Während Corona fehlten in den Regalen der Schweizer Detailhändler zwei Sachen: Toilettenpapier und Hefe. Backen war im Trend. Das Bananenbrot machte den Einstieg, darauf folgten Baguettes. Die Königsdisziplin war jedoch der selber angesetzte Sauerteig, der Einzug in den Kühlschrank hielt und dessen Backresultat stolz präsentiert wurde.
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Diesen Backtrend machte sich Marcel Paa zunutze. Der 38-Jährige unterhält mit seinen Backvideos 242’000 Menschen auf der Videoplattform Youtube. Er ist einer der erfolgreichsten Schweizer und Schweizerinnen, die mit der Produktion von Videos Geld verdienen. Dazu gehört auch Kris Grippo, 21 Jahre alt. Auf Youtube folgen dem Basler 4,13 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer, die er mit Videos aus seinem Alltag sowie mit Beauty- und Tanzvideos unterhält.
Grippo und Paa verdienen beide Geld mit ihren Youtube-Auftritten. Sie begeistern ein Millionenpublikum. Doch Erfolg in den sozialen Medien ist kurzlebig. Die beiden müssen ständig schauen, dass sie bei ihrem Publikum weiterhin ankommen, um ihr Einkommen beizubehalten. So kämpfen die beiden Schweizer auf Youtube darum, ihre Spitzenposition zu behalten und genügend Geld für ein Leben zu verdienen:
Vom gelernten Bäcker-Konditor-Meister zum Youtuber
Eigentlich hätte Marcel Paa einmal die Bäckerei seiner Familie in Interlaken übernehmen sollen. Doch es kam anders. Der Berner lernt 2008 während seiner Meisterausbildung im Aargau seine Frau kennen und übernimmt – der Zufall will es, dass auch ihre Familie eine Bäckerei besitzt – die Konditorei des Familienbetriebs.
Name: Marcel Paa, alias «Einfach backen»
Alter: 38
Youtube-Abonenntinnen und -Abonennten: 242'000
Instagram: 76'500
Tiktok: 29’800*
*Stand 8.Dezember 2023
Name: Marcel Paa, alias «Einfach backen»
Alter: 38
Youtube-Abonenntinnen und -Abonennten: 242'000
Instagram: 76'500
Tiktok: 29’800*
*Stand 8.Dezember 2023
2015 tummelt sich Marcel Paa in Facebook-Gruppen für Hobbybäcker. Und merkt: Viele der Tipps, die die Leute einander geben, sind falsch. Um sie richtig anzuleiten, gründet er den Youtube-Kanal «Einfach backen».
«Nach meinem ersten Video hatte ich zwanzig Abonnentinnen und Abonnenten – davon zehn Leute, die ich bereits kannte und die das Video wohl aus Mitleid geschaut haben», beschreibt Paa seine ersten Videoversuche lachend.
Vom Hobby zur Selbstständigkeit als Influencer
Doch nach und nach wächst sein Kanal. Paa beginnt, auf die Kommentare seiner Zuschauerinnen und Zuschauer einzugehen, macht beispielsweise mehr Videos übers Brotbacken. Irgendwann kommt in den Kommentaren auch die Frage nach Backzubehör.
Paa baut kurzerhand einen Online-Shop. Später beginnt er auf Wunsch seiner Abonnenten und Abonnentinnen, vor Ort und online Backkurse anzubieten. 2020 wird das Arbeitspensum zu viel – gleichzeitig eine Konditorei zu leiten und drei Videos pro Woche auf Youtube zu veröffentlichen, ist nicht mehr möglich.
Seine Familie motiviert ihn, die Erstellung der Youtube-Videos zu seinem Vollzeitjob zu machen. Paa hat damit Erfolg: Heute hat der Berner 242’000 Abonnentinnen und Abonnenten, eine Community hinter sich und sich mit dem Online-Shop und den Backkursen ein funktionierendes Businessmodell aufgebaut.
Sein Team, das anfangs nur aus ihm selbst bestand, ist auf sechs Leute gewachsen. Sie helfen mit dem Marketing, dem Filmen, dem Schneiden, dem Online-Shop und den sozialen Medien.
«Im Jahresschnitt habe ich mit den Werbeeinnahmen auf Youtube 3980 Franken pro Monat verdient», sagt Paa. Auf sein Team aufgeteilt, reichen diese Einnahmen nicht aus. Deshalb sind die zusätzlichen Angebote ausschlaggebend: «Der Online-Shop und die Kurse generieren den Umsatz, um die Firma zu finanzieren. Dies ist mit den monatlichen Werbeeinnahmen auf Youtube nicht möglich.»
In der Schweiz kann man auf Youtube Geld verdienen, indem man Werbeanzeigen einschaltet (siehe Box).
Youtube verkauft Werbung, die vor, während und nach Videos gespielt wird. Die Erlöse gehen zu etwa 50 Prozent an Youtube und zu 50 Prozent an die Youtuberinnen und Youtuber.
Auf Youtube gibt es zwei verschiedene Videoformate – einmal die «normalen» Videos (auch «Longform» genannt) im Querformat und beliebig lange. Und einmal die sogenannten «Shorts»: Das sind kurze Videos im Hochformat, die in den sozialen Medien wie Tiktok und Instagram ihren Anfang hatten.
Der Verteilungsschlüssel sieht bei Longform-Videos allerdings anders aus als bei Shortform-Filmen. «Bei normalen Youtube-Videos wissen wir: Das ist das Video dieses oder jenes Creators. Die Werbung wurde in seinem Video gezeigt, und von daher bekommt er dort ein bisschen mehr als die Hälfte der Erlöse», sagt Youtube-Zentraleuropa-Chef Andreas Briese.
Der finanzielle Unterschied zwischen kurzen und langen Videos
Bei den Youtube-Shorts werden 45 Prozent der Erlöse mit den Creators geteilt, die auf der Grundlage ihres Anteils an der Gesamtzahl der Aufrufe von Shorts verteilt werden. Dazu kommt, dass die Creators mit Longform-Content mehr verdienen können. Beim Schweizer Youtuber Kris Grippo etwa sieht die Rechnung so aus: Pro 1000 Views bei Longform-Videos bekommt er 2.33 Franken. Bei den Shorts sind es 0.04 Franken pro 1000 Views.
Ein Beispiel: Auf seinem Youtube-Kanal hat der Basler zwei Longform-Videos. Eines davon heisst: «I dyed my hair ...» und hat um die 700'000 Aufrufe. Damit verdiente er 1631 Franken. Mit einem Youtube-Shorts mit gleicher Anzahl Aufrufe verdient er hingegen nur 28 Franken. Das Beispiel von Grippo zeigt auf: Um auf Youtube ein langfristig gutes Einkommen zu haben, braucht es viele Aufrufe.
Youtube verkauft Werbung, die vor, während und nach Videos gespielt wird. Die Erlöse gehen zu etwa 50 Prozent an Youtube und zu 50 Prozent an die Youtuberinnen und Youtuber.
Auf Youtube gibt es zwei verschiedene Videoformate – einmal die «normalen» Videos (auch «Longform» genannt) im Querformat und beliebig lange. Und einmal die sogenannten «Shorts»: Das sind kurze Videos im Hochformat, die in den sozialen Medien wie Tiktok und Instagram ihren Anfang hatten.
Der Verteilungsschlüssel sieht bei Longform-Videos allerdings anders aus als bei Shortform-Filmen. «Bei normalen Youtube-Videos wissen wir: Das ist das Video dieses oder jenes Creators. Die Werbung wurde in seinem Video gezeigt, und von daher bekommt er dort ein bisschen mehr als die Hälfte der Erlöse», sagt Youtube-Zentraleuropa-Chef Andreas Briese.
Der finanzielle Unterschied zwischen kurzen und langen Videos
Bei den Youtube-Shorts werden 45 Prozent der Erlöse mit den Creators geteilt, die auf der Grundlage ihres Anteils an der Gesamtzahl der Aufrufe von Shorts verteilt werden. Dazu kommt, dass die Creators mit Longform-Content mehr verdienen können. Beim Schweizer Youtuber Kris Grippo etwa sieht die Rechnung so aus: Pro 1000 Views bei Longform-Videos bekommt er 2.33 Franken. Bei den Shorts sind es 0.04 Franken pro 1000 Views.
Ein Beispiel: Auf seinem Youtube-Kanal hat der Basler zwei Longform-Videos. Eines davon heisst: «I dyed my hair ...» und hat um die 700'000 Aufrufe. Damit verdiente er 1631 Franken. Mit einem Youtube-Shorts mit gleicher Anzahl Aufrufe verdient er hingegen nur 28 Franken. Das Beispiel von Grippo zeigt auf: Um auf Youtube ein langfristig gutes Einkommen zu haben, braucht es viele Aufrufe.
Für Paa ist klar: Youtube ist ein Mittel zum Zweck. «Über Youtube machen wir die Leute auf den Online-Shop und die Backkurse aufmerksam und generieren Reichweite», sagt er. Je mehr Menschen ein Video anschauen, desto grösser ist die Chance, dass jemand etwas kauft.
Vom Gymi-Schüler zum Social-Media-Star
Lockdown, 2020: Kris Grippo besucht das Gymnasium von zu Hause aus. Neben dem Online-Unterricht hat er viel Zeit, um Neues auszuprobieren: «Ich entdeckte die Social-Media-Welt und fand eine Passion darin, Videos zu kreieren», sagt der heute 21-Jährige.
Name: Kris Grippo, alias «Kris8an»
Alter: 21
Youtube-Abonenntinnen und -Abonennten: 4,13 Millionen
Instagram: 1,6 Millionen
Tiktok: 8,4 Millionen*
*Stand 8. Dezember 2023
Name: Kris Grippo, alias «Kris8an»
Alter: 21
Youtube-Abonenntinnen und -Abonennten: 4,13 Millionen
Instagram: 1,6 Millionen
Tiktok: 8,4 Millionen*
*Stand 8. Dezember 2023
Am Anfang sind es unterhaltende Videos, in denen er tanzt oder zu Liedern mitsingt. Was er aus Spass startet, wird 2021 zu einer Geldmaschine: Seine Kanäle auf verschiedenen sozialen Plattformen erreichen mehrere Millionen Followerinnen und Follower. Grippo realisiert, dass seine gewonnene Reichweite ihm die Chance gibt, vom Videokreieren zu leben.
Ein Jahr später absolviert er die Matur und entscheidet sich für die Selbstständigkeit. Jeden Tag filmt, schneidet und postet er Videos auf Instagram, Tiktok und Youtube. Hinter ihm steht das Management We Create, das sich um die Kollaborationen, Verträge und Verhandlungen kümmert. Bei We Create stehen aktuell zwanzig Creators aus dem DACH-Raum unter Vertrag, darunter Nadine Breaty aus Deutschland, mit 11,3 Millionen Followerinnen und Followern auf Tiktok.
Grippo betont die Relevanz von Kollaborationen: «Wenn man auf den Social-Media-Plattformen ein Business aufbauen will, sind Kollaborationen mit Brands entscheidend.» Grippo hat sich über die Zeit gut aufgestellt: Zalando, Coca-Cola, Mac Cosmetics, Nyx Cosmetics, La Roche Posay, Garnier – die Liste von Grippos Werbepartnerschaften ist lang. Dazu kommt, dass es grosse Namen aus der Mode- und Beautybranche sind, für die der 21-Jährige wirbt.
«Ich könnte allein von den Werbeeinnahmen von Youtube leben», sagt er. Dabei macht das Geld, das er von Youtube bekommt, nur 25 Prozent seines Einkommens aus. Ganze 70 Prozent kommen von den erwähnten Werbepartnerschaften. Und die letzten 5 Prozent kommen beispielsweise aus der Schmucklinie, die Grippo im Oktober während sieben Tagen verkaufte.
Die Schmucklinie war ein Testlauf für das, was einmal kommen soll: «Ich möchte einen Brand aufziehen, der irgendwann unabhängig von meiner Person ist», so Grippo. Er ist aktuell damit beschäftigt, konkrete Pläne zu entwickeln.
Social Media ist ein hartes Business. Und Grippo weiss, dass er es nicht für immer weitermachen kann. «Aber man kann es als Sprungbrett nutzen, um andere Sachen zu erreichen», sagt er, ganz der Unternehmer, der er einmal sein möchte.
Youtube-Creator in der Schweiz – ein Job mit Zukunft?
Der Job des Schweizer Youtube-Creators kann durchaus eine vielversprechende Zukunft haben. Das zeigen Erfolgsgeschichten wie die von Marcel Paa und Kris Grippo. Beide haben sehr unterschiedliche Strategien und setzen ihren Fokus jeweils anders, beide leben aber heute von ihrem Online-Auftritt.
Die Beispiele dieser zwei sind jedoch einzigartig, und nicht immer ist der Erfolg garantiert. Es gibt viele, die es in den sozialen Medien versuchen und scheitern: «Wer langfristig auf Youtube erfolgreich sein will, braucht entweder Brand-Kollaborationen oder muss international unterwegs sein, um eine grosse Reichweite zu erreichen», sagt Kris Grippo.
Schliesslich muss man sich als Einsteigerin oder Einsteiger dem stetigen Wandel bewusst sein und sich neuen Trends und Technologien anpassen können. Denn die schnelle Online-Welt wartet auf niemanden. Und wer sich nur einen Tag lang ausruht, wird bereits von der Aktualität überholt.