Im «Labor» im Keller stapeln sich leere Medikamentendosen und Tuben. Rund 90 Tupperware-Behälter mit Pflanzenextrakten stehen herum, alle fein säuberlich von Hand beschriftet. Es gibt Verdickungsmittel und grosse Kanister mit einer dunklen Flüssigkeit. Was die Ermittler von Swissmedic im August 2019 bei einer Hausdurchsuchung bei einem pensionierten Arzt finden, lässt «auf eine Arzneimittelproduktion in grösserem Umfang schliessen».
So steht es im anonymisierten Strafbescheid der Arzneimittelbehörde, der kürzlich publiziert wurde. Swissmedic verknurrt darin den pensionierten Mediziner zu einer bedingten Geldstrafe von 6000 Franken und zu einer Busse von 1500 Franken. Die Aufsichtsbehörde hält ihn für schuldig, gewerbsmässig Arzneimittel hergestellt, in Verkehr gebracht sowie ein- und ausgeführt zu haben – alles ohne die dazu erforderliche Bewilligung.
Ein Hinweis aus Deutschland
Bereits 2010 war der Arzt mit dem Gesetz in Konflikt geraten: Damals war ihm Swissmedic wegen des gleichen Delikts auf die Schliche gekommen und hatte verfügt, dass er die Medikamentenproduktion unverzüglich einstellen müsse, schreibt der «Beobachter».
Das beeindruckte den Arzt offensichtlich nicht. 2018 meldete sich das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bei Swissmedic: Man habe Kenntnis von einem selbst zubereiteten Medikament, das vom erwähnten Arzt aus der Schweiz nach Deutschland gebracht und von dort an Kundinnen und Kunden aus Deutschland und Österreich verschickt worden war.
Swissmedic nahm die Spur des Mannes wieder auf – und entdeckte im Verlauf der Ermittlungen neben der Produktionsanlage im Keller auch eine Website, auf der Medikamente «aus unserem Haus» angeboten wurden.
Alternativtherapie bei Krebserkrankungen
In diesem Online-Shop gab es für alle etwas: ein Medikament gegen chronisches Asthma bei Kindern, eine «erfolgversprechende Alternativtherapie bei Krebserkrankungen», ein Mittel gegen Herpes, Hautentzündungen und Insektenstiche und ein Schlankheitsmittel.
Mit der Produktion in seinem Kellerlabor und dem Verkauf der Medikamente verstiess der pensionierte Arzt gleich mehrfach gegen das Heilmittelgesetz. So ist es etwa verboten, Arzneimittel ohne Bewilligung herzustellen und in Verkehr zu bringen. Ebenso wenig ist es erlaubt, für nicht zugelassene Mittel zu werben und Heilsversprechen abzugeben. Laut Strafbefehl handelt es sich bei den vom Arzt hergestellten Mitteln «ausnahmslos um Arzneimittel, welche in der Schweiz […] weder national noch kantonal in Verkehr gebracht werden dürfen».
Allerdings könne ihm nicht nachgewiesen werden, dass er konkret Menschen gefährdet habe, so die Behörde im Strafbefehl. Aufgrund der Anpreisungen der Medikamente sei jedoch «nicht ausgeschlossen, dass einzelne Personen auf eine (wirksamere) Behandlung verzichteten oder sich davon abhalten liessen, frühzeitig einen Arzt zu besuchen».