Wegen eines Wartungsvertrags
Stadler Rail befürchtet russische Werkspionage

Spionagethriller bei den Bähnlern: Stadler Rail verdächtigt eine russische Konkurrenzfirma, einen Wartungsauftrag für Werksspionage zu missbrauchen.
Publiziert: 16.05.2021 um 19:37 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2021 um 19:41 Uhr
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Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident der Stadler Rail, befürchtet, dass ihn sein Konkurrent ausspioniert.
Foto: keystone-sda.ch

Hinter TMH International verbirgt sich eine noch unscheinbare Firma, die dereinst den Markt der Zugbauer gehörig aufmischen könnte – und vielleicht schon bald die ärgste Konkurrentin für Stadler Rail wird. Wie die «SonntagsZeitung» berichtet, ist dem Unternehmen offenbar jedes Mittel recht, um den Schweizer Zugbauer zu konkurrenzieren.

TMH International ist knapp drei Jahre alt, firmiert in Zug und hat dort gerade mal 15 Angestellte, dafür umso mehr Beschäftigte in Schwellenländern von Ägypten über Südafrika bis Argentinien. Die Muttergesellschaft TMH sitzt in Moskau, dominiert den russischen Markt in Sachen Bau und Wartung von Rollmaterial – und ist bereits die viertgrösste Zugbauerin der Welt.

Briten betreiben Bahnlinie in Bayern

Nun drängt sie mit aller Macht nach Europa mittels der Tochter TMH International aus Zug – und mithilfe von Wartungsverträgen. Und hier beginnt nun der Spionagethriller mit Stadler Rail in einer Hauptrolle, den die «SonntagsZeitung» enthüllt.

Der Schweizer Zugbauer aus Bussnang TG will 22 Züge vom Typ Flirt 3 an die britische Firma Go-Ahead verkaufen. Diese hat die Konzession erhalten, ab Dezember dieses Jahres den Bahnbetrieb von Lindau am Bodensee via Memmingen nach München durchzuführen. Die Wartung der Züge trauen sich die Briten nicht zu, sie haben den Auftrag deshalb ausgeschrieben. Gewonnen hat ihn die TMH International – und nicht Stadler Rail, die sich auch für den Wartungsauftrag beworben hatte.

Stadler liefert keine Züge

Nun kommt das Thema Werkspionage ins Spiel. Denn wer einen Zug wartet, der weiss bald auch ganz genau, wie dieser gebaut wurde, was seine Tücken und Geheimnisse sind. Deshalb wehrt sich Stadler Rail gegen den Wartungsvertrag: «Unser Vertrag mit Go-Ahead schliesst die Instandhaltung durch direkte Wettbewerber oder mit einem Wettbewerber verbundene Unternehmen aus dem Bereich Schienenfahrzeuge klar aus», wird Stadler-Sprecher Fabian Vettori in der Zeitung zitiert.

Der Streit droht zu eskalieren, Stadler weigert sich, die Züge und Wartungsdokumente an die britischen Betreiber zu liefern. Go-Ahead wie auch TMH weisen die Vorwürfe zurück. Die Briten scheinen offenbar kein Interesse an einer schnellen Einigung mit Stadler zu haben. Gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» sagte Sprecher Winfried Karg kürzlich: «Wir werden auf jeden Fall ab Dezember den Betrieb aufnehmen, zum Start aber wohl ohne Stadler-Fahrzeuge.» Gut möglich, dass der Spionagethriller dereinst die Gerichte beschäftigen wird. (koh)

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