Lässt ihn der Haftrichter heute frei?
Vincenz schon 3 Tage im Knast!

Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz sitzt seit drei Tagen im Knast. Geschäftspartner werfen ihm vor, er habe sie bei drei Firmenübernahmen abgezockt. Doch Vincenz könnte bei weiteren Deals Kasse gemacht haben.
Publiziert: 01.03.2018 um 23:32 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2022 um 09:33 Uhr
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Der Hausherr ist derzeit in U-Haft: Haus von Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz im Appenzellerland.
Foto: Marco Latzer
Guido Schätti, Patrik Berger

Seine Villa im Appenzellerland ist gross wie ein Schulhaus. Nun logiert Pierin Vincenz (61) seit Dienstag im Zürcher Polizeigefängnis. Tagsüber löchern ihn Staatsanwälte, die Nächte schlägt er sich auf der Pritsche in einer Einzelzelle um die Ohren. Nur eine dünne Wand trennt den Banker von Drogendealern und anderen Gewaltverbrechern, die derzeit auf dem Kasernenareal logieren.

Die Staatsanwaltschaft möchte Vincenz gerne länger behalten. Sie stellte Antrag auf Untersuchungshaft, heute entscheidet der Haftrichter. Für den Ex-Raiffeisen-Chef gilt die Unschuldsvermutung. Doch die Strafverfolger scheinen überzeugt zu sein, dass an den Vorwürfen etwas dran ist.

Ins Rollen gebracht hat die Untersuchung die Kreditkartenfirma Aduno. Am 21. Dezember erstattete sie Strafanzeige gegen ihren langjährigen Präsidenten Vincenz. Zusammen mit dem ehemaligen Aduno-Chef Beat Stocker (58) habe der Raiffeisen-Boss den übrigen Verwaltungsrat jahrelang getäuscht, so der Vorwurf.

Gemäss Anzeige haben sich Vincenz und Stocker bei mindestens zwei Aduno-Deals bereichert. 2007 schluckte Aduno die Funktechnologie-Firma Commtrain, sieben Jahre später die Kautionsfirma Eurokaution. Vincenz und Stocker hatten vor der Übernahme klammheimlich Anteile der Firmen gekauft. Beim Deal sollen sie diese vergoldet haben, denn Aduno zahlte weit mehr, als sie gezahlt hatten.

Über die genauen Summen lässt sich nur spekulieren. Ein Insider spricht gegenüber BLICK von «substanziellen Beträgen». Das heisst: Die mutmassliche Deliktsumme geht in den Millionenbereich.

Vincenz habe den Verwaltungsräten verschwiegen, dass er gleichzeitig der Verkäufer war, so der Insider. Er legte zwar drei Gutachten vor, die beweisen sollten, dass die Firmen fair bewertet wurden. Nicht mal den Gutachtern schenkte er aber reinen Wein ein. Schmuckes Detail: Die Rechnung für die Expertisen leitete Vincenz an Raiffeisen weiter, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete.

Als Vincenz im letzten Sommer bei Aduno den Hut nahm, ahnte man dort nichts Schlimmes. Erst als die Finanzmarktaufsicht (Finma) im Herbst Vincenz ins Visier nahm, reagierte man mit einer internen Untersuchung. Diese förderte Vincenz' und Stockers Doppelrolle zutage. «Der Verwaltungsrat fiel aus allen Wolken», so der Insider. Nun geht der Verdacht um, das Duo könnte bei weiteren Aduno-Deals die hohle Hand gemacht haben. Interne Untersuchungen laufen.

Derselbe Verdacht stellt sich bei Raiffeisen – allerdings in weit grösserem Umfang. Die Justiz untersucht, ob Vincenz bei Deals der Raiffeisen-Tochter Investnet privat kassierte. Er ist mit 15 Prozent am Investment-Vehikel beteiligt. Womöglich hat er beim Verkauf der Firma an Raiffeisen mitverdient. Vincenz' Anwalt Beat B.* (54) und zwei Investment-Manager stehen unter demselben Verdacht.

Doch die Frage stellt sich: Hat Vincenz bei weiteren Raiffeisen-Deals kassiert? Für Investnet dürfte Raiffeisen maximal 100 Millionen Franken bezahlt haben. Für die Privatbank Wegelin legte die Genossenschaft 2012 aber 550 Millionen Franken auf den Tisch. Das ist enorm viel Geld für eine Bank, die wegen einer Betrugsklage in den USA klinisch tot war. Die Besitzer um Wegelin-Chef und Vincenz-Freund Konrad Hummler (64) machten einen guten Schnitt. Die Strafverfolger dürfte nun interessieren, wer sonst noch vom Geldfluss an Wegelin profitierte.

Dasselbe gilt für weitere Deals. Mit viel Geld, aber überschaubarem Erfolg versuchte Raiffeisen unter Vincenz, in der Vermögensverwaltung für Profi-Anleger Fuss zu fassen. Die Bank kaufte ein ganzes Netz von Finanzdienstleistern auf. Ziel war, den Zürcher Partner und Konkurrenten Vontobel dermassen unter Druck zu setzen, dass dieser kapituliert und sich von Raiffeisen kaufen lässt.

Vincenz' Plan scheiterte grandios. Aber auch hier könnten die Ermittler bei der Untersuchung der Geldflüsse auf Ergebnisse stossen, die für ihn und seine Getreuen wenig schmeichelhaft sind.

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