Wirtschaftsexperte Vontobel ordnet ein
Der Immobilienmarkt kennt nicht nur Gewinner

In nur elf Jahren haben sich die Wohnungspreise in Zürich verdoppelt. Schön für die Hausbesitzer. Doch die exorbitanten Immobilienpreise sind längst ein gröberes soziales Problem.
Publiziert: 19.10.2018 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2018 um 07:01 Uhr
Wirtschaftsexperte Werner Vontobel ordnet für BLICK aktuelle Themen der Gesellschaft und Wirtschaft ein.
Foto: Paul Seewer
Werner Vontobel

Wohnen, sagt man, koste immer mehr. Das ist aber nur bedingt richtig. Die reinen Baukosten etwa sind seit 2007 bloss um etwa 5 Prozent gestiegen und dürften heute in Zürich etwa bei 3500 Franken pro Quadratmeter liegen. Auch die Kosten für Unterhalt und Verwaltung sind heute nur wenige Prozent höher als damals.

Was wirklich eingeschenkt hat, sind die Bodenpreise. Dank ihnen liegt der Preis für einen Quadratmeter Eigentumswohnung heute gemäss einer Studie der ETH Zürich und des Vergleichsportals Comparis bei durchschnittlich 13'000 Franken. Davon dürften folglich fast 10'000 Franken auf den Bodenpreis entfallen. Pro 100 Franken Immobilienkosten gehen also 73 letztlich an den Bodenbesitzer.

Gewaltige Zahlen

Das läppert sich. Seit 2007 ist gemäss der Nationalbank der Immobilienbesitz allein der Privathaushalte um rund 700 Milliarden Franken gestiegen. Dazu kommen die Immobilien der Pensionskassen, Versicherungen, Banken etc.

Der Immobilienberater Wuest Partner schätzt den Gesamtwert aller Wohnimmobilien auf gut 3100 Milliarden Franken und die Nettocashrendite (ohne Wertsteigerung) auf 3,6 Prozent. Das ergibt eine jährliche Rendite von rund 100 Milliarden. Dazu kommen weitere rund 100 Milliarden an Wertvermehrung. Macht 200 Milliarden. Zum Vergleich: Das jährliche Arbeitseinkommen liegt bei rund 400 Milliarden.

Von Arm zu Reich, von Jung zu Alt

Einverstanden: Der Vergleich hinkt, weil er nicht berücksichtigt, dass erstens fast 40 Prozent der Schweizer in den eigenen vier Wänden beziehungsweise auf eigenem Grund wohnen. Zweitens werden nicht alle Wohnungen zu Marktpreisen vermietet.

Dennoch ist der Immobilienmarkt eine gewaltige Umverteilungsmaschine, und zwar tendenziell von Arm zu Reich und von Jung zu Alt. Vereinfacht gesagt, zahlen die berufstätigen Mieter die Renten der Alten. Die hohen Mieten sind nicht zuletzt eine Folge des Anlagenotstands der Pensionskassen, die jährlich per Saldo rund 40 Milliarden Franken neu anlegen. Besserung ist nicht in Sicht. In ihrem Bericht kommt die «Neue Zürcher Zeitung» zum Schluss: «Die Prognosen für den Wohneigentumsmarkt bleiben optimistisch.» Fragt sich bloss, wer hier Grund zur Zuversicht hat.

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