Wegen Discount-Preisen
So dreckig gehts den französischen Bauern

Viehzüchter in Frankreich verdienen keinen Cent mehr. Einige müssen sogar draufzahlen, um ihr Fleisch loszuwerden. Jetzt ist ihnen der Kragen geplatzt.
Publiziert: 23.07.2015 um 21:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:31 Uhr

Man stelle sich vor: Der Händler zahlt den Bauern nur noch 3.70 Euro fürs Kilo Rindfleisch. Doch die Produktion alleine kostet schon 4.50 Euro! Das ist laut «Le Monde» heute auf dem französischen Fleischmarkt die Realität.

Die Gründe für die Krise: Der Fleischkonsum in Frankreich sinkt, wichtige Absatzmärkte wie Italien, Griechenland und Russland sind eingebrochen. Ähnlich sieht es bei der Milch aus.

Dazu kommt, dass die Kosten der Branche höher sind als in anderen europäischen Ländern. So kommt vermehrt ausländisches Fleisch zu Discount-Preisen ins Land.

Kein Wunder, dass für viele Viehzüchter nun das Fass voll ist. Im ganzen Land gibt es teils heftige Proteste.

Gülle vor dem Supermarkt

In dem Städtchen Brive-la-Gaillarde im Zentralmassiv schütteten rund 200 erboste Züchter Gülle vor den Eingang mehrerer Einkaufzentren. Auch in der beliebten Urlauberregion Auvergne waren mehrere Strassen und eine Autobahn von Traktoren blockiert.

Im nordfranzösischen Ort Outreau hatten Bauern bereits am Vorabend vor einen grossen Supermarkt Mist geschüttet – und angezündet. Ähnliche Aktionen gab es im Pyrenäen-Städtchen Tarbes im Süden des Landes.

Auch die Zufahrt zu dem weltberühmten Klosterberg Mont-Saint-Michel am Atlantik wurde erneut blockiert. Beide Zufahrtsstrassen zu dem als Weltkulturerbe eingestuften Kloster, das zu den meistbesuchten Tourismusmagneten Frankreichs gehört, seien gesperrt, teilten die Behörden mit.

Im Rhônetal blockierten rund 800 Züchter mit 400 Traktoren Autobahnen, die viele Touristen auf ihrem Weg nach Südfrankreich und Spanien nutzen.

Deutscher Lastwagen gekapert

In der Region Franche-Comté wurde ein Deutscher Fleischtransporter gekapert. Der Lastwagen mit geschlachteten Rindern aus Bayern sei «ohne Gewalt» abgefangen worden, heisst es aus Bauernkreisen.

Der Kühllastwagen und die für einen grossen französischen Fleischbetrieb bestimmte Ladung sollten zum Landratsamt in der Stadt Montbéliard gebracht und der LKW-Schlüssel dort «symbolisch» abgeben werden.

Die Viehbauern werfen den Einkaufszentralen der grossen Lebensmittelketten Preisdumping vor. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind 20'000 französische Viehzüchter von der Pleite bedroht. Rinder- und Schweinezüchter sowie Milchproduzenten litten besonders.

Regierung versucht zu besänftigen

Frankreichs sozialistischer Staatschef François Hollande versuchte heute Donnerstag, die Wogen zu glätten: Die grossen Einzelhandelsketten, aber auch die Schlachthäuser und die verarbeitende Lebensmittelindustrie müssten Anstrengungen unternehmen, um die Erzeuger angemessen zu bezahlen, sagte er bei einem Besuch in Dijon im Burgund. Dies sei «unverzichtbar».

Die Regierung hat am Mittwoch ein 600-Millionen-Hilfspaket angekündigt. Ausserdem soll ein Teil der Sozialabgaben ganz erlassen werden.

Premierminister Manuel Valls kündigte zudem an, alle Kantinen in staatlichen Einrichtungen müssten ihr Fleisch künftig direkt bei örtlichen Erzeugern beschaffen.

Bauern drohen mit weiteren Aktionen

Dem Präsidenten des grössten französischen Bauernverbandes, FNSEA, Xavier Beulin, gehen diese Massnahmen nicht weit genug. In den kommenden «zwei oder drei Tagen» seien neue Protestaktionen geplant, sagte er dem Privatsender Europe 1.

Die «Bedingungen für eine Aufhebung der Blockaden» seien nicht erreicht, erklärte auch der Verband der französischen Viehzüchter. (alp/SDA)

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