Die Zusatzversicherten merkten nichts davon, dass die Leistungen der Spitalkostenzusatzversicherungen «Privat» und «Halbprivat» auf Anfang Jahr in einigen Kantonen reduziert wurden. Das ist weniger die Schuld der Krankenkassen, als vielmehr jene der Kantone.
Das Problem lässt sich in vier Buchstaben ausdrücken: AVOS, ambulant vor stationär. Demnach soll, wann immer möglich, ein medizinischer Eingriff aus Kostengründen ambulant statt stationär vorgenommen werden. Man lässt sich vormittags im Spital operieren und kehrt abends wieder heim. Sobald man aber auch nur für eine Nacht ein Spitalbett belegt, gilt der Eingriff als stationär und kommt somit insgesamt teurer zu stehen.
Die 13er-Liste
Das Beratungsunternehmen PWC nannte in einer Studie 13 Eingriffe, bei denen eine Milliarde Franken Kosten gespart werden könnte, wenn sie nur noch ambulant statt stationär durchgeführt würden. Auf der sogenannten 13er-Liste stehen etwa Meniskusentfernung, Herzschrittmacher-, Mandel-, Krampfader- und Leisten-bruchoperationen. Eine stationäre Behandlung soll nur noch in begründeten Fällen bezahlt werden.
Da Ärzte und Spitäler mitunter ein finanzielles Interesse daran haben, den Patienten über Nacht zu versorgen, haben einige Kantone diese Liste mehr oder weniger vollständig übernommen und in Kraft gesetzt.
Die Luzerner waren die Ersten. Sie führten die neue Regelung bereits im Sommer ein. Auf Anfang 2018 folgten Aargau, Schaffhausen, Wallis, Zug und Zürich. Zudem ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) daran, von sich aus eine Liste von Eingriffen zu erstellen, die grundsätzlich ambulant durchzuführen sind. Die neue Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) soll Anfang 2019 in Kraft treten.
In den Kantonen erhofft man sich davon eine wesentliche finanzielle Entlastung: Bei stationären Eingriffen zahlen sie 55 Prozent der Kosten, während die Krankenversicherer die restlichen 45 Prozent übernehmen. Bei ambulanten Behandlungen hingegen zahlen die Kantone nichts, die Krankenkassen dagegen alles.
Kassen halten sich bedeckt
Fachleute gehen davon aus, dass sich damit bis zu zehn Prozent der stationären Leistungen einsparen lassen. Und hier kommen die Spitalversicherungen «Privat» und «Halbprivat» ins Spiel: Sie versprechen eine freie Arztwahl und einen höheren Spitalkomfort. Doch der Versicherungsschutz gilt nur für stationäre, nicht für ambulante Behandlungen. Zusatzversicherte sind die Verlierer solcher Listen.
Fest steht, dass die Spitalkostenzusatzversicherungen in den genannten Kantonen – ab nächstem Jahr die in der ganzen Schweiz – weniger Leistungen bezahlen werden als bisher. Dies wiederum muss sich in tieferen Prämien für Zusatzversicherungen niederschlagen.Die Krankenkassen halten sich noch bedeckt, wie weit sie ihre Prämien von sich aus senken werden, also bevor sie von der Finanzmarktaufsicht (Finma) dazu gezwungen werden. Helsana erklärt auf Anfrage, dass sich die finanziellen Auswirkungen noch nicht abschätzen liessen.
Die Ärzte hätten weiterhin einen grossen Spielraum beim Entscheid über die Art der Behandlung. Die CSS erklärt, dass ihre Prämien grundsätzlich immer der Kostenentwicklung folgen. Ausschlaggebend seien das Versichertenkollektiv und die konkreten Behandlungen.