Seit Tagen sind die Börsen auf Talfahrt. Der Brexit, der Austritt der Briten aus der EU, erscheint plötzlich nicht mehr nur als abwegige Phantasie von EU-Gegnern, sondern als Wunsch der Mehrheit. In Umfragen legte das Austritt-Lager in den letzten Wochen ständig zu.
Erst die Ermordung der Labour-Politikerin Jo Cox (41) setzte der Entwicklung ein Ende. Die Tat eines rechtsextremen EU-Gegners und Brexit-Fanatikers, so die Erwartung an den Märkten, könnte die Briten aufrütteln und dazu führen, dass sie auf Distanz zum Austritt gehen.
Doch die Unsicherheit bleibt. Die Finanzmärkte stehen vor einer turbulenten Woche. Die Ausschläge sind derzeit weit grösser als in normalen Zeiten. Der Volatilitätsindex der Schweizer Börse, der das Ausmass der Ausschläge misst, hat sich in den letzten zehn Tagen fast verdoppelt.
Für die Anleger bedeutet dies grosse Risiken, aber auch grosse Chancen. Wer sich richtig positioniert, kann gutes Geld machen.
Es gibt nur schwarz oder weiss – Absicherungen sind zu teuer
Das Problem dabei: Wer spekulieren will, muss eine klare Meinung haben und bereit sein, Verluste zu tragen. «Absicherungsgeschäfte lohnen sich derzeit kaum. Die Kosten dafür sind sehr hoch», sagt Anastassios Frangulidis, Chefökonom der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Das bedeutet: Anleger müssen sich zuerst klar werden, worauf sie spekulieren wollen.
Frangulidis favorisiert ein Nein. In der Vergangenheit hätten sich die Stimmbürger in angelsächsischen Ländern stets gegen Experimente ausgesprochen. «Den Ausschlag geben die Unentschiedenen», sagt Frangulidis. «Sie haben Respekt davor, etwas zu wagen, dessen Folgen sie nicht kennen. Deshalb sagen sie Nein.»
Bei einem Nein gehören Finanztitel zu den Gewinnern
Bei einem Nein werden an den Finanzmärkten die Verlierer der letzten Wochen die Gewinner sein. «Das Pfund und die Aktienpreise werden steigen», sagt Frangulidis. «Fluchtwährungen wie Yen, Dollar und Franken werden hingegen ebenso verlieren wie Gold und erstklassige Staatsanleihen.»
Peter Rosenstreich, Leiter Marktstrategie bei der Swissquote-Bank, empfiehlt Anlegern, die auf ein Nein spekulieren, neben dem Kauf von britischen Pfund Aktienfonds, die den FTSE, den Leitindex der Londoner Börse, abbilden.
Wer auf Einzeltitel setzen will, kann laut Rosenstreich bei Aktien von Banken wie Barclays oder HSBC auf besonders üppige Gewinne hoffen. Überdurchschnittlich zulegen könnten auch Titel von Konsumgüterunternehmen wie jene des Schnapsherstellers Diageo. Sie litten unter Ängsten, nach einem Brexit den Marktzugang zu Europa zu verlieren.
Short-ETF steigen, wenn die Märkte fallen
Wer hingegen darauf spekuliert, dass die Briten am Donnerstag Ja sagen, sollte auf sichere Werte setzen. «Bei einem Brexit gibt es eine Flucht in Sicherheit», sagt Frangulidis. Gold, der Franken und erstklassige Obligationen werden steigen, risikobehaftete Anlagen verlieren.
Wem der Kauf von sicheren Werten zu langweilig ist, kann Leerverkäufe tätigen, um von den Verlusten zu profitieren. Privatanleger können solche Strategien einfach und kostengünstig umsetzen, indem sie so genannte Short-ETFs kaufen. Sie legen zu, wenn die Märkte fallen.
Swissquote-Analyst Rosenstreich favorisiert im Falles eines Brexits Short-ETF auf den deutschen Aktienindex DAX: «Deutsche Unternehmen, besonders die Autohersteller, würden bei einem Brexit einen ihren grössten Absatzmärkte verlieren oder hätten zumindest mit einem schwierigeren Marktzugang zu kämpfen.»
Auch der Verkauf von Kupfer macht laut Rosenstreich Sinn, weil die Unsicherheit die weltweite Nachfrage dämpfen würde. Auch für Kupfer gibt es Short-ETFs.
dcx_mg_attributes_slot_value: http://lnxv-8771.blick.frz.tfag.de:8080/webservice/escenic/content/5169741
dcx_mg_attributes_class:
dcx_mg_attributes_alignment: left
esc_id: 5169741
doc_id: doc6q8f9znshqf11ffgjfz0