schweizer Umweltminister Albert Rösti (58) erklärte, der Entwurf von Ecuadors Botschafter in London sei «überhaupt nicht ambitioniert» und habe den Forderungen der Schweiz nicht entsprochen.

«Wir haben Fortschritte erzielt», sagte der Umweltbotschafter, doch die entscheidenden Schritte für ein Abkommen seien ausgeblieben. Trotz des Scheiterns dürften die Bemühungen nicht aufhören, betonte Wertli. Nach drei Jahren Verhandlungen bei verschiedenen Treffen sei nun jedoch eine Pause nötig, um über den zukünftigen Ansatz zu entscheiden.

Der Bund will ein engeres Abkommen über eine Verbesserung der Produktion, ohne Reduktionsziel, und eine Kontrolle oder zumindest Überwachung problematischer Produkte. Ebenso will die Schweiz einen Finanzierungsmechanismus zur Unterstützung der Entwicklungsländer.

Bundesrat Rösti war am Mittwochabend und Donnerstag zur Unterstützung der Schweizer Delegation angereist, um zu versuchen, eine Einigung zu erzielen. Er hatte sich vermehrt mit seinen Amtskollegen in Genf getroffen und an Kleingruppentreffen in den Gesprächen teilgenommen.

In der Nacht auf Freitag stellte Valdivieso einen neuen Textentwurf vor. Dieser sah keine globalen Ziele zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Plastik vor, sondern nationale Anstrengungen, was nicht überall auf Gegenliebe stiess. 

Verbrauch von Plastik hat sich mehr als verdoppelt

Davor hatte sich die Kritik an Valdiviesos Vorgehensweise gehäuft. Nichtregierungsorganisationen (NGO) sprachen von einer «Beleidigung» der Zivilgesellschaft. Einige südamerikanische Delegierte machten keinen Hehl aus ihrer Verärgerung über den ecuadorianischen Botschafter, der mit einem wenig ambitionierten überarbeiteten Textentwurf am Mittwoch bei den meisten Ländern enorme Wut ausgelöst hatte. Von Bundesrat und Umweltminister Rösti über den französischen Präsidenten Emmanuel Macron (47) bis hin zu vielen Entwicklungsländern wurde dieser als «inakzeptabel» bezeichnet.

Der Streit über den Text findet zwischen zwei Gruppen statt: Mehr als 100 weitere Länder wollen die Plastikproduktion auf ein nachhaltiges Niveau begrenzen, Einwegplastik wie Besteck, Becher und Verpackungen aus dem Verkehr ziehen und auf wiederverwendbare Produkte, Recycling und Kreislaufwirtschaft setzen. Dagegen stehen Länder, die den Rohstoff für das Plastik haben: Öl. Darunter sind Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Diese Länder tun alles, um Produktionsbeschränkungen zu verhindern.

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