Zu Besuch beim Zirkus Stey
«Jeder kämpft gegen jeden»

Martin Stey ist seit sieben Jahren Direktor des gleichnamigen Zirkus. Er kennt die Branche wie kaum ein Zweiter. Und erzählt BLICK, wo die wahren Probleme liegen, mit welchen die Unternehmen zu kämpfen haben.
Publiziert: 14.07.2018 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:06 Uhr
«So ist es nicht mehr lustig!»
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Direktor vom Zirkus Stey:«So ist es nicht mehr lustig!»
Patrik Berger

Der Konkurs über die Circus Royal Betriebs AG von Peter Gasser (61) und Oliver Skreinig (39) rückt die Schweizer Zirkusbranche in ein schlechtes Licht. BLICK wollte gestern von Martin Stey (41) wissen, was bloss los sei hinter der glänzenden Zirkuskulisse. Er ist Direktor des Traditionszirkus Stey und Sohn von Rolf Stey, der den Zirkusverband Schweiz präsidiert.

Stey sitzt kurz vor der Nachmittagsvorstellung in Marthalen ZH im Bistro und ist sichtlich aufgebracht. «Ein paar wenige schwarze Schafe schaden all den anderen Betrieben, die seit Jahrzehnten sauber geschäften», sagt er. «Wir alle leiden, wenn sie Rechnungen nicht bezahlen, Stellplätze in einem lausigen Zustand hinterlassen oder Verpflichtungen gegenüber Gemeinden nicht nachkommen.»

Bauern sind immer zurückhaltender

Für die Betriebe hinter der Schweizer Nummer eins, dem Nationalzirkus Knie mit seinen 800'000 verkauften Eintritten pro Jahr, wird die Suche nach einem Standplatz immer schwieriger. Die kleineren Zirkusse wie Nock, Stey, Royal, Starlight oder Monti buhlen um die besten Standorte. «Es herrscht ein grosser Kampf um die Plätze!» Bauern seien immer zurückhaltender. «Und die Gemeinden verschärfen ihre Auflagen», klagt Stey. «Die Verhandlungen mit den Behörden werden immer mühsamer.»

So müsse man nur schon für das Aufhängen der Plakate kostenpflichtige Bewilligungen einholen. Zudem müsse man mittlerweile bei jeder zweiten Gemeinde im Voraus bezahlen. So etwa in Amriswil TG, wo Stey vor zwei Wochen war. «Hätte ich nicht 500 Franken hingeblättert, hätten wir keinen Strom und kein Wasser gehabt. Und das nur, weil ein Zirkus seine Rechnung nicht bezahlt hat!»

«Wir bekommen keine Subventionen»

Manchmal vergeht Martin Stey darob die Lust an der Arbeit. «Tag für Tag muss ich gegen das schlechte Image kämpfen, das uns die schwarzen Schafe einbrocken. Das ist ärgerlich.» Er führt das Familienunternehmen seit 2011, hat 30 Angestellte und tourt acht Monate durch die Schweiz. «Wir bekommen keine Subventionen wie das Opernhaus oder das Schauspielhaus. Wenn uns eine Gemeinde nur schon bei der Stromrechnung entgegenkommen würde, wäre uns sehr geholfen.»

Das Zirkusleben sei hart, der Konkurrenzkampf gross. «Unter den kleineren Zirkussen gibt es keine Solidarität. Es ist ein Kampf jeder gegen jeden.» Man müsse sehr genau rechnen, um sich nicht zu verkalkulieren. «Die grosse Kunst ist es, ein qualitativ hochstehendes Programm auf die Beine zu stellen, das nicht zu teuer ist», sagt der Zirkusprofi.

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Martin Stey (41) ist seit sieben Jahren Direktor des Zirkus Stey.
Foto: Thomas Meier

Der ewige Kampf gegen den Zuschauerschwund

Martin Stey versucht mit einem ausgewogenen Programm gegen den Zuschauerschwund anzukämpfen. «Das ist Jahr für Jahr eine grosse Herausforderung.» Gestern Nachmittag hat er den Kampf gewonnen und 135 Eintritte verkauft. «Ein guter Wert für einen heissen Tag», sagt er.

Dass seit Jahren immer weniger Menschen in den Zirkus gehen, führt er auf das veränderte Freizeitverhalten zurück. «Früher haben uns Kinder noch beim Abbau geholfen. Heute sitzen sie lieber zu Hause vor dem Computer.»

«Das Publikum will Tiere sehen»

Man dürfte das Publikum nicht abschrecken mit zu vielen modernen Elementen. «Viele Besucher hängen am Zirkus ihrer Kindheit.» Von einem Tierverbot in der Manege hält er nichts. «Das wäre absolut verheerend! Das Publikum will Tiere sehen.»

Bei all den Herausforderungen hat Martin Stey die Zuversicht nicht verloren. «Auch in 20 Jahren wird es in der Schweiz noch Zirkusse geben», sagt er kämpferisch und lugt hinter dem Vorhang hervor, ob in der Manege auch alles nach seinem Geschmack abläuft.

Das ist der Circus Royal

Der Circus Royal wurde 1963 in Lipperswil TG von Helene Gasser-Stey gegründet. 1999 übernahm Enkel Peter Gasser (61), der seither als Geschäftsführer amtet. Seit 15 Jahren steht Oliver Skreinig (39) als Direktor in der Manege.

Skreinig ist ein grosser Verfechter von Tiernummern im Schweizer Zirkus. Royal ist der letzte Zirkus im Land mit Raubtiernummern. Dieses Jahr fehlen sie im Programm, 2019 sollen wieder Löwen auftreten. Dafür steht Skreinig immer wieder in der Kritik von Tierschützern. Zuletzt 2017, als fünf bengalische Tiger gezeigt wurden.

Der Circus Gasser Olympia, vor zwei Jahren noch mit Raubkatzen unterwegs, tourt 2018 mit Hauskatzen anstatt Tigern.

Royal ist nach dem Knie der zweitgrösste Zirkus der Schweiz, ist zehn Monate pro Jahr auf Tournee und gibt 350 Vorstellungen. Im Schnitt besuchen 450 Zuschauer eine Vorstellung, im Jahr sind das laut Angaben des Zirkus 200 000 Besucher.

Mit dem Circus Royal sind nach eigenen Angaben über 80 Angestellte, darunter Artisten aus aller Welt, und 100 Fahrzeuge auf Tour. (pbe)

Der Circus Royal wurde 1963 in Lipperswil TG von Helene Gasser-Stey gegründet. 1999 übernahm Enkel Peter Gasser (61), der seither als Geschäftsführer amtet. Seit 15 Jahren steht Oliver Skreinig (39) als Direktor in der Manege.

Skreinig ist ein grosser Verfechter von Tiernummern im Schweizer Zirkus. Royal ist der letzte Zirkus im Land mit Raubtiernummern. Dieses Jahr fehlen sie im Programm, 2019 sollen wieder Löwen auftreten. Dafür steht Skreinig immer wieder in der Kritik von Tierschützern. Zuletzt 2017, als fünf bengalische Tiger gezeigt wurden.

Der Circus Gasser Olympia, vor zwei Jahren noch mit Raubkatzen unterwegs, tourt 2018 mit Hauskatzen anstatt Tigern.

Royal ist nach dem Knie der zweitgrösste Zirkus der Schweiz, ist zehn Monate pro Jahr auf Tournee und gibt 350 Vorstellungen. Im Schnitt besuchen 450 Zuschauer eine Vorstellung, im Jahr sind das laut Angaben des Zirkus 200 000 Besucher.

Mit dem Circus Royal sind nach eigenen Angaben über 80 Angestellte, darunter Artisten aus aller Welt, und 100 Fahrzeuge auf Tour. (pbe)

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