Andächtig lauschen die Zuhörer den Ausführungen der Experten auf dem Podium in der Englischen Kirche in Davos. Es geht um Klimawandel und Geschäfte. Klingt wie eine ganz normale Predigt am WEF.
Doch die Veranstaltung taucht nirgends im offiziellen Programm des WEF auf. Hinter der Session steht die Firma Tradeshift, ein Unternehmen, das seinen Kunden dabei hilft, ihre Produkte möglichst effizient von A nach B zu bringen. Ein digitaler Dienstleister, gegründet von drei Dänen.
Die Firma nutzt das WEF zu einer Art Parallel-WEF. Sie hat ein eigenes Programm aufgestellt, verfügt sogar über eine eigene App. Das Problem daran: Tradeshift ist ein reiner Trittbrettfahrer. Die Firma zahlt keine Mitgliederbeiträge. Sie nutzt das WEF als Werbeplattform.
Gratis ist das zwar nicht. Man erzählt sich in Davos, dass die Englische Kirche eine Million Franken kassiere, damit sie das Gotteshaus während des WEF für eine Privatfirma räumt.
WEF klagt gegen Blockchain-Konferenz
Eine ganze Reihe von Unternehmen und Organisationen plustert sich diese Woche in Davos auf, ohne Mitglied des Forums zu sein. Da ist zum Beispiel die Caspian Week, die Investments am Kaspischen Meer propagiert. Oder die Firma Latoken, die ein stattliches Gebäude an der Promenade gemietet hat. Tagsüber trifft sich dort die Blockchain-Gemeinde, abends gibts laute Partys. Gemäss Insidern soll Latoken Konferenzteilnehmern bis zu 250'000 Franken abknöpfen.
BEF nennt sich ihre Konferenz – Blockchain Economic Forum. Man könnte denken, es sei ein offizieller Ableger des WEF. Tatsächlich hat Latoken nie um Erlaubnis gefragt. Ob das legal ist, will das WEF nun klären. Das Forum hat eine Strafanzeige wegen Markenrechtsverletzung und unlauteren Wettbewerbs eingereicht.
Auch ein Multi ist ein Trittbrettfahrer
Es sind aber keineswegs nur obskure Firmen, welche vom Glanz des WEF profitieren wollen. Auch gestandene Unternehmen schrecken vor solchen Praktiken nicht zurück. So schlägt der Tabakkonzern Philip Morris International (PMI) alljährlich während des WEF seine Zelte in Davos auf und propagiert seine Elektro-Zigaretten. Dabei hat das WEF PMI schon vor Jahren vor die Tür gestellt.
Bei Philip Morris trifft BLICK Danny Nuccio. Der Manager hat eine Cannabis-Handelsplattform aufgebaut, ganz legal. Er sagt offen: «Klar kommen wir aus einem ganz bestimmten Zweck nach Davos. Wir mischen uns unter die WEF-Teilnehmer und treffen alte Freunde.»
Die Cannabis-Industrie ist in der WEF-Woche in Davos sehr präsent, hat sich an prominenten Standorten eingemietet und führt eine Konferenz durch – ebenfalls ohne Erlaubnis des WEF. Stargast war letztes Jahr der frühere israelische Premier Ehud Barak (77).