Wer hätte das gedacht: Der starke Franken fordert seine Opfer auch bei Schweizer Güselsack-Produzenten! Petroplast-Vinora, die letzte grosse Kehrrichtsack-Bude des Landes, stösst ihr Recycling-Geschäft ab. Ab Sommer werden die Müllsäcke ennet der Grenze gefertigt und in die Schweiz importiert. Ab dann ist Schluss mit Müllsäcken made in Switzerland.
Mitte Februar gab die auf Kunststofffolien spezialisierte Firma bekannt, dass sie die Produktion verkaufen will: nach Deutschland, an den Konkurrenten Papier-Mettler. Als Grund führte das Unternehmen aus dem Kanton St. Gallen den starken Franken und den Preiszerfall beim Rohöl an.
Die ausländische Konkurrenz hat Petroplast-Vinora das Wasser abgegraben. Die Folge: Das Werk in Andwil SG wird per Juni 2016 dichtgemacht, der Hauptsitz in Jona SG massiv verkleinert. Auf einen Schlag verlieren rund 100 Personen ihren Arbeitsplatz. Anders ausgedrückt: Etwa ein Drittel der Belegschaft von Petroplast-Vinora erhält den blauen Brief!
Der Lack ist allerdings schon länger ab: Strategische Fehlentscheide und Missmanagement brachten das Unternehmen zusehends in Nöte. Der letzte CEO Hans-Peter Diener hielt keine zwölf Monate auf der Kommandobrücke durch. Insider berichten, dass die Firma zuletzt Schulden in der Höhe von 20 bis 30 Millionen Franken angehäuft hätte.
Besonders bitter: Die Güselsack-Herstellerin hatte noch vor wenigen Monaten eine Auffanggesellschaft gegründet, um Stellen der in Konkurs gegangenen Konkurrentin Folag zu retten. Nun wirft sie selbst das Handtuch.
Petroplast-Vinora ist mit der Herstellung von Kunststofffolien aller Art gross geworden. Seit über 60 Jahren entstanden in Jona und Andwil hochwertige Produkte aus Polyethylen. Das richtig dicke Geschäft machte man mit Kehrichtsäcken. Die bekannte Sackrolle Quickbag zum Beispiel ist fast in jedem Laden zu finden. Das lukrative Geschäft mit gebührenpflichtigen Abfallsäcken kommt hinzu: Rund 75 Prozent der Gemeinden und Städte decken ihren Bedarf an Gebührensäcken bei Petroplast-Vinora, so auch die Stadt Zürich.
Der Deal mit dem deutschen Multi führt deshalb nicht nur zu einem Kahlschlag von Arbeitsplätzen. In Zukunft dürften die Gemeinden ihre Kehrrichtgebühren bei der deutschen Firma Papier-Mettler einfordern. Heute überweisen Schweizer Hersteller und Lieferanten diese Gelder direkt.
Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die deutsche Konkurrenz eine dominante Marktstellung einnehmen wird. «Davon sind auch wir direkt betroffen», sagt Michael Alarcon (45) von FO-Security aus Egg ZH. Für die Nummer zwei im Schweizer Kehrichtsack-Geschäft ist klar: «Papier-Mettler baut ihre Monopolstellung aus.»
Das würde den Deutschen erlauben, die Preise nach Gusto zu gestalten. Denn auch FO-Security bezieht seine Gebührensäcke aus einer der über 140 Fabriken von Papier-Mettler.
«Jetzt werden wir uns nach einem anderen Anbieter umschauen», sagt Alarcon. Ein Schweizer Fabrikant ist leider nicht darunter.