In Davos treffen sich diese Woche die Reichen und Mächtigen. Wer etwas auf sich hält, reist mit dem Privatjet an. Bis zu 1500 Maschinen landen diese Woche auf den Flugfeldern rund um den Skiort in den Bündner Bergen. Dass es auch anders geht, zeigt Greta Thunberg (16), Schülerin aus einem Vorort von Stockholm. Das Mädchen mit den langen Zöpfen ist der heimliche Star des diesjährigen WEF. Ein Star, der mit dem Zug anreiste.
Mehr als 30 Stunden war Greta unterwegs. Im Gepäck ein roter Koffer, ein Rucksack und ein schon etwas abgenutztes Schild. «Skolstrejk for klimatet» (deutsch: «Schulstreik fürs Klima») steht darauf in sorgfältig gepinselten Grossbuchstaben.
Fliegen kam für Greta, selbsternannte Klimaradikale, nicht in Frage. Zu gross wären die CO2-Emissionen. Man könne die Zeit im Zug ausserdem gut nutzen, um allerlei Dinge zu tun, meint Greta – zum Beispiel eine Rede schreiben.
In Polen kritisierte sie die Mächtigen
Mit einer solchen wurde Greta Mitte Dezember weltberühmt. An der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz griff die Schwedin die Politik scharf an. Die Massnahmen gegen den Klimawandel sind ihr viel zu lasch. Die Treibhausgasemissionen müssten umgehend massiv reduziert werden. «Die einzige vernünftige Entscheidung wäre, die Notbremse zu ziehen», appellierte sie an die Mächtigen. Und warnte eindringlich: «Uns rennt die Zeit davon.»
So kompromisslos, wie ihre Forderungen es sind, ist Greta in ihrem eigenen Tun. Bekannt wurde sie, als sie nach dem verheerenden Hitzesommer begann, vor dem schwedischen Parlament in Stockholm gegen den Klimawandel zu protestieren. Seit August schwänzt sie dafür jeden Freitag den Unterricht. Ihrer Botschaft haben sich mittlerweile Tausende Schüler weltweit angeschlossen – auch in der Schweiz. Ihr Engagement beeindruckte sogar UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der sich mit dem Teenager in Kattowitz traf.
Die Mutter trat beim Eurovision Song Contest auf
Nach eigenen Angaben begann sich Greta mit acht Jahren für den Klimawandel zu interessieren. Seither gibt es für sie kein anderes Thema mehr. Ein Grund dafür: Greta leidet am Asperger-Syndrom, einer Variante von Autismus. Betroffene können hochbegabt sein und neigen dazu, sich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. Der Gedanke an die schlimmen Folgen der Erderwärmung führte bei Greta dazu, dass sie zeitweise kaum noch sprach und ass und depressiv wurde.
Gretas Kampf fürs Klima hat sich mittlerweile ihre ganze Familie angeschlossen. Die Mutter, eine in Schweden bekannte Opernsängerin, die das Land 2009 beim Eurovision Song Contest vertrat, will wie ihre Tochter nie wieder fliegen – und gab dafür ihre internationale Karriere auf. Ihr Vater, der sich wie Greta vegan ernährt, begleitete sie auf ihrer Reise nach Davos.
Streiken wird sie auch in Davos
Noch bevor Greta am Mittwochmorgen in der Schweiz ankam, richtete sie sich in einer Videobotschaft an die WEF-Teilnehmer. Alle täten so, als gäbe es keine einzelnen Verursacher des Klimawandels. Doch damit machten es sich alle zu einfach: «Wenn jeder schuldig ist, kann man niemanden verantwortlich machen – das stimmt aber nicht: Manche Firmen und Entscheidungsträger sind verantwortlich.» Die wolle sie zur Verantwortung ziehen. Und forderte: «Steht auf der richtigen Seite der Geschichte!»
Am Mittwoch besuchte Greta das Arctic Basecamp auf der Schatzalp, wo Veranstaltungen zum Klimaschutz stattfinden. Es ist minus 11 Grad, die Besucher wärmen sich mit Decken, heissen Getränken und Feuerschalen. Es ist wirklich wie in der Arktis – die Klimaerwärmung scheint weit weg. Trotzdem wolle Thunberg den Managern in Davos sagen: «Ihr trägt wohl die grösste Verantwortung daran!»
Heute Donnerstag wird sie an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Und am Freitag dann das tun, was sie jeden Freitag tut: protestieren. Bloss dieses Mal an der Davoser Promenade statt vor dem Parlamentsgebäude in Stockholm.
Vom 21. bis 24. Januar findet wieder das World Economic Forum (WEF) in Davos statt. Rund 2500 internationale Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft treffen sich zum Austausch.
Vom 21. bis 24. Januar findet wieder das World Economic Forum (WEF) in Davos statt. Rund 2500 internationale Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft treffen sich zum Austausch.