Das Problem ist bekannt: Preise, die sich pro Jahr und Patient auf 100'000 Franken und mehr belaufen, seien bei neuen Krebsmedikamenten schon fast die Norm, sagt Martina Weiss, vom Krankenversicherer Helsana gegenüber der «NZZ». Für ein Medikament gegen Leukämie von Kindern verlangt Novartis sogar 370'000 Franken. Begründung: Eine einmalige Anwendung soll genügen.
Zur Frage, ob die effektiven Kosten diese Preise rechtfertigen, gibt sich die Pharmaindustrie naturgemäss verschlossen. Man will sich nicht in die Karten blicken lassen. Die neueste Übernahme von Roche gibt nun allerdings einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Preise mit den Kosten wenig zu tun haben: Spark Therapeutics entwickelt Therapien für genetisch bedingte Krankheiten wie Blindheit, Hämophilie und neurodegenerative Krankheiten. Die Firma wurde 2013 mit einem Kapital von 1,1 Milliarden Dollar gegründet und hat bisher knapp die Hälfe davon «verbrannt» bzw. in Forschung und Entwicklung investiert.
Wie viel lässt für ein Medikament von den Kranken kassieren?
Anders gesagt: In Sparks stecken etwa 500 Millionen Forschung und Entwicklung und rund 600 Millionen Dollar Bargeld und Wertschriften. Roche ist offenbar bereit, für dieses Gesamtpaket 4,3 Milliarden zu bezahlen, wovon rund 3,7 Milliarden auf Investitionen in Forschung und Entwicklung entfallen. So werden aus 0,5 Milliarden schon mal deren 3,7.
Warum zahlt Roche den Besitzern von Spark das Siebenfache dessen, was diese in die Firma reingesteckt haben? Nun, entscheidend ist offenbar nicht, was in ein Medikament hineingesteckt wurde, sondern wie viel man aus den Patienten und Krankenkassen herausholen kann.
Die Macht der Pharma-Lobbyisten
Wenn es um Leben oder Tod, Sehen oder Erblinden geht, kann das sehr viel sein. Das zeigt die Tatsache, dass Spark (bzw. demnächst Roche) das Medikament Luxturna gegen erbliche Erblindung auf dem US-Markt für nicht weniger als 850'000 Dollar pro Patient und Anwendung verkaufen darf. Die Wirkung einer Anwendung soll gemäss der Deutschen Apothekerzeitung drei Jahre anhalten. Das Recht für den Vertrieb in Europa, wo Luxturna ebenfalls schon zugelassen ist, hat sich übrigens Novartis gesichert. Roche wird nun die entsprechenden – üppigen – Lizenzgebühren kassieren.
Das zeigt, dass die Pharmaindustrie zwar auch gute Forscher braucht. Finanziell entscheidend ist aber offenbar in erster Linie die harte Arbeit der Lobbyisten, denn um solche Preise durchzusetzen, braucht es wohl ein gutes Einvernehmen mit den Zulassungsbehörden.