Weil Ersatzteile fehlen
Putins Airlines droht ein Massen-Grounding

Die russische Luftfahrt leidet unter den Sanktionen und dem Krieg. Ersatzteile fehlen. Ein Massen-Grounding steht an. Jetzt muss Russland Flugzeuge ausschlachten.
Publiziert: 29.04.2022 um 15:54 Uhr
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Wladimir Putin setzt sich selbst an den Steuerknüppel.
Foto: AFP
Marc Iseli («Handelszeitung»)

Russland muss schon bald seine Flieger ausschlachten, weil das Sanktionsregime dazu führt, dass keine neuen Ersatzteile geliefert werden. Der Engpass dürfte schon bald in einem Massen-Grounding enden. Bis 2025 müssen wahrscheinlich zwischen der Hälfte und zwei Drittel aller russischen Verkehrsflugzeuge am Boden bleiben.

Das berichtete die russische Zeitung «Kommersant». Sie beruft sich auf eine nicht identifizierte Person aus dem Verkehrsministerium und auf einen Bericht, der nicht öffentlich ist. Im Worst-Case-Szenario des Ministeriums könnte Russland bereits ab der zweiten Hälfte dieses Jahres mit ernsthaften Engpässen konfrontiert sein, schreibt die Zeitung. Russland müsste also bereits in wenigen Wochen damit beginnen, erste Flieger in den Hangar zu stellen und sie Stück für Stück auszuweiden.

Putin beschlagnahmt Flugzeuge per Gesetz

Die Zahl der Passagiere wird derweil auf Jahre hinaus tief bleiben. Selbst im optimistischsten Szenario soll das Passagieraufkommen bis 2030 deutlich unter dem Niveau bleiben, das vor der Covid-Krise und vor dem Krieg herrschte. Seinerzeit reisten 100 Millionen Menschen pro Jahr über russische Flughäfen. Dieser Wert dürfte mindestens bis 2030 nicht mehr erreicht werden, so «Kommersant».

Wegen der Sanktionen will Russland Milliarden in die Entwicklung einer eigenen Industrie stecken. Der Plan sieht ein Entwicklungsprogramm im Wert von 627 Milliarden Rubel (8,6 Milliarden Dollar) vor, mit dem die nationale Flotte bis 2030 um 1000 russische Flugzeuge erweitert werden soll. Mit Stand vom 20. April waren in Russland 1140 Flugzeuge registriert.

Vor dem Krieg gegen die Ukraine waren viele russische Maschinen auf den Bermudas registriert. Als der Westen ein hartes Sanktionspaket schnürte, reagierte Wladimir Putin (69) unter anderem mit einem beispiellosen Gesetz, nach dem die Airlines in seinem Land die geleasten Maschinen als ihr Eigentum bezeichnen können. Eine eigene Betriebslizenz wurde aufgesetzt, damit die Flieger nicht mehr im Ausland registriert sein müssen.

Historischer Schaden für Versicherer

Im Kern bedeutet es, dass Russland die Flieger, die eigentlich ausländischen Leasingfirmen gehören, beschlagnahmt. Die Leasingfirmen dürften also kein Fluggerät zurückerhalten. Sie können die Flugzeuge wohl abschreiben. Insgesamt geht es um Fluggerät in Russland im Wert von rund 10 Milliarden Dollar.

Allenfalls sind Leasingfirmen gegen ein solches Vorgehen versichert, aber das ist nicht überall im Detail geklärt. Auf jeden Fall stehen langwierige juristische Streitigkeiten an. Die maximale Schadensumme von 10 Milliarden Dollar entspricht den weitaus höchsten jährlichen Ansprüchen in der Geschichte der Luftfahrtversicherung. Rund 30 bis 40 Prozent des Risikos der Erstversicherer würden dabei wahrscheinlich an Rückversicherer weitergegeben.


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