Christiana Figueres, der Kopf hinter dem Pariser Klimaabkommen
«Dank des WEF werden Emissionen eingespart»

2015 brachte sie die Welt in Paris dazu, einem historischen Klimaabkommen zuzustimmen. Auch am WEF tritt Christiana Figueres für den Kampf gegen die Erwärmung ein.
Publiziert: 28.01.2018 um 15:12 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:20 Uhr
1/4
«Hätten wir uns eine schönere Aussicht wünschen können?», fragt Figueres während des Fototermins auf der Schatzalp über Davos rhetorisch.
Foto: STEFAN BOHRER
Konrad Staehelin

SonntagsBlick: Frau Figueres, wir erleben gerade den wärmsten Januar seit Menschengedenken. Der Grund dafür ist wohl die Klimaerwärmung. Was wurde seit dem historischen Klimaabkommen von Paris 2015 konkret erreicht?
Christiana Figueres: Viele Länder merken, dass Emissionsreduktionen gar nicht so schwierig zu erreichen sind, sobald man sich dazu entschieden hat. Und dass so eine Entscheidung Vorteile bringt: China und Indien entdecken gerade, wie viel besser ihre Luft dank erneuerbarer Energie wird. Zudem schafft sie neue Jobs, während die Branche für fossile Energie stagniert.

Die Klimaretter im Dezember 2015 (v.l.): Figueres, der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der damalige Aussenminister Frankreichs Laurent Fabius (verdeckt) und der damalige französische Präsident François Hollande.
Foto: STEPHANE MAHE

Konkret: Welches sind die besten Lösungen, um das Klima auf der Welt zu retten?
China hat eine CO2-Steuer eingeführt. Das ist super und wird Auswirkungen auf die ganze Welt haben. Wichtig ist auch, von fossilen Brennstoffen wegzukommen und erneuerbare Energien zu stärken. Damit verbunden ist E-Mobilität. Autobauer auf Autobauer setzt sich in diesen Monaten Daten, bis wann sie nur noch E-Autos produzieren wollen. E-Autos, Sharing , und autonomes Fahren revolutionieren gerade alles, was wir bisher über Verkehr wussten.

Erneuerbare Energien produzieren mal viel zu viel, dann wieder gar nichts. Die Speichermöglichkeiten sind noch nicht gut genug, um Industrien durchgehend mit genug Strom zu versorgen.
I m Moment sind erneuerbare Energien nicht aufzuhalten, weil die Preise dafür so tief sind. Aber Sie haben r ech t , in fünf bis zehn Jahren werden wir global zu wenig Speichermöglichkeiten für die ganze neue  Energi e haben. Bis dann brauchen wir dringend neue technische Lösungen.

Ausgerechnet China engagiert sich stark für eine Eindämmung der Erderwärmung. Dabei wird das Land doch immer kritisiert, weil es so autoritär ist. Ist Demokratie ein Stolperstein, wenn wir die Welt retten wollen?
(Zögert) Es kommt einfach drauf an, ob die Regierung sich für den Klimaschutz einsetzt oder nicht. Wenn Chinas Regierung sich querstellte, würden wir uns hier ganz anders unterhalten. Es geht nicht um das politische System, sondern um das Verständnis für die Gefahren.

Mir scheint , Klimaschutz ist vor allem Frauensache . Täuscht  der Eindruck? 
Nein, relativ zu anderen Sektoren sind wir Frauen im Klimaschutz in der Tat stark. Ich kann über die Gründe bloss spekulieren: Verantwortungsbewusstsein und langfristiges Denken ist sehr weiblich. Die Evolution hat uns Frauen dazu gemacht, Verantwortung für die Menschheit zu übernehmen.

Am diesjährigen WEF haben sich viele Veranstaltungen ums Klima gedreht.
Das wurde auch Zeit. Langsam haben es alle verstanden, dass die Natur die Basis für alles ist. Jedes Geschäft, jedes gute Leben funktioniert nur, wenn es auch der Umwelt gut geht. Die Wirtschaft ist nicht abgeschottet von allem anderen.  Klimaschutz ist im Mainstream angelangt. Und noch viel wichtiger: Es hat jene erreicht, die an den Schalthebeln hocken.

Wieso sollte es einen CEO kümmern , ob die Gletscher schmelzen?
Langfristig verunmöglicht die Klimaerwärmung ein gutes Geschäft. Wie viele Jobs gibt es auf einem toten Planeten? Wie viel Profit können Sie machen? Nicht sehr viel. Die Bosse müssen jetzt auf drei Dinge schauen: Profit, soziale Konsequenzen und Umweltschutz.

Die meisten Firmen machen ihre Umweltanstrengungen doch nur, um in der Öffentlichkeit besser dazustehen.Das stimmt nicht. Es ist in ihrem eigenen Interesse. Aber sind wir ehrlich: Keiner der CEOs  ist nach Davos gereist, um den Planeten zu retten. Sie kommen her, um langfristigen Profit zu garantieren und ihre Aktionäre zu befriedigen.

Es fliegen mehrere Tausend Leute aus der ganzen Welt in die Schweiz und verpesten damit die Luft, der Petro-Gigant Chevron zahlt dem WEF pro Austragung 600’000 Franken, um sich strategischer Partner nennen zu dürfen. Das WEF ist das Gegenteil von Umweltschutz!
Es ist nicht meine Aufgabe, dem WEF die Partnerwahl zu diktieren. Ja, das WEF hinterlässt einen grossen ökologischen Fussabdruck. Aber man müsste noch viel mehr durch die Welt fliegen, um all die Gespräche zu führen und Initiativen zu starten, die hier stattfinden. Es klingt ironisch: Aber dank des  WEF werden Emissionen eingespart.

Zur Person

Die Diplomatin, die mit vollem Namen Karen Christiana Figueres Olsen (61) heisst, stammt aus Costa Rica. Sie war zwischen 2010 und 2016 Generalsekretärin des Sekretariats der Klima-Rahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Deren 195 Mitgliedsstaaten einigten sich im Dezember 2015 in Paris auf ein Abkommen, das die menschengemachte Klimaerwärmung auf unter 2 Grad Celsius begrenzen soll. Figueres gilt als wichtigste Drahtzieherin hinter dem Abkommen. 

Die Diplomatin, die mit vollem Namen Karen Christiana Figueres Olsen (61) heisst, stammt aus Costa Rica. Sie war zwischen 2010 und 2016 Generalsekretärin des Sekretariats der Klima-Rahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Deren 195 Mitgliedsstaaten einigten sich im Dezember 2015 in Paris auf ein Abkommen, das die menschengemachte Klimaerwärmung auf unter 2 Grad Celsius begrenzen soll. Figueres gilt als wichtigste Drahtzieherin hinter dem Abkommen. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.