Hier unten auf der Erde tobt der Krieg, oben im All droht der Krieg. «Es ist schockierend, was in der Ukraine geschieht», sagen die US-Astronautinnen Kathryn Sullivan (70) und Ellen Ochoa (63). Die Amerikanerinnen sind Pionierinnen und Vorbilder. Sie gehören zu den ersten Frauen, die es ins Weltall geschafft haben. Blick hat sie in Lausanne VD zum Doppelinterview getroffen.
Wären Sie jetzt lieber im Weltall oder hier auf der Erde?
Kathryn Sullivan: In Zeiten wie diesen wäre ich manchmal wirklich lieber im All. Es war eine ganz besondere Art von Frieden im Raumschiff. In ruhigen Momenten klebte ich am Fenster und beobachtete unseren Planeten, der vorbeizog. Das war magisch! Aber eine solche Spaceshuttle-Mission ist auch ganz schön stressig.
Ellen Ochoa: Ganz schön stressig ist eine Untertreibung, Kathryn (lacht). Man hat auf einer solchen Mission maximal zehn Tage Zeit und versucht natürlich so viel zu erledigen, wie es nur geht. Da steht man leider fast nie am Fenster. Aber bei einer Mission hatte ich Glück.
Kathryn Sullivan: Ich weiss, welche! Da bin ich heute noch neidisch auf dich.
Ellen Ochoa: Wir durften die Erdatmosphäre untersuchen. Dafür mussten wir alle 45 Minuten auf das Flugdeck rauf, um die Sonnenauf- und untergänge zu filmen. Ich durfte also am Fenster stehen und nach draussen schauen.
Gleichzeitig toben unten auf der Erde immer wieder Kriege. Jetzt gerade der Ukraine-Konflikt.
Kathryn Sullivan: Es ist nicht so, dass man bei einer Mission völlig den Überblick über das verliert, was auf der Erde gerade passiert. Ich habe auch schon Kriegsgebiete überflogen – das sieht man aus dem All. Einer meiner Kollegen war während der 9/11-Terroranschläge in der Umlaufbahn. Er sah sogar die Rauchschwaden der brennenden Türme.
Noch ists im All friedlich. Doch das könnte sich ändern, warnen zahlreiche Experten. Werden bald auch Kriege im Weltall geführt?
Kathryn Sullivan: Ich befürchte es. Es liegt in unserer Natur, immer nach einem Vorteil zu suchen. Leider gibt es dreiste und erbarmungslose Menschen, die nicht nach den Regeln spielen. Das sehen wir jetzt gerade im Ukraine-Krieg.
Ellen Ochoa: Ich hoffe inständig, dass es da oben friedlich bleibt. Die Raumfahrt ist ein Bereich, in dem alle Länder zusammenkommen, um etwas zum Wohle der Menschheit zu tun. In meinen 30 Jahren bei der Nasa waren die Beziehungen zwischen den USA und Russland mal besser, mal schlechter. Aber in all dieser Zeit konnten wir trotzdem immer sicher und gut zusammenarbeiten.
Sie sind Pionierinnen der Raumfahrt: Die beiden Amerikanerinnen Ellen Ochoa (63) und Kathryn Sullivan (70) gehören zu den ersten Frauen, die es ins Weltall geschafft haben. Ochoa war in den 1990er-Jahren an diversen Missionen beteiligt und half als Astronautin mit, die Internationale Raumstation (ISS) aufzubauen. Später arbeitete sie als Managerin bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa und leitete von 2012 bis 2018 das renommierte Raumfahrtzentrum in Houston, Texas. Kathryn Sullivan hat auf ihrem ersten Flug 1984 als erst zweite Frau den «Space Walk» vollbracht – einen Weltraumspaziergang ausserhalb des Raumschiffs. Ein weiterer Höhepunkt folgte 1990, als sie das Hubble-Weltraumteleskop aussetzte. Heute amtet Sullivan als Wissenschafts- und Technologieberaterin von US-Präsident Joe Biden (79).
Sie sind Pionierinnen der Raumfahrt: Die beiden Amerikanerinnen Ellen Ochoa (63) und Kathryn Sullivan (70) gehören zu den ersten Frauen, die es ins Weltall geschafft haben. Ochoa war in den 1990er-Jahren an diversen Missionen beteiligt und half als Astronautin mit, die Internationale Raumstation (ISS) aufzubauen. Später arbeitete sie als Managerin bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa und leitete von 2012 bis 2018 das renommierte Raumfahrtzentrum in Houston, Texas. Kathryn Sullivan hat auf ihrem ersten Flug 1984 als erst zweite Frau den «Space Walk» vollbracht – einen Weltraumspaziergang ausserhalb des Raumschiffs. Ein weiterer Höhepunkt folgte 1990, als sie das Hubble-Weltraumteleskop aussetzte. Heute amtet Sullivan als Wissenschafts- und Technologieberaterin von US-Präsident Joe Biden (79).
Russland, Indien und China haben bereits bewiesen, dass sie Satelliten mit Raketen vom Himmel holen können.
Kathryn Sullivan: Solche Tests bereiten mir Sorgen. Die Zukunft des Weltraums wird noch umkämpfter sein. Der Wettbewerb zwischen den Grossmächten ist bereits voll im Gange. Viele Länder sind von der Kommunikation und anderen Hilfsmitteln und Daten aus dem Weltraum abhängig. Das wird zwangsläufig Teil einer militärischen Angelegenheit. Wenn sie jemand blenden können, um sich einen Vorteil zu verschaffen, tun sie es. Auch der Einsatz von Bomben und anderen Waffen im Weltraum ist denkbar.
Jetzt warnen die Russen, dass die Internationale Raumstation (ISS) abstürzen könnte. Schuld am Sicherheitsrisiko seien die westlichen Sanktionen. Was ist da dran?
Ellen Ochoa: Die ISS-Verantwortlichen haben festgehalten, dass alles wie üblich funktioniert. Darauf vertraue ich. Aber es lauern Gefahren. Für den Fall, dass sich Moskau zurückzieht, müssen wir bereit sein. Momentan sind es die Russen, die dafür sorgen, dass die Raumstation genügend Energie hat. Solche Aufgaben sollten wir im Notfall übernehmen können.
Sie gehören zu den Pionierinnen des Weltalls. Was bewundern Sie an der jeweils anderen am meisten?
Ellen Ochoa: Den Mut, als allererste Frau voranzugehen. Als Kathryn 1978 von der Nasa ausgewählt wurde, habe ich gerade mein Physikstudium begonnen. Die ersten sechs Frauen im Astronautenanzug zu sehen – eine davon Kathryn – war eine grosse Sache. Es zeigte mir und allen anderen Frauen, dass auch wir einem solch aufregenden und wichtigen Beruf in der Physik nachgehen können.
Kathryn Sullivan: Wow. Da bin ich sprachlos.
Ellen Ochoa: So war es. Ich habe dich und die anderen verfolgt, als ihr zum ersten Mal geflogen seid. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie wichtig es für Frauen ist, Vorbilder zu haben.
Nur elf Prozent der Astronauten waren bislang weiblich. Was muss passieren, damit es mehr Frauen ins All schaffen?
Kathryn Sullivan: Es beginnt bei der Bildung. Wir müssen versuchen, die wissenschaftlichen Themen den Frauen noch näherzubringen. Tatsache ist eben, dass im Mathematik- oder Physikstudium grossmehrheitlich Männer sitzen.
Ellen Ochoa: Das stimmt. Aber es gibt auch schon Verbesserungen. In meiner Zeit bei der Nasa habe ich gesehen, wie immer mehr Frauen den Sprung in Führungspositionen geschafft haben. Aber auch bei privaten Firmen wie beispielsweise SpaceX geht etwas.
Das liess sich sogar die Patrouille Suisse nicht nehmen: Am Wochenende hat sich die weltweite Elite der Raumfahrt in Lausanne zum «Legends of Space»-Event eingefunden. Die von Swiss Apollo organisierte Veranstaltung wurde mit einer Luftshow der Patrouille Suisse eröffnet. Unter den Anwesenden war mit Dave Scott (89) auch der jüngste Mensch, der den Mond jemals betreten hat. Für die musikalische Begleitung waren der Sohn und die Enkelin von Neil Armstrong verantwortlich.
Das liess sich sogar die Patrouille Suisse nicht nehmen: Am Wochenende hat sich die weltweite Elite der Raumfahrt in Lausanne zum «Legends of Space»-Event eingefunden. Die von Swiss Apollo organisierte Veranstaltung wurde mit einer Luftshow der Patrouille Suisse eröffnet. Unter den Anwesenden war mit Dave Scott (89) auch der jüngste Mensch, der den Mond jemals betreten hat. Für die musikalische Begleitung waren der Sohn und die Enkelin von Neil Armstrong verantwortlich.
Stellen Sie sich zum Schluss vor: Sie dürfen zu zweit nochmals auf eine letzte Mission ins All aufbrechen. Wie würde diese aussehen?
Kathryn Sullivan: Warum vorstellen? Mein mittlerweile verstorbener Kollege John Glenn durfte auch mit 77 Jahren nochmals ins Weltall. Man wollte mit ihm untersuchen, wie sich die Schwerelosigkeit auf alte Menschen auswirkt. Ich sage an dieser Stelle der Nasa: Ihr habt jetzt Daten über einen alten Knacker namens John Glenn, jetzt braucht ihr auch noch Daten über eine alte Braut – und da bin ich als Erste an der Reihe (lacht). Und wenn die Mission den Mond betreffen würde, hätte ich auch nichts dagegen. Willst du mitkommen?
Ellen Ochoa: Du kannst auf mich zählen.