Öko-Themen sind für WEF-Elite Mainstream, für Schweizer Politiker ein Zankapfel
Davos ist grüner als Bern

Die grösste Schweizer Partei will die Klimaerwärmung nicht wahrhaben. Am WEF dagegen sind nicht mehr nur die Aktivisten Ökos, sondern auch die Manager, Politiker – und Klaus Schwab. Greta Thunberg hat damit aber wenig zu tun.
Publiziert: 25.01.2019 um 22:50 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2019 um 16:11 Uhr
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Nina Jensen, CEO REV Ocean, ist überzeugt, dass die Wirtschaft das Klima retten muss, nicht die Politiker.
Foto: Carlo Lardi
Konrad Staehelin
Konrad StaehelinWirtschafts-Redaktor

Ist WEF-Patron Klaus Schwab (80) auf seine alten Tage hin ein Grüner geworden? Normalerweise sind seine Fragen auf der Davoser Bühne aalglatt: Nicht aber am vergangenen Dienstag zu Jair Bolsonaro (63), Neo-Präsident Brasiliens. Er zielte auf dessen schwache Flanke, fragte ihn zu Umweltschutz, zum Kahlschlag im Amazonasbecken. Die Antworten waren schwammig.

Natürlich tat Schwab das nicht so, dass es Bolsonaro unwohl hätte werden können. Er ist kein kritischer Journalist, sondern ein Gastgeber, der es allen Gästen recht machen will. Doch dass er den Presidente überhaupt auf den Umweltschutz ansprach, zeigt die neue Bedeutung des Themas in Davos.

Unproduktives Hickhack

Den Grund zeigt der neuste Global Risk Report auf, für den das WEF knapp 1000 Entscheidungsträger aus seinem Orbit befragt hat. In den Augen der Mächtigen haben fünf der sechs grössten Gefahren mit der Erderwärmung zu tun.

So drehten sich diese Woche Dutzende Podien darum, mehrere Firmenpavillons widmeten sich dem Thema. Öko ist am WEF Mainstream.

Ein paar Wochen zuvor in Bern: Anfang Dezember streiten die Nationalräte ums neue CO2-Gesetz, das den Ausstoss bis 2030 gegenüber 1990 um 50 Prozent drücken soll. Es geht darum, wie viel davon im Inland reduziert werden soll und wie viel mit dem Kauf von Zertifikaten im Ausland. Christian Wasserfallen (37) von der FDP beklagt den «Klima-Nationalismus» der Linken, diese wirft der FDP Heuchelei vor.

Und die SVP? Die sieht gar kein Problem. In ihrem Positionspapier steht: «Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass die alarmierenden Meldungen, wonach menschliche Aktivitäten das Klima der Erde beeinflussen würden, nicht der Realität entsprechen.» Welche «Hinweise»? Nur 3 Prozent aller Klimaforscher stimmen der SVP zu.

Schützengrabenmentalität

Am Schluss fällt das CO2-Gesetz wegen der vielen Differenzen durch. Die damalige Ministerin Doris Leuthard (55, CVP) spricht von einem «Scherbenhaufen».

«Während ein Grossteil der WEF-Teilnehmer Klimaschutz nicht als Frage der politischen Ideologie sehen, liegen Schweizer Politiker immer noch in den Schützengräben. So findet man keine Lösungen», urteilt Thomas Vellacott (47), CEO von WWF Schweiz.

Die Gründe: «Die Schweiz hinkt in der Klimapolitik anderen Ländern wie Schweden nach. Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse bremsen, weil sie sich von den einseitigen Interessen der Erdölbranche vereinnahmen lassen», sagt Vellacott.

Kein Profit ohne den Planeten

Noch wichtiger: Bern ist grösstenteils Politik. Davos ist vor allem Wirtschaft.

«Politiker geben sich in vielen Ländern vor allem populistischen Anliegen hin, statt Verantwortung in komplexen Feldern wie dem Klimawandel wahrzunehmen», kritisiert Nina Jensen (43), CEO von REV Ocean, einer norwegischen Firma, die das weltgrösste Forschungsschiff baut. Sie gehört zu den Young Global Leaders am WEF, also jenen jungen Persönlichkeiten, denen Schwab zutraut, in Zukunft die Welt zu steuern.

«Ein Konzern ist viel weitsichtiger als ein Politiker», sagt sie. «Er muss nicht die nächste Wahl gewinnen, sondern auch in 20 Jahren noch Gewinne schreiben. Das kann er nur, wenn die Welt nicht kaputt ist.»

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