Es regnet wie aus Kübeln am Sempachersee. Auf dem TCS-Campingplatz herrscht trotzdem Gelassenheit. Wo früher gummibestiefelte Camper mit Spaten in der Hand hektisch einen Wassergraben um ihr durchnässtes Zelt pflügten und Land-unter-Stimmung verbreiteten, baumelt man heute gemütlich in der Hängematte und zählt die Blitze. Unter die stabilen Vordächer der Bungalows, die hier in den letzten Jahren entstanden sind, dringt keine Feuchte. Sie sind Ausdruck eines neuen Camping-Gefühls, genannt Glamping, was so viel wie Campen mit Glamour bedeutet.
Holzhütten in Deluxe-Version
Neben den modern eingerichteten Bungalows mit eigenen Nasszellen hat der TCS in Sempach und etlichen weiteren seiner 23 Schweizer Campingplätze zusätzliche Fixunterkünfte erstellt. Etwa kleine Holzhütten, genannt Pods, die es auch in Deluxe-Ausführung gibt, zweistöckige Air Lodges mit Himmelbett, Luxus-Safarizelte oder Wohnmobile. Auf vielen Plätzen sind moderne Restaurants entstanden, Pool-Landschaften und teilweise sogar Wellness-Oasen.
Die 2014 auf dem TCS-Campingplatz Solothurn erstmals getestete Glamping-Strategie ist Programm. Pro Jahr investiert der TCS seither 1 Million Franken, um das entsprechende Angebot fortlaufend zu erweitern. Und zwar nicht einfach nur so, um die Gäste zu beglücken, sondern aus betriebswirtschaftlichem Kalkül. «Wir möchten einerseits die Auslastungen erhöhen, weil wir das Campingerlebnis witterungsunabhängiger machen, anderseits möchten wir pro Gast mehr Umsatz erzielen», sagt Oliver Grützner, Leiter der Tourismus- und Freizeitsparte beim TCS.
Safarizelte und Nostalgiewagen
Die Rechnung geht auf. Entgegen dem generell negativen Schweizer Tourismustrend der letzten Jahre haben die TCS-Campingplätze markant zugelegt. In der Saison 2017 konnte die Logiernächte für die neu erbauten Mietunterkünfte gegenüber dem Vorjahr von 39 800 auf 46 680 hochgeschraubt werden. Die Hochsaisonauslastung der neuen Bungalows, Pods, Safarizelte und Nostalgiewagen hat bereits 85 Prozent erreicht und dürfte weiterklettern. «Wie es zurzeit aussieht, dürften wir 2018 die 50 000 Glamping-Logiernächte deutlich überschreiten», sagt Grützner.
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Camping-Stellplatz sei der erzielte Umsatz einer Parzelle mit einer Mietunterkunft pro Nacht je nach Typ doppelt bis viermal so hoch, rechnet Grützner vor. «Selbst unter Berücksichtigung des jährlichen Abschreibers und der höheren Unterhaltskosten bleibt uns im Glamping-Segment pro Gast eine Rendite, welche bis 30 Prozent über jener eines traditionellen Zelt- oder Wohnwagen-Gastes liegt.»
Dringender Nachholbedarf
Die höheren Margen nutzt der TCS konsequent, um das Angebot laufend zu modernisieren. An diversen Standorten ist der Bau von sogenannten Glamping Villages in der Pipeline. Die heutige Zahl von schweizweit rund 200 modernen Mietunterkünften werde sich markant vergrössern in den kommenden Jahren, so Grützner. Der Nachholbedarf sei da und dort auch zwingend vorhanden.
Innerhalb der gesamten Gruppe wird die Entwicklung auf den TCS-Campingplätzen mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. «Mit ihrem Gesamtumsatz von knapp 22 Millionen Franken tragen sie zwar nur im einstelligen Prozentbereich zu unserem Geschäftsergebnis bei, jedoch haben sie eine hohe gesellschaftliche und touristische Relevanz», sagt der TCS-Generaldirektor Jürg Wittwer.
Daher werde neben den Unterkünften auch aktiv in zeitgemässe Dienstleistungen investiert und Marketing betrieben. So wurde etwa unlängst das Informations- und Buchungsportal Camping-insider.ch sowie ein TCS-Camping-Festival mit buntem Rahmenprogramm lanciert.
Glamping liegt im Trend
Für Wittwer ist Glamping so etwas wie ein zentraler Botschafter für die TCS-Gesamtstrategie, mit welcher der Verein zum einen sein teilweise noch verstaubtes Image aufpolieren, anderseits neue Kunden, Mittel und Umsätze generieren will. Selbstverständlich werde man dabei das traditionelle Campinggeschäft nicht minder wertschätzen und bleibt von ihm auch nach wie vor abhängig.
Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.
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Die Biwak-Zelter mit Spatenschaufel, Gummistiefeln und Einweggrill wird es immer geben. Die Glamper seien allerdings unaufhaltsam auf dem Vormarsch, wie Oliver Grützner bestätigt: «Schon in wenigen Jahren werden sie ihren Anteil an unserem gesamten Campingumsatz mehr als verdoppelt haben.»