Wer Turnschuhe mit rotem Fähnchen will, muss ins Ausland
Das Kreuz mit der Swissness

Manche Schweizer Produkte sind im Ausland schweizerischer als bei uns. Deshalb holen sich Einkaufstouristen das Schweizerkreuz ennet der Grenze. Kritiker sprechen von Täuschung.
Publiziert: 16.10.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:36 Uhr
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Im Ausland – hier bei Marc Dülsen von City Sport Freiburg (D) – prangt auf On-Schuhen ein rotes Fähnchen, in der Schweiz ein schwarzes.
Foto: Stefan Bohrer
Vinzenz Greiner

Geht ein Schweizer fürs Schweizerkreuz über die Grenze... Nein, das ist nicht der Anfang eines schlechten Witzes. Es gibt tatsächlich Schweizer Produkte wie die Schuhe der Marke «on», die im Ausland schweizerischer sind als bei uns.

Auf On-Schuhen in Geschäften ennet der Grenze prangt neben dem Aufdruck «Swiss Engineering» ein rotes Fähnchen mit weissem Kreuz. Bei uns dagegen kann man nur On-Modelle kaufen, die ein schwarzes Fähnchen tragen – oder gar keins.
Die Folge: viele Schweizer kaufen die Laufschuhe in Deutschland. «Kunden aus der Schweiz suchen gezielt On-Schuhe mit rotem Fähnchen», sagt Marc Dülsen (32) vom Laufladen City Sport im deutschen Freiburg.

«Swissness»-Regeln verbieten Schweizerkreuz auf Schweizer Produkten

Grund für diese «Fahnenflucht» sind die «Swissness»-Regeln. Sie verbieten, das Schweizerkreuz in der Schweiz auf Produkten anzubringen. Laut Felix Addor (53), Stellvertretender Direktor des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE), ist auch das schwarz-weisse Fähnchen auf Schweizer On-Schuhen nicht erlaubt. Es sei nichts anderes «als die Wiedergabe des farbigen Schweizerkreuzes mittels Schwarzweiss-Kopiermaschine».

Ein On-Schuh, der auf dem Schweizer Markt verkauft wird. Er hat ein schwarz-weisses Fähnchen.
Foto: Produktbild On

Allerdings: Niemand geht gegen Schweizerkreuze vor, die widerrechtlich auf Produkten prangen. Der Aufwand wäre zu gross. Und ab 1. Januar des kommenden Jahres gelten ohnehin neue Regeln. Und die besagen: Das Schweizer Kreuz darf ab 2017 nur dann auf einem Produkt angebracht sein, wenn der Hauptfabrikationsschritt in der Schweiz stattfindet und mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten hierzulande anfallen. Schuhe von On werden zwar bei uns entwickelt, weshalb auch «Swiss Engineering» auf den Schuhen steht. Die Produktionshallen aber stehen in Vietnam.

«Der Konsument wird getäuscht»

Der parteilose Ständerat Thomas Minder (55), der seit Jahren den Schutz der Marke «Schweiz» vorantreibt, findet daher, «Swiss Engineering» und «Made in Vietnam» müssten auf den Schuhen gleichberechtigt nebeneinander stehen. «Nur so würden den Konsumenten die wahren Verhältnisse klargemacht.»

Für den Schaffhauser Ständerat ist klar, dass das rote Fähnchen auf den On-Schuhen in die Irre führt: «Der Konsument wird hier sehr wohl getäuscht», sagt Minder. Auch Käufer in Deutschland oder Österreich sollten darauf vertrauen können, dass die Herkunftsangabe Schweiz zutreffe.

Klage in Deutschland wegen unlauteren Wettbewerbs möglich

Rechtlich läuft On allerdings in einer sicheren Zone. Denn im Ausland gibt’s keine Swissness-Gesetze. Allenfalls könnte ein Konkurrent von On vor einem deutschen Gericht wegen unlauteren Wettbewerbs klagen, so Felix Addor vom IGE.

Auf Anfrage erklärt On-Sprecherin Vesna Stimac lapidar, die verschiedenen Fähnchen-Farben seien «auf die unterschiedlichen lokalen Gesetzgebungen zurückzuführen, auf welche On Rücksicht nimmt». Das schwarze Fähnchen nähe man bereits nicht mehr auf die Schweizer Modelle.

Was mit den roten Auslandsfähnchen ab 2017 passiert, ist unklar. Ein Kaufargument bleibt dort der Preis: Die Schuhe sind um fast ein Viertel günstiger.

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