Für Rudolf Elmer (60) ist es ein grosser Tag: Nach sieben Jahren Prozess-Hickhack erfährt der weltweit bekannt gewordene Whistleblower und Ex-Kadermann der Bank Julius Bär, ob er wegen Verletzung des Bankgeheimnisses definitiv dran kommt.
Einiges deutet darauf hin, dass der frühere Banker im Berufungsprozess vor dem Zürcher Obergericht mit einem Freispruch rechnen kann.
Elmer war von 1987 bis 2002 für die Bank Julius Bär tätig. Ab 1995 auf den Cayman-Inseln, zuletzt als Geschäftsführer. Weil er sich dort einem Test mit dem Lügendetektor verweigerte, feuerte ihn die Bank. Zwei Jahre nach dessen Entlassung spielte Elmer dem Zürcher Steueramt und der damaligen Wirtschaftswochenzeitung «Cash» vertrauliche Bankkunden zu. 2011 übergab Elmer in London Wikileaks-Gründer Julian Assange (45) zwei Daten-CD’s.
Für die Staatsanwaltschaft war klar: Damit hatte sich Elmer mehrfach der Verletzung des Bankgeheimnisses schuldig gemacht. 2005 wurde er verhaftet und wanderte für 188 Tage hinter schwedische Gardinen.
Zweimal wurde Elmer verurteilt. Dagegen aber wehrte sich Elmer stets: Weil er seit 1994 einen lokalen Arbeitsvertrag hatte, könne er auch nicht wegen Verletzung des Bankgeheimnisses nach Schweizer Recht verurteilt werden, argumentierte seine Verteidigung.
Anfangs Monat machte die «Sonntags-Zeitung» Brisantes publik: Der damals zuständige Staatsanwalt Peter Giger soll von diesem lokalen Arbeitsvertrag gewusst haben. Doch damit nicht genug: Giger erwähnte dies in seiner Anklage nicht. Offenbar unterliess er es auch, diesen den Prozessakten beizulegen.
Es kommt aber noch besser: Eine von Elmer eingereichte Klage gegen die Bank Julius Bär wurde abgeschmettert – von ein und demselben Staatsanwalt, der die für Elmer entlastenden Dokumente zurückgehalten hatte.
Im Vorfeld der Urteilsverkündung hatten internationale Zeitungen Interviewanfragen an den Whistleblower gerichtet. Mitte August erschien der der von SRF produzierte Dokumentarfilm «Offshore» über Elmer und das Bankgeheimnis.
Erringt Elmer einen Freispruch, wird’s für die Steuerzahler so richtig teuer: Der frühere Banker fordert laut dem Bericht der «Sonntags-Zeitung» vom Staat 3,2 Millionen Franken Erwerbsentschädigung. Wird Elmer verurteilt, bleibt ihm noch der Weg vor Bundesgericht.