Bei Menschenrechtsverletzungen
Bundesrat will Waffenexportpraxis verschärfen

Der Bundesrat will die Ausfuhr von Kriegsmaterial in Länder verbieten, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Mit einem indirekten Gegenvorschlag will er der Korrekturinitiative den Wind aus den Segeln nehmen.
Publiziert: 21.10.2020 um 13:52 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2020 um 15:05 Uhr
Eine Volksinitiative fordert ein Exportverbot von Waffen in Bürgerkriegsländer. Der Bundesrat möchte vielen Anliegen der Initianten mit einem indirekten Gegenvorschlag entsprechen. (Archivbild)
Foto: ANTHONY ANEX

Die Landesregierung hat am Mittwoch das Wirtschaftsdepartement (WBF) beauftragt, einen entsprechenden Botschaftsentwurf zuhanden des Parlaments auszuarbeiten. Dieser soll bis am 5. März 2021 vorliegen.

Die Initiative lehnt die Landesregierung ab. Weil der Bundesrat das Kernanliegen aber nachvollziehen kann, stellte er im März zwei Vorschläge für einen Gesetzesänderung zur Debatte - eine mildere und eine schärfere Variante. In der Vernehmlassung stiess der restriktivere Gegenentwurf auf mehr Zustimmung.

Dieser sieht vor, dass die geltenden Bewilligungskriterien für Kriegsmaterialexporte verschärft werden. Konkret soll ein Verbot der Ausfuhr von Kriegsmaterial in Länder verankert werden, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Das Verbot soll auch dann gelten, wenn ein geringes Risiko besteht, dass das Kriegsmaterial zur Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird.

Der Bundesrat will allerdings Ausnahmen zulassen. So soll er die Kompetenz erhalten, «im Falle ausserordentlicher Umstände zur Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen des Landes» von den gesetzlichen Bewilligungskriterien innerhalb eines klar abgesteckten Rahmens abzuweichen, wie er schreibt. Das trage einem Teil der Rückmeldungen in der Vernehmlassung Rechnung.

Mit der Streichung der Ausnahme für Länder, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen, der Verankerung der heute in einer Verordnung geregelten Bewilligungskriterien auf Gesetzesstufe und dem Ausschluss von Kriegsmaterialausfuhren in Länder, die in bewaffnete Konflikte verwickelt sind, werden laut dem Bundesrat die drei Hauptanliegen des Initiativkomitees berücksichtigt.

Das Ziel des Bundesrats ist es, die breit abgestützte «Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» mit Vertreterinnen und Vertretern von SP, Grünen, Grünliberalen, BDP und EVP mit dem Gegenentwurf zum Rückzug des Volksbegehrens zu bewegen.

Die eidgenössische Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrekturinitiative)» wurde Ende Juni 2019 mit über 134’000 Unterschriften eingereicht. Die Initiative will vor allem eine Lockerung der Exportkriterien für Kriegsmaterial aus dem Jahr 2014 rückgängig machen, deshalb der Name Korrekturinitiative.

Waffenexporte sind aufgrund geltender Gesetze und Verordnungen schon heute eingeschränkt. Über die Bewilligungspraxis gibt es aber immer wieder Streit - namentlich wenn der Bundesrat Waffenexporte in heikle Länder bewilligt mit dem Argument, die entsprechenden Waffentypen würden sich nur für Defensivzwecke und nicht für Menschenrechtsverletzungen eignen. Die Initiative will hier eine rote Linie ziehen.

Der nun zur Debatte stehende Gegenvorschlag, der das Kernanliegen der Initiative weitgehend berücksichtigt, wurde in der Vernehmlassung insbesondere von der SVP und der FDP kritisiert. Sie wehren sich gegen eine substanzielle Verschärfung der Exportpraxis.

In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres exportierten Schweizer Unternehmen Kriegsmaterial im Wert von knapp 690 Millionen Franken. In der entsprechenden Vorjahresperiode waren es knapp 500 Millionen Franken gewesen.

Während die Korrekturinitiative erst noch im Parlament beraten werden muss, kommt die 2018 eingereichte Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten (Kriegsgeschäfte-Initiative)» bereits in diesem November an die Urne. Sie will die Finanzierung von Kriegsmaterialherstellern stark eindämmen.

Konkret dürften die Nationalbank oder Stiftungen und Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge jene Unternehmen nicht mehr finanzieren, welche mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften. Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments lehnen die Initiative aus der Feder der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) und der Jungen Grünen ohne Gegenvorschlag ab. SP, Grüne und EVP sind für das Volksbegehren.

(SDA)

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