Wenn Homeschooling-Aufgaben die Familie nerven
«Lass dich von deinen Eltern in die Waschmaschine einführen!»

Lehrer erteilen während Corona auch praktische Aufgaben. Doch was die Primarschüler erhalten, bringt manchmal ganze Familien an den Rand des Wahnsinns.
Publiziert: 28.04.2020 um 23:15 Uhr
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«Am Anfang war E-Schooling neu, etwas Aufregendes. Man kann vom Bett aus Schule haben. Inzwischen überhäufen einen die Lehrer aber zum Teil mit Aufgaben und Tests. Weil mir der Austausch mit meinen Schulkameraden fehlt, habe ich mit einigen von ihnen während des Fernunterrichts am Computer manchmal einen Parallel-Chat auf dem Handy, wo wir schwatzen und auch zusammen Aufgaben lösen.» Bianca Felder (15), 2. Klasse, Kurzzeitgymnasium Musegg, Luzern, Tochter von BLICK-Ausland-Redaktor Guido Felder
Foto: Carlo Felder
Claudia Gnehm

Die Lehrer wollen während der Pandemie ihren Zöglingen aus der Ferne nicht nur Kompetenzen in Mathe und Sprache vermitteln. Statt nur am Computer zu lernen, sollen die Schüler auch Fähigkeiten im Haushalt entwickeln. So weit, so gut.

«Lass dich von deinen Eltern in die Waschmaschine einführen, damit du selber Kleider waschen lernst», lautet die Hausaufgabe von Manuel (11). Als er seinen Eltern in der ersten Pandemie-Schulwoche von Hausaufgaben mit der Waschmaschine erzählte, nahmen sie das nicht ganz ernst. Am Dienstag der zweiten Woche nach der Besprechung mit der Lehrerin fordert er von den Eltern mit Nachdruck: «Die Frau Förster hat gesagt, ihr müsst mir zeigen, wie die Waschmaschine funktioniert.»

Abendliche Spielpflicht für die ganze Familie

Woche drei. Der Junge ist vor dem Wochentelefon mit der Lehrerin gestresst – wegen der Waschmaschine, die er immer noch nicht beherrscht. «Gut», meint die Mutter und präsentiert eine Entschuldigung: «Sag ihr, dass wir die Waschmaschine mit vielen anderen Bewohnern teilen und nicht wollen, dass du unnötig etwas anfasst, das andere mit Coronaviren auch berührt haben könnten.» Ergebnis: Die Lehrerin rückt von der Waschmaschinenaufgabe ab.

Doch Manuel hat einen weiteren Auftrag gefasst: «Organisiere einen Spieleabend mit deiner Familie und berichte darüber.» Lernziel dahinter: Organisationskompetenz fördern. Auch nicht ganz einfach: Der Vater kommt nach 20 Uhr von der Arbeit zurück und ein Spieleabend ist das Letzte, was er noch braucht.

«Sag der Lehrerin, du hättest mit uns ‹Eile mit Weile› gespielt und gewonnen», schlägt die Mutter vor. Der Junge ist verzweifelt: «Ich kann nicht gut lügen.» Ergebnis: Die Eltern nehmen wohl oder übel die Schachtel mit den Gesellschaftsspielen hervor.

Nähen ohne Nadel, kochen ohne Zutaten

Daniela, die jüngere Schwester (10) von Manuel, hat eine andere praktische Aufgabe gepachtet. Sie schreibt dazu im Schultagebuch: «Gerade habe ich den Auftrag von Frau Güdel gemacht, einen Jonglierball. Er ist grün, hellblau, dunkelblau. Da ich keine Wollnadel gefunden habe, habe ich den Jonglierball mit Heissleim zusammengeklebt.»

Kindergärtler Milo (6) fehlt keine Nadel, aber die Zutaten für einen Spezial-Osterzopf, den er gemäss seiner Lehrerin backen soll. Natürlich will ihm sein Vater helfen. Er stellt sich in die Schlange vor der kleinen Migros-Filiale um die Ecke. Dort gibt es die Zutaten nicht. Alles zu finden, kostet ihn mehr Zeit, als mit dem Sohn dann den Zopf zu backen. Fazit der Praxis-Übungen: Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint.

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