Da kommt Goldlöckchen das Augenwasser: Der SMI, der Leitindex der Schweizer Börse, klettert kurz vor dem Mittagessen auf ein neues Allzeithoch, überbietet mit 9628.80 Punkten den bisherigen Rekord vom 24. Januar 2018 um mehr als 12 Punkte.
Der Hauptgrund: Seit heute ist die Augenheilmittel-Sparte von Novartis als eigenständige Firma an der Börse und das jüngste Mitglied der SMI-Familie. Das neue Börsen-Schwergewicht legt einen fulminanten Start hin, liegt deutlich im Plus, treibt den SMI nach oben. Da fällt es nicht ins Gewicht, dass die ehemalige Mutter Novartis, um knapp 10 Prozent an Wert verliert. Denn der Titel ist ohne Alcon entsprechend weniger wert.
Es droht keine Überhitzung
Nicht jeder Börsenstart endet zwingend in einem Allzeithoch. Da kommt nun Goldlöckchen ins Spiel: «Goldilocks»- oder eben «Goldlöckchen»-Szenario nennen die Börsianer die beste aller Welten. Die Wirtschaft läuft mit angezogener Handbremse, das heisst nicht zu schnell, so dass eine Überhitzung droht. Aber auch nicht so langsam, dass Rezessionsängste sich breit machen könnten. Und da keine Überhitzung droht, müssen die Zinsen nicht angehoben werden. Denn Zinserhöhungen sind Gift für den Aktienmarkt.
Dieses Szenario ist momentan global wie auch in der Schweizer Wirtschaft zu beobachten: Die Wachstums-Prognosen werden rund um den Globus etwas zurückgenommen, doch eine Wirtschaftskrise steht aktuell nicht vor der Türe. Einen harten Brexit vielleicht mal ausgenommen, aber das ignorieren die Börsianer derzeit. Denn erst am Mittwoch stehen in Brüssel die entscheidenden Verhandlungen über eine erneute Verlängerung an.
Die Börsenparty könnte andauern
Zudem haben die wichtigsten Notenbanken signalisiert, eine Zinserhöhung stehe weder in den USA noch in Europa im Moment auf der Agenda – und damit sind auch der Schweizerischen Nationalbank bis auf weiteres die Hände gebunden. Niemand wird so schnell an der Zinsschraube drehen.
«Das Goldlöckchen-Szenario kann durchaus noch eine Weile weitergehen. Die Notenbanken machen weiterhin alles, um die Wirtschaft zu stützen», sagt der unabhängige Vermögensverwalter Adriano Lucatelli (51). Auch Rolf Biland (57), Anlagechef des VZ Vermögenszentrums, ist optimistisch für die Börse: «Grundsätzlich stehen die Chancen nicht schlecht, dass 2019 ein gutes Aktienjahr werden könnte.»
Was heisst das nun für Anleger? «Wer jetzt bereits Aktien besitzt, der sollte im Markt drin bleiben», rät Lucatelli. Ob jetzt der richtige Punkt sei einzusteigen, das müsse jeder selbst entscheiden. Auf alle Fälle lohne es sich, einen Einstieg zu prüfen, erklärt Lucatelli.
Doch mit dem Einstieg ist es so eine Sache, weiss Biland: «Den perfekten Zeitpunkt für einen Einstieg gibt es nicht. Meistens ist man im Nachhinein schlauer.»
Vom Allzeithoch hat sich der SMI am Nachmittag bereits wieder ein Stück entfernt. Doch ein leichtes Plus liegt immer noch drin. Die Alcon-Aktie könnte den Markt auch in Zukunft stützen. Denn dank der nun selbstständigen Augenheilmittel-Sparte von Novartis bekommen die Pharma-Titel wieder etwas mehr Gewicht im SMI.