Vontobel ordnet ein
SP will Kapitalisten subventionieren

Laut Sonntagspresse fordern SVP und SP die Nationalbank auf, ihre rund zwei Milliarden Franken Gewinn aus dem Negativzins den Pensionskassen zu spenden. Damit setzen sich die Sozialisten erstmals für die Kapitalisten ein.
Publiziert: 04.02.2019 um 18:53 Uhr
|
Aktualisiert: 05.02.2019 um 10:24 Uhr
1/5
Wohin mit dem Gewinn der Nationalbank aus den Negativzinsen? Diese Frage ...
Foto: Keystone
Werner Vontobel

1019 Milliarden Franken, das ist die Summe unserer Guthaben bei den Pensionskassen und Sammelstiftungen der Versicherungen. Dieser Spartopf ist im letzten Jahr gemäss Pictet-Index um rund vier Prozent geschrumpft. Weil dabei auch die Negativzinsen der Nationalbank eine Rolle gespielt haben, titelte die «SonntagsZeitung» («SZ») in ihrer neusten Ausgabe: «Die Politik der Nationalbank zerstört die Altersvorsorge».

Die «SZ» unterstützt damit den Vorstoss der Ständeräte Paul Rechsteiner (66/SP) und Alex Kuprecht (61/SVP): Der Vorschlag verlangt, die Nationalbank soll die rund zwei Milliarden Franken, die sie mit den jährlich Negativzinsen verdient, an die Pensionskassen abtreten. Dies würde es den Pensionskassen erlauben, ihre jährlichen Rentenausschüttungen von rund 29 Milliarden um rund sieben Prozent zu erhöhen.

Spartopf der Reichen

Aus Sicht des Versicherungslobbyisten Kuprecht ist dieser Vorstoss verständlich. Für den Sozialdemokraten und ehemaligen Gewerkschaftsboss Rechsteiner macht das allerdings weniger Sinn. Seine Klientel würde von den zwei Milliarden kaum profitieren. Gemäss der neusten Statistik der Neurenten kommt nicht einmal die Hälfte aller neuen Rentner in den Genuss einer BVG-Rente. Bei den Frauen sind es sogar nur gut ein Drittel.

Kommt dazu, dass die Pensionskassen-Renten sehr ungleichmässig verteilt sind. Das reichste Viertel kassiert gut dreimal mehr als das ärmste. Die 1000 Milliarden der Pensionskassen sind ein Spartopf der Reichen. Und auch die Finanzindustrie verdient mit. Die Verwaltung der Billion bringt ihr jährlich gut sechs Milliarden Franken ein.

Mit dieser Summe aus der Verwaltung der Gelder könnte man in der Logik von Rechsteiner und Kuprecht die BVG-Renten sogar um rund 20 Prozent erhöhen.

Rentable Anlagemöglichkeiten fehlen

Zwar kann man wie Rechsteiner argumentieren, dass die Gewinne der Nationalbank auch von den Pensionskassen stammen, deren Ersparnisse mangels Alternative letztlich zu einen Negativzins bei der SNB gelandet sind. Doch faktisch ist das Angebot der SNB, Devisen zu minus 0,75 Prozent Zins zu kaufen, eine Subvention für die Sparer. Denn die Nationalbank begrenzt damit den potenziellen Verlust auf ein Dreiviertel-Prozent.

Mit allen anderen Anlagen, das zeigt der Pictet-Index haben Anleger, Pensionskassen – oder eben auch Sparer, die das Geld nicht einfach nur auf das Bankkonto legen – im Schnitt noch viel mehr Geld verloren. Kommt hinzu, dass die Pensionskassen mit ihren jährlichen Nettoersparnissen von fast 40 Milliarden am tiefen Zins mitschuldig sind. Für so viele Spargelder fehlt es schlicht an rentablen Anlagemöglichkeiten. Wer zu viel spart, wird vom Markt bestraft.

Geld sollte in AHV fliessen

Davon abgesehen, macht es aber durchaus Sinn, die Gewinne der Nationalbank zumindest teilweise für die Altersvorsorge einzusetzen. Unsere SNB ist als erstklassiger Schuldner in der beneidenswerten Lage, sich zu einem Negativzins verschulden und eingenommenen Gelder zu rund zwei Prozent wieder verleihen zu können. Sieht man von den unvermeidlichen Kursschwankungen ab, bringt uns das jährlich gut zehn Milliarden ein. Wohin damit? Am besten ist es wohl, dieses Geld so in den Wirtschaftskreislauf zurückzupumpen, dass es nicht wieder gespart, sondern konsumiert wird.

So gesehen wäre der eh überdimensionierte Spartopf der Pensionskassen keine gute Wahl. Wenn schon, müsste das Geld eher in die AHV fliessen. Investitionen in den Umweltschutz oder in die Bildung sind auch eine Option. Die Diskussion hat erst angefangen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.