Ferner sprachen sich die 164 Mitgliedstaaten der WTO dafür aus, nach zehn Jahren schleppender Verhandlungen über multilaterale Verträge Reformen an die Hand zu nehmen. Der kasachische Politiker Timur Sulemeinov, der die Konferenz leitete, lobte die Teilnehmerstaaten dafür, dass sie Verantwortung übernommen hätten.
Die Generaldirektorin der WTO, Ngozi Okonjo-Iweala, sprach von den grössten Fortschritten aller Zeiten. Es gebe sie in fast allen Bereichen. «Sie reisen nicht mit leeren Händen nach Hause», sagte die WTO-Chefin. «Die WTO hat demonstriert, dass sie in der Lage ist, auf die Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren.»
In der Abschlusssitzung brandete um kurz vor 05.00 Uhr langer Applaus auf, als klar war, dass kein einziges Mitgliedsland Einsprüche erheben würde. Es kam gar Feierstimmung auf. Die Minister und Beamte stimmten spontan ein nachträgliches Geburtstagsständchen für Okonjo-Iweala und einen weiteren Minister an. Sie war an ihrem Ehrentag, am Montag, nach eigenen Angaben nicht in Feierlaune gewesen, weil sie ein Scheitern der Konferenz fürchtete.
Die Länder einigten sich auf ein beschränktes Aussetzen von Covid-Patenten, um die Produktion von Impfstoffen in mehr Ländern zu ermöglichen. Sie verabschiedeten ein Fischerei-Abkommen, das schädliche Subventionen für illegale und unregulierte Fischerei verbietet.
Die WTO-Mitgliedstaaten versprachen ferner, sich für mehr Nahrungsmittelsicherheit einzusetzen und verlängerten eine Vereinbarung, vorerst keine Zölle im internationalen Handel zu erheben. Die geplante Vereinbarung über neue Agrarverhandlungen kam dagegen nicht zustande.
Die Minister einigten sich auch darauf, die WTO-Reformen mit einem Arbeitsprogramm auf die Schiene zu bringen. Der teils brach liegende Streitschlichtungsmechanismus soll in zwei Jahren wieder funktionieren. Sie verlängerten eine Vereinbarung, vorerst keine Zölle im internationalen digitalen Handel zu erheben.
Ferner stimmten sie zu, dass Einkäufe des Welternährungsprogramms, das Hungernden in aller Welt mit Nahrungsmitteln hilft, nicht durch Ausfuhreinschränkungen behindert werden sollen. Allerdings liessen sie gleichzeitig das Türchen offen, genau dies zu tun, wenn es dazu dient, die eigene Bevölkerung adäquat zu versorgen.
Vertreter der Zivilgesellschaft stimmten nicht in den Applaus ein. «Es ist beschämend, dass die WTO-Mitglieder dem Versuch, eine strauchelnde Institution und obszöne Unternehmensgewinne zu retten, Vorrang gaben vor der Rettung von Menschenleben», meinte Melinda St. Louis von der Organisation Public Citizen. Besonders die EU habe eine von zahlreichen Ländern geforderte Aufhebung von Patentrechten blockiert. Die getroffene Vereinbarung reiche nicht.
(SDA)