Wasserkraft
Nationalrat wechselt zur Wasserkraft in letzter Minute die Meinung

Verwirrung in den Schlussabstimmungen: Der Nationalrat hat lockere Umweltauflagen für Wasserkraftwerke zuerst knapp abgelehnt, dann aber die Abstimmung wiederholt. Im zweiten Anlauf passierte die Vorlage mit Stichentscheid von Ratspräsidentin Isabelle Moret.
Publiziert: 20.12.2019 um 09:05 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2019 um 10:27 Uhr
Der Nationalrat hat lockereren Auflagen für die Neukonzessionierung für Wasserkraftwerke mit Stichentscheid der Präsidentin zugestimmt, im zweiten Anlauf. Beim ersten Anlauf hatte der Rat die Vorlage noch mit 98 zu 91 Stimmen abgelehnt. (Themenbild)
Foto: KARL MATHIS

Im ersten Durchgang war die Vorlage am Freitag mit 98 zu 91 Stimmen gescheitert. Danach stellte aber Marcel Dettling (SVP/SZ) einen Rückkommensantrag. Mitglieder mehrerer Fraktionen hätten sich beim Abstimmen geirrt, machte er geltend. Diesen Antrag hiess der Rat mit 100 zu 95 Stimmen bei zwei Enthaltungen gut.

Danach wiederholte er die Abstimmung und drehte das Resultat: Mit Stichentscheid von Ratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) passierte das geänderte Wasserrechtsgesetz nun mit 96 zu 95 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Dagegen stimmten SP, Grüne, GLP sowie Mitglieder der FDP- und der Mitte-Fraktion. Der Ständerat nahm die Vorlage in der Schlussabstimmung mit 27 zu 16 Stimmen bei 1 Enthaltung an.

Die Meinung geändert haben neun Nationalratsmitglieder verschiedener Fraktionen. In der SVP-Fraktion wechselten die Tessiner Vertreter Lorenzo Quadri und Piero Marchesi vom Nein- ins Ja-Lager. Die Aargauerinnen Martina Bircher und Stefanie Heimgartner wechselten von Nicht-Teilnahme zu Ja, und der St. Galler Lukas Reimann von Nein zu Enthaltung.

In der Mitte-Fraktion hatten in der ersten Abstimmung zehn Mitglieder gegen die Vorlage gestimmt. Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO) und Priska Wismer (CVP/LU) wechselten dann aber von Nein zu Enthaltung.

Auf der anderen Seite wechselten der Grünliberale François Pointet (VD) und der SP-Vertreter Bruno Storni (TI) von Enthaltung zu Nein. Ratspräsidentin Moret stimmte nur in der zweiten Abstimmung. Sie gab den Stichentscheid für das Ja.

Kern der Revision des Wasserrechtsgesetzes sind die Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen bei der Nutzung von Wasserkraft. Neu muss für die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Erneuerung einer Wasserkraft-Konzession nicht mehr vom ursprünglichen Zustand vor dem Bestehen der Anlage ausgegangen werden.

Stattdessen soll der Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um Neukonzessionierung Referenzgrösse sein für die Frage, welche Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen vorgenommen werden müssen. Ausgearbeitet hat die Gesetzesrevision die Umweltkommission (Urek) des Nationalrates. Angestossen hatte sie Nationalrat Albert Rösti (SVP/BE) mit einer parlamentarischen Initiative.

Die Befürworter hatten argumentiert, dass die Vorlage Rechtssicherheit schaffe für die Betreiber von Wasserkraftwerken. Die Behörden müssten sich heute bei einer Konzessionserneuerung vorstellen, wie das Gebiet ausgesehen habe, als es vor Jahrzehnten noch kein Wasserkraftwerk gegeben habe.

Der Bundesrat hatte die Vorlage unterstützt, hätte das Gesetz aber zu Gunsten von Natur- und Landschaftsschutz mit einer Kann-Vorschrift ergänzen wollen. Er hätte gewollt, dass die Behörden bei Konzessionserteilungen «nach Möglichkeit» und «so weit verhältnismässig» Massnahmen zu Gunsten von Natur- und Landschaft hätten anordnen können.

Das sei eine moderate Kann-Vorschrift, hatte Umweltministerin Simonetta Sommaruga zuletzt im Ständerat betont. «Wir sollten der Bevölkerung aufzeigen, dass wir den Interessen der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes Rechnung tragen wollen.» Der Nationalrat hatte über dieselbe Kann-Vorschrift diskutiert, sie aber auch abgelehnt.

(SDA)

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