Green Cross Schweiz wirbt bei der Suche nach Spendern mit dem Gütesiegel der Zewo, der Zentralstelle für Wohlfahrtsorganisationen. Nun droht die Umweltorganisation das Siegel zu verlieren, nachdem das Verheimlichen von grossen Finanzproblemen bekannt wurde.
«Aufgrund unserer Lagebeurteilung ist klar, dass wir eine vorzeitige Sonderprüfung durchführen, um zu klären, ob Green Cross Schweiz die Zewo-Standards noch erfüllt und das Gütesiegel behalten kann», sagt Zewo-Geschäftsleiterin Martina Ziegerer auf Nachfrage von BLICK.
Kreative Buchführung
Beim Hilfswerk, das sich für die Abrüstung von atomaren und chemischen Waffen sowie für Opfer von nuklearer Verseuchung einsetzt, klafft ein Millionenloch in der Kasse. Dem Stiftungsratspräsident und Interims-Geschäftsleiter von Green Cross, Martin Bäumle, war dies spätestens seit Oktober bekannt.
Das Organisationskapital sei per Ende 2017 negativ gewesen und habe nicht wie im Jahresbericht ausgewiesen fünf Millionen Franken betragen, schrieb Bäumle letzten Oktober in einem Mail. Zudem «war Green Cross Schweiz nicht mehr in der Lage kurzfristige Verbindlichkeiten zu decken», führt der Finanzvorsteher der Stadt Dübendorf ZH und GLP-Nationalrat aus. Das E-Mail machte gestern der «Beobachter» publik und liegt dem BLICK vor.
Erstmals klar wird im Mail auch, wieso sich Bäumle letzten August von der langjährigen Geschäftsleiterin Nathalie Gysi (48) trennte. Die finanzielle Situation von Green Cross sei lange deutlich weniger stabil gewesen als rapportiert und er nehme an, dass die Direktorin in ihrem Reporting sehr kreativ geworden sei, um die Fassade aufrechtzuerhalten, schreibt er.
Nicht das erste Verschweigen
Auffällig: Gysis Abgang verlief ebenfalls unter dem Radar der Öffentlichkeit, wie BLICK berichtete. Gemäss Informationen des «Tages-Anzeigers» hat die Zürcher Staatsanwaltschaft III für Wirtschaftsdelikte inzwischen Strafverfahren eingeleitet gegen die Ex-Geschäftsleiterin und auch gegen Bäumle.
Offenbar ist die Geheimniskrämerei Programm. In einem Mail an Mitglieder von Green Cross International vom letzten September, das dem BLICK vorliegt, schreibt Bäumle. «Wir wollen jegliche negative Exponierung verhindern, insbesondere in den Medien, da dies zu einer Abnahme von Spenden und Gönnerbeiträgen führen würde.»
Glückkette-Chef und Stiftungsrat verweist auf Bäumle
Die Spender liess Green Cross Schweiz über die Finanzprobleme bis jetzt im Dunkeln. Sie haben auch im laufenden Jahr die üblichen Einzahlungsscheine mit Spendenaufrufen erhalten. Auch auf der Website der Organisation gibt es keine neuen Informationen und der «falsche» Jahresbericht 2017 ist aufgeschaltet, als wäre nichts geschehen.
Bäumle will heute Nachmittag über die Situation informieren. Die grosse Frage, ob er denn wenigstens die anderen Stiftungsräte über die finanzielle Schieflage eingeweiht hat, liess er am Morgen unbeantwortet. Auch der Direktor der Glückskette, Tony Burgener, der erst letzten Juni dem Stiftungsrat beitrat, wollte BLICK nicht sagen, ob er informiert war und ebenfalls über ein halbes Jahr mitgeschwiegen hat.
Laut Burgener werde Bäumle alle offenen Fragen beantworten, auch jene zu seiner Rolle im Stiftungsrat.
Gorbatschow hatte 2017 genug
Bäumle ist seit Februar 2017 auch Interimspräsident von Green Cross International in Genf. Damals traten der damalige Präsident, sein Vize und Green-Cross-Gründer Michail Gorbatschow (88) nach einem Streit über die Beiträge der Schweizer Sektion zurück. Bäumle übernahm und versprach, das Amt spätestens im Herbst 2017 wieder abzugeben – bis heute hat er das nicht getan.
Das Update am Nachmittag nach der Information von Bäumle lesen Sie hier.