Whatsapp-Blockade in Brasilien
Schweizer Behörden setzen auf Staatstrojaner

Ein Gericht in Brasilien hat für den Nachrichtendienst Whatsapp eine Blockade angeordnet, weil dieser nicht mit Strafverfolgern kooperiert habe – in der Schweiz unmöglich. Hiesige Behörden würden lieber einen Staatstrojaner verwenden, um den Dienst zu überwachen.
Publiziert: 20.12.2015 um 06:34 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 17:16 Uhr
Onur Ogul

Die App hat die SMS längst abgelöst. Whatsapp verwendet heute praktisch jeder Smartphone-Nutzer. Umso grauenvoller die Vorstellung, dass ein Gericht in Brasilien den Nachrichtendienst für 48 Stunden blockieren wollte.

Hintergrund ist ein Strafverfahren, in dem Whatsapp nicht mit den Behörden kooperiert habe. Ein weiteres Gericht hat die Blockade mittlerweile wieder aufgehoben. Wäre ein solcher Fall auch in der Schweiz möglich?

«Die Massnahme wäre unverhältnismässig»

BLICK fragt beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) nach. Dort heisst es, dass eine Blockade wie in Brasilien gar nicht erst in Erwägung gezogen würde. «Einen ganzen Dienst zu sperren, wäre unverhältnismässig», sagt Sprecherin Myriam Stucki.

Die Strafprozessordnung sieht zwar sogenannte «Zwangsmassnahmen» vor, welche die Behörden anwenden können, um bei einem hinreichenden Tatverdacht Beweismaterial zu sichern. «Die Zahl der betroffenen unschuldigen Nutzerinnen und Nutzer wäre in einem Fall wie dem von Whatsapp zu gross und eine solche Massnahme daher unverhältnismässig», so Stucki.

Cybercrime-Konvention

Doch wie gehen Schweizer Staatsanwaltschaften in Fällen vor, in denen sie Informationen von Social-Media-Plattformen erhalten wollen?

Sandra Schweingruber kennt sich mit solchen Fällen aus. Sie arbeitet als Staatsanwältin im «Kompetenzzentrum Cybercrime» des Kantons Zürich.

Dank der internationalen Cybercrime-Konvention, die vor allem zwischen EU-Ländern, der Schweiz und den USA abgeschlossen wurde, hätten die Strafverfolger die Möglichkeit, Daten direkt bei den Betreibern der Dienste anzufragen.

Provider geben selten Daten raus

Doch auf diesem Weg erhält Schweingruber nur sehr selten die gewünschten Daten. «Das liegt daran, dass die Betreiber der Plattformen aufgrund ihrer innerstaatlichen Datenschutzregeln rechtliche Schritte gegen sich befürchten, wenn sie Daten herausgeben.»

Die meisten Social-Media-Plattformen haben ihren Sitz in Amerika, wo sehr strikte Gesetze gelten. Deshalb bleibt der Staatsanwältin oft nur die Möglichkeit eines Rechtshilfegesuches. Da stellt die Schweiz den USA den Antrag, in einem Rechtsfall zu kooperiern.

Staatstrojaner wären die Lösung

Nur dauere der Prozess oft länger als ein halbes Jahr, so Schweingruber. «Die Provider in der Schweiz bewahren die Daten in Anbetracht der geltenden Rechtslage aber nur sechs Monate auf. Daher gelingt es uns oftmals nicht, rechtzeitig an die gesuchten Daten zu kommen.»

Ein weiteres Problem sei, dass gerade die Dienste Whatsapp und Skype die Daten regelmässig vom Anfang- bis zum Endgerät verschlüsselt übertragen, sagt Schweingruber. Da würde selbst eine Anfrage direkt beim Betreiber nichts nützen.

«Deshalb brauchen wir die Government Software, in den Medien als Staatstrojaner bekannt. Nur so können wir Kommunikation überwachen, wenn ein verschlüsselter Dienst wie Whatsapp oder Skype verwendet wird.»

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