Das ländliche Idyll im sanktgallischen Oberuzwil trügt. Ein Volg, Metzger, Bäcker und eine Beiz sind zwar noch Mittelpunkt der Gemeinde mit 6000 Einwohnern. Im Dorf konsumieren die Bewohner aber zunehmend weniger. «Unsere Kundenzahl ist stark rückläufig», sagt der Bäckermeister Aaron Lehmann (52). Er ist seit fast zwei Jahren Inhaber der Bäckerei & Confiserie Wagner mit 125-jähriger Tradition.
Seit dem Frühjahr klingelt es immer seltener in seiner Kasse. Lehmann spricht von einem «massiven Konkurrenzkampf» mit Tankstellenshops und Discountern wie Aldi und Lidl.
Besonders am Wochenende sei weniger los: «Wir hatten samstags über 600 Kunden. Jetzt sind es noch maximal 500», sagt Lehmann. Er ist sicher: Immer mehr Kunden fahren zum Posten über die Grenze. «Und kaufen dort gleich noch ihr Brot mit ein.»
In der Backstube erklärt Lehmann BLICK, wie er den Einkaufstourismus stoppen, und der Konkurrenz begegnen will.
Der erste Schritt ist bereits getan. Lehmann hat die Produktion optimiert und die Betriebskosten gesenkt. Sechs Jahre lang arbeitete er als Produktionsleiter für den Backwaren-Hersteller Hiestand. Er weiss, wie man die Kosten runterfährt.
Für den zweiten Schritt brauchte es Mut: «Schweizer Topqualität reicht nicht mehr. Ab September stecken wir die Einsparungen in massiv tiefere Brotpreise», kündigt Bäcker Lehmann an.
Das sieht so aus: Der Preis vom meistverkauften Ruchbrot (1 Kilo) fällt von 4.80 auf 2.05 Franken, das Pfünderli von 3 auf 1.40 Franken – jeweils ein Rabatt von über 50 Prozent.
Die Backwarenpreise werden also grossflächig gestutzt. Schubäbrot rustiko kostet nun 3.20 Franken anstatt 4.20 Franken. Buttergipfeli neu 1 Franken - 30 Rappen weniger als zuvor. Hussbrot (450g) 2.95 Franken anstatt 3.90 Franken.
Eine einmalige Aktion? «Die Preise bleiben auf Dauer. Ich ziehe das jetzt durch und setze damit ein Zeichen im Markt», sagt Lehmann. Er hofft, dass andere Betriebe seinem Beispiel folgen – und die Preise ebenfalls senken.
Dass am Schluss massgebend ist, wie viel dem Kunden nach dem Einkauf im Portemonnaie bleibt, hat Lehmann während zehn Jahren als Verkaufschef beim Handy-Verkäufer Mobilezone erfahren, der von seinem Bruder Martin (47) gegründet wurde. «Beim Ruchbrot verdiene ich künftig keinen Rappen mehr», weiss Kleinbäcker Lehmann (siehe auch Grafik).
Doch der Bäcker hofft auf neue Kundschaft. Denn falls seine Rechnung aufgeht, werden die Leute neben Brot auch seine Sandwiches und Confiserie kaufen.