Rechnet die Post ihr Filialnetz schlecht, um ihre Sparpläne zu rechtfertigen? Die Gewerkschaft Syndicom, die über 20’000 Postangestellte vertritt, ist überzeugt: Der gelbe Riese frisiert seine Zahlen auf Kosten der Poststellen.
Zur Erinnerung: Die Post will in den nächsten vier Jahren bis zu 600 Poststellen und 1200 Filialmitarbeiter wegsparen. Sie hat sich dafür massive Kritik anhören müssen. Denn dem Konzern geht es nicht schlecht: Erst gestern gab er für die ersten drei Quartale 2016 einen Gewinn von 466 Millionen Franken bekannt.
Andere Verrechnung auf dem Buckel der Poststellen
Jetzt kritisiert Syndicom, die Post erschleiche sich die Argumente für das Sparprogramm.
So soll die Trickserei in der Buchhaltung funktionieren: Die Post berechnet seit diesem Jahr die Leistungen ihrer einzelnen Abteilungen neu. Betroffen ist unter anderem der Bereich Poststellen und Verkauf. Dieser steht für das Poststellennetz mit immer noch mehr als 2000 Filialen, wo die Sparpläne ansetzen.
Der letzte Quartalsbericht weist für den Bereich Poststellen und Verkauf einen Verlust von 156 Millionen Franken aus. Roland Lamprecht (38), Zentralsekretär Logistik bei der Syndicom, beklagt: «Mit der alten Berechnungsmethode wäre das Ergebnis nicht so schlecht ausgefallen.»
Lamprecht erklärt diese neue interne Berechnung: «Päckli- oder Pickpost-Automaten schreiben rote Zahlen. Neu gehören sie zum Bereich Poststellen und Verkauf, früher zählten sie zu einem anderen Bereich. Damit frisiert die Post die Zahlen, damit der Bereich Poststellen und Verkauf schlechter dasteht. Das ist inakzeptabel.»
«Wir brauchen keine buchhalterischen Kniffe»
Die Post nimmt keine Stellung dazu, ob die genannten Automaten rentabel waren. Sie weist aber darauf hin, dass die Zahlen nicht vergleichbar seien. Sprecher Oliver Flüeler sagt: «Wie wir neu intern verrechnen, hat nur sekundäre Auswirkungen auf dieses Ergebnis. Der Rückgang im Schaltergeschäft ist viel wichtiger.»
Flüeler weiter: «Die Vorwürfe der Syndicom sind absurd. Die Digitalisierung und die neuen Kundenbedürfnisse zwingen uns zum Umbau und zur Weiterentwicklung des Postnetzes. Dafür brauchen wir keine buchhalterischen Kniffe.»
Keine neue Entwicklung
Die neue interne Leistungsverrechnung ist nicht die erste Änderung, die den Bereich Poststellen und Verkauf heute unrentabler aussehen lässt als früher. Ein Poststellenleiter, der anonym bleiben will, erzählt BLICK von zwei Fällen.
Der erste: Eine Gemeinde will die Post im Dorf fördern und verschickt ihre Briefpost im Wert von mehr als 25'000 Franken über sie. Weil die Gemeinde damit als Grosskunde gilt, kommt die Rechnung aber vom Bereich Postmail. Dieser hat den Ertrag, der Bereich Postellen und Verkauf die Arbeit.
Das zweite Beispiel: Ein Kunde schickt ein Päckli zurück an Zalando und gibt es in der Postfiliale ab. Die zehn Franken für eine B-Post-Sendung unter zehn Kilo zahlt Zalando aber nicht an die Poststelle, sondern an den Bereich Postlogistics. Der Bereich Poststellen kriegt davon weniger als einen Franken als sogenannten Transferpreis. Das reicht nicht, um den Aufwand zur Bearbeitung des Päcklis zu decken.
Die Post widerspricht der Darstellung des anonymen Poststellenleiters. «Jedes Paket, jeder Brief, der über den Schalter geht und den Service der Postangestellten in der Poststelle benötigt, wird gemäss differenziertem Aufwand von Postmail und Postlogistics bezahlt», heisst es im Dementi.