Trotz dicht gefüllten Terminkalenders empfängt Walter Schlegel (55) SonntagsBlick am frühen Freitagmorgen zum Gespräch in Chur. Eine halbe Stunde haben wir Zeit, um etwas über den Mann zu erfahren, auf dessen Schultern die Verantwortung für die Sicherheit von 3000 WEF-Teilnehmern lastet – und die des amerikanischen Präsidenten.
Trägt er nun Mitverantwortung für den Weltfrieden? Der Kommandant der Kantonspolizei Graubünden überlegt einen Moment – und nimmt sich dann aus der Schusslinie: «Das ist eine grosse Verantwortung, damit muss man umgehen können. Das ist klar, das belastet. Doch diese Verantwortung lastet nicht nur auf mir, sondern auf den Schultern all meiner Mitarbeiter.»
Er muss die richtigen Entscheidungen treffen
Drückt sich da jemand um seine Aufgabe? Nein, Schlegel weiss genau, was von ihm als Sicherheitschef des WEF verlangt wird: Nicht vorn an der Front ist sein Job, er muss die richtigen Entscheidungen in der Kommandozentrale treffen. Dazu braucht es keinen Haudegen: «Ein Rambo hat an dieser Position nichts verloren. Aber man darf auch nicht zu kopflastig sein!»
Schlegel mag nicht über Probleme diskutieren. Der Vater von drei Kindern ist an Lösungen interessiert. «Ich bin ungeduldig. Ich will schnell Ergebnisse. Das ist für mein Umfeld manchmal fordernd.»
Dass der Mann aus dem Puschlav auch mal ausflippen könnte, ist fast nicht vorstellbar. Im Gespräch wirkt er sehr kontrolliert, gibt auf jede Frage Auskunft.
Die Ankündigung, dass der US-Präsident nach Davos kommt, hat er nüchtern analysiert. Seine ersten Gedanken waren: «Was bleibt gleich, was müssen wir jetzt anpassen?» In der Zusammenarbeit mit den Amerikanern hat Schlegel Routine, es ist sein sechstes WEF als Sicherheitschef. 2016 war er für den Schutz des Vizepräsidenten Joe Biden zuständig. Auch der Besuch von US-Aussenminister John Kerry im letzten Jahr verlief reibungslos.
«Beide haben mir in einem persönlichen Schreiben für die gute Zusammenarbeit gedankt. Schlegel hatte dieses Jahr noch keinen Kontakt mit den US-Geheimdiensten. Dafür seine Mitarbeiter: «Wir stehen in Kontakt mit dem Secret Service, der Botschaft und dem Bundessicherheitsdienst.»
Demos dürften durch Trump Schub erhalten
Dass «Trump polarisiert», ist Schlegel klar. Also muss er sich mit einem weiteren Problem herumschlagen: Demonstrationen! «Die sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Aber wegen Trump dürften die Proteste neuen Schub erhalten.»
Nervosität oder schlaflose Nächte kennt Schlegel nicht. Nicht wegen Trump, nicht wegen der bevorstehenden Wahlen: Im Dezember hatte Schlegel bekannt gegeben, dass er für die SVP einen Sitz in der Bündner Regierung erobern will. Deshalb stehen vor dem WEF noch ein paar Wahlkampfauftritte an.
So wird der US-Präsident zum Wahlkampfhelfer im Kanton Graubünden. Wenn alles reibungslos verläuft, dürfte sich das für Schlegel an der Urne positiv auswirken. Wie man erfolgreichen Wahlkampf macht, damit kennt Trump sich aus. Wird sich der Bündner Kandidat Wahlkampftipps vom Präsidenten holen? Schlegel winkt ab: «Meine Aufgabe ist die Sicherheit.»