Vorwurf an deutschen Konkurrenten
Siemens kupfert Kommunikation von ABB ab

Zoff zwischen den Industriekonzernen ABB und Siemens. Angeblich soll Siemens die Positionierung von Boss Joe Kaeser bei der schweizerisch-schwedischen Konkurrenz abgeschaut haben.
Publiziert: 04.12.2019 um 18:00 Uhr
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Siemens-Boss Joe Kaeser twittert viel und gerne.
Foto: AFP
Christian Kolbe

Das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel» nennt es eine «Industrieposse» und macht sich über das Twitter-Gezwitschere von Siemens-Boss Joe Kaeser (62) lustig. Dieser ist seit Herbst 2017 bei Twitter aktiv, gilt als der Twitterkönig schlechthin unter den deutschen Topmangern. Kaeser twittert zu allem und über jeden, also zu AfD, Flüchtlingskrise, über Trump und seinen «kiffenden Kollegen» Tesla-Chef Elon Musk (48).

Ein Industrieboss als Mensch und Vordenker, der auch mal über den Industriehorizont hinausblickt. Klingt sympathisch, hat aber vor allem Kalkül, wie das Nachrichtenmagazin vermutet. Und nennt auch gleich das Vorbild für Kaesers Gezwitschere: Ex-ABB-Chef Ulrich Spiesshofer (55).

Gemeinsame Kommunikationschefin

Das Bindeglied: Clarissa Haller (52), bis Juli 2014 Kommunikationschefin der ABB, ehe sie von der Credit Suisse abgeworben wurde. Und die Bank nach einem kurzen Gastspiel wieder verlassen musste. Seit Mai 2016 ist die Deutsche Kommunikationschefin bei Siemens. Und habe gleich ein halbes Dutzend ABB-Mitarbeiter aus Zürich nach München mitgebracht, wie der «Spiegel» schreibt.

Der Verdacht des Nachrichtenmagazins: Der deutsche Twitterkönig hat bei Spiesshofer abgekupfert, der als einer der ersten Manager auch via Twitter kommunizierte. Kaesers Social-Media-Initiative und andere Teile der siemensschen PR-Strategie seien auffällig nah an Ideen des schwedisch-schweizerischen Konkurrenten ABB. Dazu passe, dass sich weit mehr als hundert Seiten mit vertraulichen Daten und Unterlagen aus dem Besitz von ABB im Archiv einer Siemens-internen digitalen Arbeitsplattform befänden.

ABB erwägt rechtliche Schritte

Wie die ABB-Unterlagen bei Siemens gelandet sind, ist unklar. «Die Unterlagen sind alle echt und gehören uns», bestätigt ein ABB-Sprecher gegenüber dem «Spiegel». «Es sind Betriebsgeheimnisse, und sie unterliegen der Geheimhaltung.» ABB erwäge nun juristische Schritte.

Siemens zofft zurück, wehrt sich gegen den Vorwurf, man habe Kommunikationskonzepte von der Konkurrenz kopiert. Der Vorgang sei vielmehr ein Beleg, wie «unprofessionell die Kollegen in der Schweiz mit Datensicherheit umgingen».

Ob unprofessionell oder doch abgekupfert: Klar ist auch, in den Tweets von Spiesshofer ging es um ABB- und Industriethemen, die vom Konzern strikt kontrolliert wurden. Kaeser nimmt sich da bedeutend mehr Freiheiten heraus.

Und da wäre noch ein Unterschied: Während Kaeser bei Siemens weiter zwitschert, hat es sich für Spiesshofer bei ABB seit April 2019 ausgezwitschert.

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