Milchbauern in Deutschland, Frankreich, Spanien und Grossbritannien sind in Aufruhr. Sie sperren Autobahnen ab, zünden Mist vor Supermärkten an und demonstrieren vor Verarbeitungsbetrieben.
Der Markt für ihre Produkte ist eingebrochen. Für den Liter Milch gibt es inzwischen weniger als 30 Cent. Doch damit sich die Arbeit lohnt, bräuchten sie mindestens 40 Cent.
Das Hauptproblem: Seit dem 1. April gibt es in der EU keine Kontingentierung mehr. Jeder kann so viel melken, wie er will. Es ist das gleiche System, das die Schweiz 2009 einführte. Mit dem gleichen Resultat: Der Markt wurde überschwemmt.
«Der Bundesrat und das Bundesamt für Landwirtschaft sind mitschuldig an der Situation in Europa», sagt Martin Haab, Präsident der Bauernorganisation Big-M. «Sie waren stets gefragte Referenten in Brüssel und machten die EU glauben, unser System sei vorbildlich. Und in Brüssel sagten sie sich: Wenn das die Schweizer schaffen, klappt das auch bei uns.»
Das Gegenteil ist der Fall. Auch Schweizer Bauern melken längst nicht mehr profitabel. Haab schätzt, dass sich «höchstens fünf Prozent» überhaupt einen mickrigen Stundenlohn auszahlen können.
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) wehrt sich gegen den Vorwurf von Big-M: «Dass die EU die Kontingentierung abgeschafft hat, ist doch nicht unsere Schuld», sagt Sprecher Jürg Jordi. Es stimme zwar, dass die EU das Schweizer System unter die Lupe genommen habe, aber: «Man nimmt sich ein bisschen zu wichtig, wenn man uns jetzt dafür in die Verantwortung nehmen will.»
Fakt ist, dass es in den europäischen Ställen weiter brodelt. Gestern Abend reiste Haab nach Brüssel, wohin das European Milk Board, ein Dachverband der Milcherzeuger, zu einer ausserordentlichen Sitzung aufgerufen hatte. Man will grössere Aktionen planen, um ein EU-weites System der Mengenregulierung durchzusetzen.
Demonstrationen in der Schweiz sind derweil keine zu erwarten. Laut Haab machten die hiesigen Bauern lieber «die Faust im Sack».