Das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos GR war ein besonderes Ereignis. Nachdem in den letzten Jahren die amerikanische Regierung durch den Vizepräsidenten und Kabinettsmitglieder vertreten war, kam zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 der Präsident der Vereinigten Staaten selbst nach Davos.
Neben ihm nahmen die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsnationen Frankreich, Deutschland, England, Kanada, Indien, Argentinien, Italien und Brasilien teil, um nur einige der 70 anwesenden Staatschefs und 300 Regierungsmitglieder zu nennen.
Es zählt Kleinarbeit
Natürlich wurde die Berichterstattung über Davos vor allem durch diese politische Komponente geprägt. Für mich persönlich standen jedoch die vielen Arbeitsgruppen im Vordergrund, die während des Jahrestreffens stattfanden. Es ist diese Kleinarbeit, vorbereitet durch sachbezogene Treffen während des ganzen Jahres, die eine wesentliche Grundlage für den andauernden Erfolg des Forums darstellt.
Das Besondere liegt darin, dass dabei nicht nur die anwesenden Politiker und Wirtschaftsführer einbezogen werden; am Jahrestreffen in Davos nehmen auch – von den Medien wenig beachtet und daher von der Öffentlichkeit kaum bemerkt – 1000 Vertreter der Zivilgesellschaft, der akademischen Welt sowie der jungen Generation teil. Damit sind die Leiter aller bedeutenden Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, Amnesty International, Oxfam, Save the Children in die vielseitigen Arbeitsgruppen integriert.
Dazu kommen 100 «Global Shapers», das heisst, hauptsächlich im Sozialwesen tätige junge Leute, und «Social Entrepreneurs», deren Unternehmen die soziale Erneuerung zum Ziel haben und nicht auf Gewinn ausgerichtet sind. Unsere Webseite zeigt, wie diese nicht im Rampenlicht stehenden Teilnehmer im Kleinen Grosses bewirken.
Engagement als Pflicht
Ich werde oft gefragt, warum die Teilnehmer jedes Jahr wiederkommen. Der Grund liegt darin, dass wir von allen, die nach Davos eingeladen werden, ein aktives Engagement verlangen, um globale Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden, unter anderem im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft, in der Bildung oder in Umweltfragen. Initiativen, die in Davos entstanden, sind zum Beispiel die Schaffung der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi), die 580 Millionen Kinder geimpft und dadurch acht Millionen Todesfälle verhindert hat.
Auch der Globale Fonds (Global Fund) zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria wurde in Davos gegründet, zudem eine Koalition für Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) mit einer Startfinanzierung von 700 Millionen US-Dollar. Sie fördert Innovationen zur Bereitschaft bei neuen Epidemien.
Diese Initiativen haben das Leben von Millionen Menschen gerettet oder zumindest positiv beeinflusst. Auch viele weniger bekannte Initiativen wurden in Davos geboren. Davos ist heute keine Konferenz im traditionellen Sinne mehr. Davos ist vielmehr Ausdruck eines neuen Verständnisses, wie globale Zusammenarbeit in Zukunft gestaltet werden soll.
Zusätzlich zu den formellen Regierungskonferenzen, die sich auf eine enge, meist kurzfristige Agenda fokussieren, braucht es heute eine Plattform, in die alle globalen Akteure einbezogen sind und die es erlaubt, für komplexe Probleme langfristige Lösungen zu definieren. Das ist die Rolle des Weltwirtschaftsforums.
Es arbeitet dabei als verlässlicher Partner mit internationalen Organisationen zusammen wie beispielsweise der Uno, der Weltgesundheitsorganisation und der internationalen Arbeitsorganisation. So war und ist das Forum ein Partner der Uno bei der Vorbereitung und Verwirklichung der Sustainable Development Goals (nachhaltigen Entwicklungsziele) sowie auch der Klimaziele.
Die Davos-Dynamik
Davos ist und bleibt der Angelpunkt der vielfältigen Aktivitäten des Weltwirtschaftsforums. Aus der ursprünglichen Idee, eine unternehmensbezogene, informelle Plattform der Begegnung zu schaffen, ist in fast fünf Jahrzehnten eine Internationale Organisation für öffentlich-private Zusammenarbeit entstanden. Da die globalen, regionalen, technologischen und auch sozialen Probleme weder von Regierungen oder Unternehmen noch von der Zivilgesellschaft allein gelöst werden können, wird das Forum zunehmend in Anspruch genommen und gefordert.
Das neue globale Zentrum für Cybersicherheit und das entstehende Netzwerk von Zentren zur Definition von sozialgerechten neuen Technologien sind dafür nur Beispiele. Dieses Jahr wurden alleine in Davos fünf Verträge der Zusammenarbeit mit Regierungen unterzeichnet.
Die Dynamik der Entwicklung des Weltwirtschaftsforums zeigt sich darin, dass bis Ende 2018 rund 800 Mitarbeiter an mindestens acht verschiedenen Standorten beschäftigt sein werden – hoch qualifizierte Spezialisten, wohlgemerkt.
Wir wollen auch weiterhin an Davos als Standort unseres Jahrestreffens festhalten. Die Zusammenarbeit mit den Behörden und die Unterstützung des Bundes, der Kantone und der Landschaft Davos haben wesentlich zum Erfolg beigetragen.
Die Ausstrahlungskraft des Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforums als Ereignis mit der grössten jährlichen Medienberichterstattung ausserhalb von Sportereignissen ist einzigartig und unterstreicht die Bedeutung der Schweiz als internationale Plattform.
Das diesjährige Jahrestreffen wurde in mehr als 217'000 Beiträgen in den globalen Medien erwähnt. Die Werbewirkung für Davos und die Schweiz ist, wie damit deutlich wird, enorm.
Forum der Nachhaltigkeit
Das Weltwirtschaftsforum wird alle Anstrengungen unternehmen, um den «Geist von Davos» aufrechtzuerhalten. Dazu gehört die Beschränkung auf 3000 Teilnehmer, dazu gehört unser Umweltbewusstsein. Wir sind stolz, dass wir dieses Jahr für unser Jahrestreffen die ISO-20121-Zertifizierung für «nachhaltiges Veranstaltungsmanagement» erhalten haben.
Dies ist eine grosse Errungenschaft und Anerkennung, aber auch eine Verpflichtung, dass das Forum Nachhaltigkeitsfragen weiterhin wirksam angeht.
Um den Fortbestand des Forums in Davos zu sichern, werden wir eng mit den Behörden zusammenarbeiten, um die nicht unter unserer Kontrolle liegenden Begleiterscheinungen wie provisorische Bauten, Umwandlung von Ladenlokalen und Kommerzialisierung zu bekämpfen, die zu Verkehrs- und Umweltbelastung führen.
Es sind diese Probleme, die nicht nur den Ruf von Davos schädigen, sondern auch unsere eigenen Möglichkeiten einschränken, indem immer mehr Zimmer für Trittbrettfahrer auf dem grauen Markt und zu exorbitanten Preisen angeboten werden – wodurch sie unserem Treffen und unserem Einfluss entzogen sind.
Ich bin sicher, dass das Jahrestreffen in Davos auch weiterhin an Bedeutung gewinnen und dass die Beteiligung und das Engagement der wichtigsten Entscheidungsträger in Zukunft noch regelmässiger wird.
Der «Geist von Davos» – informelle konstruktive globale Zusammenarbeit, basierend auf dem Prinzip der Neutralität und Unabhängigkeit – wird so lange wirksam sein, als er von allen Beteiligten weiter getragen wird.