Die Feiertage sind für die Schweizer Wintersportorte die wichtigste Zeit des Jahres. Trotz des starken Frankens ist man in den meisten Destinationen mit dem Stand der Reservationen zufrieden. Also alles in Butter? Nicht ganz, denn der fehlende Schnee versetzt Hoteliers und Bahnbetreiber in Alarmstimmung! Neuschnee ist bis über Silvester hinaus nicht in Sicht. Da gibt es nur eines: fleissig Kunstschnee produzieren. Und die Gäste mit alternativen Angeboten bei Laune halten. BLICK-Reporter Onur Ogul (27) hat sich auf eine winterliche Tour de Suisse gemacht und sich bei Gästen umgehört.
Davos: «Chneble» auf dem gefrorenen Schwarzsee
Mauro Schweier (19) und Eliana Rigotti (20) aus Riehen BS sind müde, aber glücklich. Sie standen in Davos GR (1560 m ü. M.) den ganzen Tag auf dem Snowboard. 60 von total 279 Kilometern Piste waren offen. «Wir hatten unseren Spass», sagt Rigotti. «Die Pisten werden einfach immer härter, weil kein Neuschnee mehr darauffällt.»
Ähnlich sieht es Ivo Graf (42) aus Zürich, der mit seiner Familie in Davos Ferien macht. «Zum Fahren geht es. Aber das Erlebnis mit dem vielen Grün und Braun ist nicht dasselbe», sagt er.
«Hauptsache, fahren!», sagt sich Dennis Seifert (21) aus Stuttgart (D). «So wenig Schnee habe ich hier noch nie gesehen. Abfahrten im Tiefschnee sind dieses Jahr wohl definitiv kein Thema», sagt er wehmütig.
Richtig weiss ist es dafür auf dem Schwarzsee beim Flüela-Hospiz (2383 m ü. M.). Weil die Natureisbahn bei der Eishalle in Davos noch nicht hergerichtet werden konnte, hat man nach einer Alternative gesucht. In der Höhe! Ein Shuttlebus bringt Touristen zum See hoch, wo einem ein eisiger Wind um die Ohren pfeift. So fühlt sich ein richtiger Winter an! Schlittschuhe kann man gratis ausleihen. Zum Aufwärmen gibt es Glühwein. Der Bus bringt die müden Wintersportler dann wieder ins Tal runter.
Arosa: Galoppieren vor Winterpanorama
In Arosa GR liegen die Temperaturen am Morgen knapp über dem Gefrierpunkt – Ende Dezember auf 1775 Metern über Meer. Der Himmel ist blau. Die Baumwipfel grün. Bei der Talstation Kulm machen sich die Skischulen parat. Die Klassen sind in diesem Jahr kleiner als sonst: Nur 57 Kilometer Pisten sind präpariert. Wenn richtig viel Schnee liegt, sind es 225 Kilometer. Axel Meyer aus dem belgischen Gent ist ein Stammgast. Seit 20 Jahren verbringt er seine Weihnachtsferien mit der Familie im Schanfigg. Der starke Franken hält ihn nicht davon ab. Und dass derzeit weniger Schnee liegt als sonst, erst recht nicht.
«Dieses Jahr werden wir wohl nicht auf den Ski stehen», so Meyer zu BLICK. «Bei den schmalen Pisten kommt einfach nicht das richtige Feeling auf. Wir werden das schöne Wetter geniessen, spazieren gehen und in den Beizen gemütlich einen Kaffee trinken», sagt er und lacht.
Andere steigen von den Brettern gar auf den Sattel um. So wie Sandra Willi (23) aus Arosa und Lou Becchio (13) aus Zürich.
Ab heute kann man beim Aroser Kutscher Köbi Meier (70) Pferde für einen Ausritt im Schnee mieten. «Ich liebe das Reiten im Schnee», sagt Lou Becchio und galoppiert auf Ross «Everest» dem Horizont entgegen.
Zermatt: Die Walliser setzen auf den Jöö-Faktor
Das Matterhorn erstrahlt in reinem Weiss. Umso mehr wurmen die Zermatter die Berichte und Bilder über braune Alpwie-sen. Ohne Schnee im Dörfli (1608 m ü. M.) könne man Gäste nur schwer ins höchstgelegene Skigebiet der Schweiz locken, heisst es im Dorf.
Nur etwas mehr als die Hälfte der 360 Pistenkilometer war gestern geöffnet. Die Wintersportler scheint das nicht gross zu stören. «Es ist schön zum Skifahren. Man darf einfach nicht links und rechts schauen», sagt Thomas Pfammatter (45), der mit Partnerin Anja Schmid (44) und Tochter Aline (8) aus Visp VS hier Ferien verbringt. Yoke Mun (24) aus Singapur bemerkt zwar, dass es weniger Schnee und Leute auf der Piste hat. Er sei aber trotzdem zufrieden mit seinem Aufenthalt in Zermatt: «Die Sonne scheint, es ist toll.»
Gastgeber wie die Unternehmerfamilie Julen sind um Kreativität bemüht. Sie setzen auf Lokales und den Jöö-Faktor: «Wir wollen lokale landwirtschaftliche Produkte in unseren Angeboten einbauen», sagt Paul Julen (57). Sein Sohn Paul Marc (35) ergänzt: «Unsere Schwarznasenschafe sind bei den Kids der Hit.» Die Kleinen sind in den Stall eingeladen und dürfen dort mithelfen.
Die Grossen ebenso.