Der frühere US-Präsident Donald Trump (77) ist jetzt auch im Bundesstaat Georgia wegen seiner Versuche angeklagt worden, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen. Staatsanwältin Fani Willis sagte vor den Medien: «Die Grand Jury hat Haftbefehle gegen alle Angeklagten ausgestellt. Ich gebe allen Beschuldigten die Möglichkeit, sich freiwillig bis 25. August der Justiz zu stellen.» Laut Willis ist dies in Georgia in solchen Fällen üblich.
Der Republikaner wurde am Montag in 13 Punkten angeklagt, wie aus der am späten Abend (Ortszeit) in Atlanta veröffentlichten Anklageschrift hervorgeht. Grundlage ist unter anderem ein Gesetz zum Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Die zuständige Staatsanwältin strebt einen schnellen Prozessbeginn an. Einen Verhandlungstermin solle es bereits innerhalb der kommenden sechs Monaten geben, sagte Willis am Montagabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz. Der Zeitplan liege jedoch im Ermessen des Richters. Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Prozess so zeitnah beginnen könnte.
Verschwörung gebildet?
Es ist bereits die vierte Anklage gegen den Ex-Präsidenten – und die zweite Anklage, die sich um die Präsidentschaftswahl 2020 dreht. Angeklagt wurden auch 18 weitere Verdächtige, unter ihnen Trumps früherer Stabschef im Weissen Haus, Mark Meadows, und Trumps früherer Anwalt Rudy Giuliani.
Trump und die anderen Angeklagten hätten eine «Verschwörung» gebildet, «um rechtswidrig den Ausgang einer Wahl zugunsten von Trump zu verändern», heisst es in der Anklageschrift. «Die Verschwörung hatte einen gemeinsamen Plan und Zweck.» Auf die Frage nach Trumps Vorwurf, die Ermittlungen seien politisch motiviert, sagte Willis: «Ich treffe in diesem Amt Entscheidungen auf der Grundlage der Fakten und des Gesetzes, das Gesetz ist völlig unparteiisch. Auf diese Weise werden Entscheidungen in jedem Fall getroffen.»
Anklage ist nicht zu unterschätzen
Trumps Anwälte wiesen die Anklage als «fehlerhaft und verfassungswidrig» zurück. Die Ereignisse am Montag (Ortszeit) rund um die Anklage seien «schockierend und absurd» gewesen, hiess es in einer Stellungnahme der Anwälte. Das Geschworenengremium habe sich etwa auf die Aussagen von Zeugen gestützt, «die ihre eigenen persönlichen und politischen Interessen vertraten». Man erwarte daher eine «detaillierte Prüfung dieser Anklage».
Die Anklage in Georgia ist nicht zu unterschätzen. Darüber sind sich auch US-Medien am Dienstag einig. Für die «Washington Post» ist die Anklageschrift «viel umfassender und detaillierter» als jene wegen mutmasslichen Wahlbetrugs in Washington. Fachleuten zufolge könnte es für Trumps Team in Georgia auch deutlich schwieriger sein, das Verfahren massgeblich zu verzögern.
Erst Anfang August war Trump von der Bundesjustiz wegen seiner Versuche angeklagt worden, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 nach seiner Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden zu kippen und sich damit im Weissen Haus zu halten. Die Staatsanwaltschaft des Landkreises Fulton County, die grosse Teile von Atlanta umfasst, ermittelte parallel zur Bundesjustiz ihrerseits zum Vorgehen von Trump und seinen Verbündeten nach der Wahl und konzentrierte sich dabei auf Georgia.
Er befahl Raffensperger 11'780 Stimmen zu finden
Der abgewählte Präsident hatte unter anderem in einem berühmt gewordenen Telefonat am 2. Januar 2021 – rund zwei Monate nach der Wahl – Georgias Wahlleiter Brad Raffensperger aufgefordert, die für einen Sieg in dem Südstaat nötigen 11'780 Wählerstimmen zu «finden». Ausserdem sollte die Bestätigung von Bidens Wahlsieg durch falsche Wahlleute-Stimmen zugunsten von Trump verhindert werden. Anhänger Trumps drangen zudem nach der Wahl in ein Wahlbüro ein und gelangten dabei an sensible Daten.
Georgia hatte bei der Präsidentschaftswahl 2020 eine wichtige Rolle gespielt. Der Bundesstaat im Südosten der USA ist ein sogenannter Swing State, in dem sich Demokraten und Republikaner häufig sehr enge Rennen liefern. Bidens knapper Erfolg in Georgia war, zusammen mit Siegen in anderen Swing States wie Arizona und Pennsylvania, entscheidend für den Ausgang der gesamten Wahl.
Trump spricht von «Hexenjagd»
Trump erkannte seine Niederlage aber nicht an und erhob Vorwürfe des massiven Wahlbetrugs – unbelegte Anschuldigungen, die von zahlreichen Richtern und Behörden zurückgewiesen und von unabhängigen Faktenprüfern widerlegt wurden. Das Vorgehen des Rechtspopulisten im Kampf gegen den Wahlausgang gipfelte in dem Angriff radikaler Trump-Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021, als Bidens Wahlsieg endgültig zertifiziert werden sollte.
Auch gegen die neue Anklage wehrt er sich auf seiner Social-Media-Plattform «Truth Social». Dort schreibt er, «die Hexenjagd geht weiter». Er ist sich mal wieder sicher, dass es auch die jüngsten Anklage politische motiviert sei und schreibt: «Warum haben sie nicht schon vor 2,5 Jahren Anklage erhoben? Weil sie es mitten in meinem politischen Wahlkampf tun wollten. Hexenjagd!»
Vier Anklagen während Wahlkampf
Trump tritt dennoch auch für 2024 an. Er wird in den kommenden Monaten – mitten im Wahlkampf – gleich vier Prozesse zu bestreiten haben. In den vergangenen Monaten war bereits in drei anderen Fällen in New York, Miami und Washington Anklage gegen den Republikaner erhoben worden. Der New Yorker Fall steht im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar. Der Fall in Miami dreht sich um die Aufbewahrung von streng geheimen Regierungsunterlagen in Trumps Privatanwesen. In Washington wiederum geht es ebenfalls um die Wahl 2020 – um versuchten Wahlbetrug und den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. In dem Fall in Washington wird Trump unter anderem Verschwörung gegen die USA zur Last gelegt.
Keiner dieser Fälle und keine mögliche Verurteilung schliesst aus, dass Trump 2024 als Präsidentschaftskandidat antritt oder Präsident wird. Der Fall in Georgia wird aber nicht auf Bundes-, sondern auf Bundesstaaten-Ebene verhandelt, damit könnte er sich bei einer Verurteilung auch im Falle eines Wahlsiegs nicht selbst begnadigen. In den Fällen nach Bundesrecht könnte dies möglich sein. (mrs/nad/SDA)