Wirtschaftsboss Peter Kurer hält Trump für einen Narren
«Als wäre Thiel Bundesrat»

Der ehemalige UBS-Präsident und heutige VR-Präsident von Sunrise, Peter Kurer, steht dem neuen US-Präsidenten sehr kritisch gegenüber. Dessen Administration vertraut er aber grundsätzlich – auch weil er die Leute persönlich gut kennt.
Publiziert: 26.02.2017 um 21:59 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:09 Uhr
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Peter Kurer (67) war ab 2001 Chefjurist der UBS, 2008 wurde er mitten in der Finanzkrise VR-Präsident der Grossbank und blieb es für ein Jahr. Heute ist er VR-Präsident bei Sunrise und beim Verlag Kein & Aber sowie Partner der Private-Equity-Firma BLR.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER
Interview: Konrad Staehelin

BLICK: Herr Kurer, Donald Trump schockiert die Welt jeden Tag aufs Neue. Ist alles so schlimm, wie es aussieht?
Peter Kurer: Trump ist ein Narr, der uns mit den wahnsinnigsten Twitter-Einträgen unterhält. Er ist fragwürdig, unanständig und gefährlich. Aber man muss ihn durchschauen. Hinter sich und seinem Schabernack hat er eine relativ vernünftige Mannschaft aufgebaut, die pragmatisch und ausgewogen arbeitet, insbesondere in der Finanzpolitik. Traditionelle republikanische Politik eben.

Können Trumps Finanzleute nach Belieben schalten und walten?
Die Trump-Leute können nicht einfach durchmarschieren. Für die Bankenregulierung ist nicht der Präsident verantwortlich, sondern der Kongress. Trump kann da bestenfalls Anstösse geben und vermitteln. Und er kann bei der Umsetzung mitbestimmen.

Obama verbot den Banken die Spekulation auf eigenes Risiko. Donald Trump will dies rückgängig machen. Wann kommt die nächste Finanzkrise?
Das weiss ich nicht. Aber wenn es eine gibt, dann werden Europa oder China sie auslösen und nicht die USA. Die europäischen Volkswirtschaften und ihre Banken stehen auf wackeligen Beinen. Und die Chinesen haben die grösste Immobilienblase aufgebaut, die wir je sahen.

Wie wird Trumps neue Bankenregulierung aussehen?
Er wird die heutigen Einschränkungen beim Eigenhandel der Banken lockern. Noch wichtiger ist es aber, die Regulierung weniger kompliziert zu machen. Aber die Leute hinter Trump werden das vorsichtig anpacken. Sie wissen, dass seine Wähler die Wall Street hassen. Darum darf es jetzt nicht plötzlich wieder Bonanza geben für die Banker.

Wird die Deregulierung auch den Schweizer Banken helfen? 
Alle global tätigen Banken haben ein Interesse an einer vernünftigen Deregulierung. Wenn die Amerikaner ihre Regulierung effizienter gestalten, dann ist das für alle gut.

«Ein richtiger Anwalt, der mit dem Kopf und nicht mit dem Bauch arbeitet», weiss Peter Kurer über Jay Clayton zu berichten. Er ist der neue Chef der Börsenaufsichtsbehörde SEC.
Foto: Sullivan and Cromwell

Wen vom Trump-Team kennen Sie persönlich?
Jay Clayton, den neuen Chef der Börsenaufsichtsbehörde SEC, kenne ich gut. Er war Partner bei der führenden Anwaltsfirma Sullivan & Cromwell, in meiner UBS-Zeit haben wir mit denen gearbeitet. Ein richtiger Anwalt, der mit dem Kopf und nicht mit dem Bauch arbeitet.

Ein Trump-Fan?
Er war kein grosser Trump-Anhänger. Den Job hat er erhalten, weil er von Trumps Leuten beauftragt wurde, Vorschläge für Veränderungen zu machen. Damit hat er offenbar überzeugt. Wir treffen uns jeweils zum Zmittag, wenn er in der Schweiz ist.

Kennen Sie sonst noch jemanden?
Gary Cohn, er ist jetzt Trumps wichtigster Wirtschaftsberater. Er war vorher die Nummer zwei bei Goldman Sachs. Ihn habe ich bei Bankentreffs kennengelernt. Der ist vom Profil her anders, ein aggressiver Händler. Aber auch er ist pragmatisch. Er ist für die Globalisierung, ganz im Gegensatz zu Herrn Trump. Darum wird er ihm sicher sagen, er könne seine provinzielle Politik nicht einfach so durchziehen.

«Ein aggressiver Händler. Aber auch er ist pragmatisch.» Das sagt Peter Kurer über Gary Cohn, Trumps wichtigsten Wirtschaftsberater.
Foto: imago stock&people

Trump ist seine «America first»-Politik enorm wichtig. Ist es nicht naiv, sich auf die Überzeugungskraft seiner Berater zu verlassen?
Die  USA sind immer noch eine Demokratie und ein Rechtsstaat, es gibt freie Medien, funktionierende Gerichte, ein starkes Parlament und Regierungsmitglieder mit eigenen Meinungen. Trump kann nicht einfach eigenmächtig regieren wie ein Putin oder Erdogan. Das System wird ihm die Knöpfe eintun, wir sehen das ja schon jeden Tag.

Trump schart Wall-Street-Leute um sich, obwohl er im Wahlkampf noch regelmässig gegen die Banken geschossen hat. Seine Wähler müssen sich verschaukelt vorkommen. 
Ja, das ist so. Umgekehrt weiss er als Immobilienhai, dass ohne die Banken in der Wirtschaft nichts läuft. Er will ja die Wirtschaft weiter ankurbeln. Und gerade deshalb hat er im Finanzbereich mit Clayton, Cohn und Finanzminister Mnuchin ein Team zusammengestellt, das nicht aus Hasardeuren, sondern Leuten mit Verstand und Augenmass besteht. 

Wie wird sich Trump abseits der Finanzpolitik als Präsident machen?
Was er innenpolitisch anstellt, kann ein nächster Präsident wieder reparieren. Viel gefährlicher ist sein Einfluss auf die Weltordnung. Wenn Amerika sich zurückzieht, haben wir plötzlich eine Welt ohne ordnende Macht. Diese Entwicklung hat bereits unter Präsident Obama begonnen und ist verhängnisvoll. Dann kann zum Beispiel Putin seine Pranke auf Teile Europas legen. Zum Glück hat Vizepräsident Mike Pence an der Münchner Sicherheitskonferenz der Nato die amerikanische Treue versichert.

Auch hier bügeln andere Trumps Schnitzer aus.
Das ist wie in der Finanzpolitik: Mit etwas Glück haben wir am Schluss eine einigermassen funktionierende Administration, an deren Spitze ein digitaler Frühstücksdirektor steht. Das ist, als würde Andreas Thiel in den Schweizer Bundesrat gewählt, und unten schauen die Bürokraten, dass alles nicht so schlimm wird.

Gehen Sie selber noch in die USA?
Ich habe heute keine Bedenken mehr, dahin zu gehen. Als wir mit den USA im Clinch waren, habe ich sie wie viele andere Banker gemieden, um ihnen kein Druckmittel in die Hand zu geben.

UBS-Schreck im Trump-Kabinett

Donald Trump (70) hat mit Alexander Acosta (48) einen UBS-Schreck als Arbeitsminister nominiert. Hintergrund: 2009 war Acosta Staatsanwalt für das südliche Florida.

Während des Steuerstreits brachte er damals die UBS dazu, in einem Deal 780 Millionen Dollar Strafe zu zahlen.

Ausserdem führte er auch die Anklage gegen den damaligen UBS-Topmanager Raoul Weil (57), die 2014 in einem Freispruch endete. Zu BLICK sagte Weil, er habe nie direkt mit Acosta Kontakt gehabt. Auch Peter Kurer hat Acosta nie getroffen.

Alexander Acosta (48) ist der neue US-Arbeitsminister. Er brachte die UBS zu einer Zahlung von 780 Millionen Dollar und klagte deren Top-manager Raoul Weil an.
AFP PHOTO / ROBERT SULLIVAN

Donald Trump (70) hat mit Alexander Acosta (48) einen UBS-Schreck als Arbeitsminister nominiert. Hintergrund: 2009 war Acosta Staatsanwalt für das südliche Florida.

Während des Steuerstreits brachte er damals die UBS dazu, in einem Deal 780 Millionen Dollar Strafe zu zahlen.

Ausserdem führte er auch die Anklage gegen den damaligen UBS-Topmanager Raoul Weil (57), die 2014 in einem Freispruch endete. Zu BLICK sagte Weil, er habe nie direkt mit Acosta Kontakt gehabt. Auch Peter Kurer hat Acosta nie getroffen.

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