Warum soll ich ausgerechnet mit euch arbeiten? Schliesslich stünden jede Menge Wettbewerber bereit. Die Frage kam von einem Bauherrn, zugleich ein potenzieller Kunde. Halb im Scherz, mit einem Lachen, hatte Daniela Spuhler geantwortet, «weil wir die beste Paella servieren». Den Auftrag bekam sie – aber natürlich nicht wegen der Paella.
Die Episode ging zunächst vergessen, aber als die Aufrichte nahte, eigentlich ein Dankesfest für die Handwerker, gab es die Paella, für viele überraschend, dann doch noch: Spuhlers Bauführer Adolfo Carcione griff zur Pfanne, kochte das spanische Nationalgericht; ausgerechnet der Italiener Adolfo macht die allerbeste, das wissen sie bei Barizzi. Seit sieben Jahren arbeitet er hier, kocht gern auch mal für Firmenfeiern. Wenn sich aber glücklich sattgewordene Kunden zu Mundpropaganda für die fortgeschrittene Betreuungsarbeit von Barizzi hinreissen lassen, macht es gleich doppelt Freude.
Handfest und ohne hierarchisches Getue geht es auch in der Firma zu. Als Daniela Spuhler von ihrem Firmensitz in Brüttisellen zur Grossbaustelle Younic in Dübendorf disloziert, wo Barizzi eine Überbauung mit mehreren Hundert Wohnungen erstellt, setzt sie sich wie selbstverständlich auf den Beifahrersitz im Auto des zuständigen Bauführers Carcione. Beide verbindet eine Vorliebe für schwarz lackierte, PS-starke Modelle einer Marke mit Vier-Ringe-Logo. Auf dem Stellplatz, der mit grossen Lettern für «DSH» reserviert ist, parkiert ein mächtiger Achtzylinder, verpackt in einen Kombi. DSH, das steht für Daniela Spuhler-Hoffmann.
Marketing auf der Baustelle
Man kennt ihr Gesicht von den Schutzplanen der Bauzäune, hinter denen ihre Leute arbeiten: Den weissen Helm mit Logo auf dem Kopf, blickt sie Betrachtern direkt in die Augen. In Dübendorf marschiert sie zunächst zum Planungsstand, wo die Bauzeichnungen liegen, inspiziert anschliessend den Rohbau und stellt sich dann in die Tür des Pausencontainers, wo einige ihrer Leute auf Bänken den Lunch verzehren. Sie fragt, wie es läuft, die Stimmung ist entspannt, die Baustelle schreitet gut voran.
Sie sei «sehr klar», sagt später einer ihrer Arbeiter, «hart, aber fair», ein anderer, auch ihre Freundlichkeit wird gelobt, dazu die «familiäre Atmosphäre» und dass die Chefin «down-to-earth» sei. Viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten bei der Firma. «Wenn ich auf die Baustelle komme und frage, wie es geht, werde ich nie schräg angeschaut», sagt Spuhler selbst. «Die Leute respektieren mich, das spüre ich schon, und es ist auch klar, dass ich keine spezifische Bauausbildung mitbringe – aber im Lauf der Jahre habe ich mir natürlich viel Fachwissen angeeignet.»
Ihr Umsatz
50 Millionen Franken ungefähr, vielleicht etwas weniger, dürften Esslinger und Barizzi gemeinsam erwirtschaften, mit vereint 170 Mitarbeitern.
Zudem kann sie andere Dinge. Dass ihr Gesicht, aber auch diejenigen vieler ihrer 170 Mitarbeiter auf den Zäunen und Baggern prangen, ist eine Form von Marketing und Vertrauensbildung, die in der Baubranche ihresgleichen noch vergeblich sucht. Und sie hat die Zahlen im Griff – über die schweigt sie zwar wie eine Betonmauer, aber anhand branchenüblicher Berechnungsformeln dürfte sie bei einem Jahresumsatz von nahe 50 Millionen Franken liegen; eine Schätzung, gegen die sie kaum protestiert. Und punkto Margen, wo zwei bis drei Prozent als branchenüblich gelten, dürfte sie zumindest nicht schlechter als der Durchschnitt liegen. Immerhin reichte es für einen schicken neuen Werkhof und ein Zentralgebäude in Brüttisellen, wo ihre beiden Firmen Esslinger und Barizzi seit 2019 unter einem Dach wohnen, gemeinsam Lager und Logistik betreiben.
Echte Sonderstellung
Eine Frau am Bau, vor allem als Unternehmerin, das ist noch immer eine sehr rare Erscheinung. Umso mehr, als sie verheiratet ist mit Unternehmerlegende Peter Spuhler, Mehrheitsaktionär von Stadler Rail und Aebi Schmidt.
Doch genauso wenig, wie das hier eine Geschichte werden sollte, die staunend auf die Ausnahme von der Regel blickt und diese Singularität ausgiebig thematisiert – genauso wenig würde sich Daniela Spuhler-Hoffmann in ihrer Sonderstellung inszenieren. Sie macht schlicht ihren Job: «Bau, das sind eben meine Wurzeln, damit bin ich aufgewachsen», sagt sie. Eine Schnupperzeit im Hotelfach machte sie als Teenager, studierte dann aber Wirtschaft an der heutigen ZHAW Winterthur, mit Vertiefung im Bereich industrielle Produktion. Denn: Es sollte etwas zum Anfassen sein, die geleistete Arbeit sichtbar werden – und schon im Studium habe sie erkannt, dass sie ihr eigener Chef sein wollte.
Vor dem finalen Schritt in diese Richtung arbeitete sie noch beim Mercedes-Händler Merbag in Schlieren bei den Nutzfahrzeugen («Die fand ich auch immer cool»), und zudem ein Jahr lang bei Cellere in Frauenfeld im Strassenbau, von morgens um sieben bis in den Abend, die Arbeitskollegen wollten sie als Frau zunächst gar nicht an die Schaufel lassen; «das verschaffte mir viele Einblicke in den Tiefbau und hat Spass gemacht». Wenn sie heute auf Auslandsferien ist, fotografiert sie gern Baustellen, schaut, wie andere Firmen arbeiten. Ihre Tochter Ladina schüttelt dann schon mal verständnislos den Kopf. Was solls – Bau, das sei eben ihr Zuhause.
Schwestern statt Töchter
Esslinger, rund 75 Mitarbeiter, Barizzi, etwa 90 Beschäftigte – hinter den beiden Firmen steht eine lange Familiengeschichte. Daniela Spuhlers Grossvater mütterlicherseits hatte Esslinger 1955 gegründet, 1969 war ihre Mutter Lotty Esslinger in den Betrieb eingestiegen, 1971 auch ihr Vater Urs Hoffmann, der in die Familie eingeheiratet hatte und selbst Bauingenieur war, zudem aus derselben Gemeinde stammte: Unterengstringen im Zürcher Unterland. Und auch ihr Grossvater väterlicherseits war schon Bauingenieur, hatte grosse Projekte, etwa Staudämme, realisiert. Ihre Eltern kauften den Grosseltern die Firma später ab, übernahmen 1989 ausserdem Barizzi, ansässig in Bertschikon bei Gossau, als Tochterfirma.
2008 schliesslich, sie war Anfang 30, hochschwanger und hatte einen Kredit aufgenommen, kaufte wiederum Daniela ihren Eltern die Betriebe ab. Mithilfe externer Steuer- und Bewertungsfachleute, «genau so, wie wenn wir an Dritte verkauft hätten», liess die Familie einen Firmenwert berechnen – um von vornherein spätere Diskussionen unter den Geschwistern nicht heraufzubeschwören. Das hat funktioniert – ihr Bruder, einige Jahre jünger, arbeitet als Polier bei Esslinger, leitet zudem die Lehrlingsausbildung. Ihre Schwester führt einen Gastronomiebetrieb.
Spuhler änderte jedoch die Beteiligungsverhältnisse, löste die Tochter-Beziehung der Firmen auf und gründete eine Holding, die beide seitdem gleichberechtigt führt. Die Webseiten gleichen sich, das gemeinsame Logo vereint die Anfangsbuchstaben beider Betriebe, auch das Marketing mit den ausdrucksstark fotografierten Gesichtern nutzen beide gleichermassen; Esslinger vor grünem Hintergrund, Barizzi gelb umrandet. Die Familienfeste, zu denen Spuhler alle zwei Jahre ihre Mitarbeiter samt Angehörigen einlädt, bringen beide Belegschaften zusammen, die Weihnachtsessen hingegen veranstalten beide getrennt. Dass sie nicht zusammengelegt werden, sei eine Sache der Tradition und Loyalität ihrer Leute zur jeweiligen Firma. Kürzlich schaute Carlo Barizzi, über 90 ist er mittlerweile, zum Kaffee in Brüttisellen vorbei.
Die Unterschiede liegen vor allem in den Tätigkeiten. Esslinger macht Umbauten und Sanierungen, vor allem aber Tiefbau, Erschliessungen etwa oder Belagsarbeiten, hat zudem einen Saugbagger im Dauereinsatz, der Material wie Kies, Erde oder Schlamm aus dem Untergrund lösen kann – und der, wie sämtliche Maschinen, im Eigentum der Firmen ist, geleast wird nichts, kein Kran und kein Lastwagen. Das hatte die Familie immer so gehalten, zudem lastet dann bei steigenden Zinsen kein Kostendruck auf der Firma. Auch von dem Bagger grüsst Spuhlers behelmter Kopf, dazu der Claim «Wir bauen mit Charakter». Die Reputation kann sich tatsächlich sehen lassen: Esslinger, sagt eine Führungskraft aus der Branche, «liefert Top-Qualität ab». Entsprechend gewinnt sie viele Projekte von öffentlichen Auftraggebern.
Suche nach Synergien
Barizzi hingegen betreibt klassischen Hochbau. Zu den bekanntesten Projekten gehören zwei Baulose am «Circle» beim Flughafen, die Zentrale des Textilmaschinenbauers Rieter, der Umbau des Hauptsitzes der Zürcher Kantonalbank an der Bahnhofstrasse, beteiligt war Barizzi auch am Zürcher Eishockeystadion mit 12'000 Plätzen, heute bekannt als «Swiss Life Arena». Hier war zudem Esslinger mit dem Bau der Werkleitungen involviert, «wir suchen natürlich nach Synergien für die beiden Betriebe», sagt Spuhler.
Man kann nicht behaupten, dass die Baubranche am Boomen sei. Der Schweizerische Baumeisterverband rechnet für 2024 mit einem Rückgang im Branchenumsatz, der sich auch in das Jahr 2025 hinein fortsetzen dürfte, lediglich der öffentliche Tiefbau gilt als Hoffnungsträger. Und es herrscht ein blutiger Konkurrenzkampf, insbesondere im Grossraum Zürich, wo sich auch Spuhlers Firmen bewegen. Allein der Kanton Zürich zählt 100 Firmen im Tiefbau und mehr als 1000 im Hochbau, in der gesamten Schweiz ist es jeweils rund das Zehnfache. Vereint dürften Esslinger und Barizzi, gemessen am Umsatz und an der Zahl der Mitarbeiter, schweizweit unter den Top 100 liegen, im Grossraum Zürich unter den Top 20.
Und trotz kritischer Grösse und bester Referenzen reicht es häufig nicht für einen Zuschlag der Bauherren, «weil es sich am Ende oft nur um den Preis dreht und die inhaltliche Differenzierung in unserer Branche viel schwieriger ist als etwa im Fahrzeugbau». An Anlässen redet sie Bauherren oder künftigen Kunden gern ein wenig ins Gewissen – ihre Kleidung würden sie doch auch nicht bei H&M kaufen und ihre Autos oder Handtaschen auch nicht im Discount, warum müsse es dann bei einem neuen Firmensitz, der viele Jahre überdauern soll, das Billigste sein? Warum werde hier nicht immer auf Qualität gesetzt?
Sie weiss selbst: Die Eintrittsschwelle in die Branche ist niedrig, die Möglichkeit, sich von Konkurrenten abzuheben, sehr gering. Insofern zollen Branchenleute Respekt vor der Leistung, 170 Beschäftigte dauerhaft mit Arbeit auszustatten und dabei auch mal Härte zu zeigen: «Es ist eine grosse Kunst, in unseren Preiskämpfen auch mal Nein zu sagen», lässt ein Konkurrent durchblicken, «und Daniela Spuhler beherrscht diese Kunst ziemlich gut.»
Dass sie mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hält, attestieren auch andere, die sie privat gut kennen. Sie könne auch mal «bauzig» auftreten, und «sie ist eine, mit der man lieber keinen Streit haben will», lacht ein Bekannter, «harte Schale, aber weicher Kern». Vor allem, wenn man sie nicht kenne, wirke sie auf andere bisweilen etwas unzugänglich. Im Grund sei sie aber ein absolut herzlicher Mensch, spontan und liebenswürdig, sehr schnell im Kopf, sagt ein Nahestehender, humorvoll und «eine, mit der man Pferde stehlen kann», der Freunde und Familie über alles gehen, sagt eine andere Person.
Zum inneren Kreis zählen wohl Daniela Maurer und Mireille Kindle; die eine bekannt für Asset Management, die andere mit einem ziemlich berühmten Nachnamen ausgestattet, auch die Journalistin Susanne Walder – insbesondere aber auch Rebecca Kull, die als COO das Tagesgeschäft der familieneigenen Baufirma HRS leitet, sowie die Hospitality-Beraterin Tanja Wegmann, die bekannt wurde als Direktorin der Basler Hotel-Ikone Les Trois Rois. Beide gelten, wie Spuhler, als durchsetzungsstarke Managerinnen, und mit beiden gibt es punktuell berufliche Kooperationen. Mit Wegmann und ihrem Lebensgefährten Silvio Denz, Hauptaktionär der Luxusgruppe Lalique, sind Spuhlers beim Umbau des Zürcher Hotels Florhof engagiert; Esslinger besorgt die Bauarbeiten. Und HRS hat beispielsweise für Esslinger und Barizzi den neuen Werkhof in Brüttisellen gebaut. Privat und beruflich werde jedoch sauber getrennt, sagt Spuhler mit Blick auf Kull: «Ich kenne ihren Umsatz nicht, und sie nicht meinen».
Vom Fotomodell zur Chefin
Innerhalb ihrer Firmen gilt sie als faire und kommunikative Chefin – so sieht sie sich auch selbst. «Ich beziehe meine Leute in die Entscheidungsprozesse ein und bin auch kritikfähig.» Das Einzige, was sie absolut nicht vertragen könne, «und das wissen auch alle», sei, wenn jemand lügt, «dann kann ich auch ziemlich laut werden». Einer, der sie privat wie beruflich gut kennt, hat beobachtet, «dass sie aus dem Stand vom Typ Fotomodell umschalten kann zur Chefin auf der Baustelle».
Formal agiert sie als Präsidentin ihrer beiden Firmen, zwei Geschäftsführer verrichten das Tagesgeschäft. Aber «ich arbeite Vollzeit», betont sie, «wenn ich nicht für ein anderes Mandat unterwegs bin, dann bin ich im Büro oder auf der Baustelle». Andere Mandate – davon hat sie allerdings einige: Bei HGC, einem der grössten Schweizer Bauzulieferer, sitzt sie im Verwaltungsrat, dazu bei einer ganzen Anzahl weiterer Firmen, die mit Bau, Immobilien oder Grundbesitz zu tun haben, zudem beim Schweizer Businessfliegerei-Anbieter Cat Aviation.
Grössenwachstum strebt sie mit ihren Firmen nicht als prioritäres Ziel an; wenn, dann müsse es sich aus der natürlichen Entwicklung ergeben. Wichtig sei ihr vielmehr Nachhaltigkeit im Erfolg, um die Arbeitsplätze ihrer Leute sichern zu können. Sie könne sich schon vorstellen, die Wertschöpfungskette noch zu erweitern, aber da sei derzeit nichts spruchreif, sagt sie abwehrend. Als möchte sie keine Wettbewerber hellhörig werden lassen.
Wie üblich im Baugeschäft geht die Arbeit frühmorgens los – auch wenn sie Baubesprechungen mit den Polieren früh um sechs ihren Unterführern überlassen kann. Dafür treibt sie normalerweise noch vor der Arbeit Sport: Fitness, Laufen, Training mit Gewichten, «immer draussen, bei Wind, Wetter oder Schnee, ist mir egal», nur Tageslicht sollte es schon haben. Ihr geliebter Hund Masetto, der stets früh rauswollte, ist leider vor einigen Monaten gestorben, eine Deutsche Dogge, achtjährig, «superfit, bekam aber leider Knochenkrebs». Masetto «war mein Buddy», kam oft mit ins Büro. «Dann hatte ich weniger Besucher», lacht sie. Nicht sofort, aber später möchte sie wieder einen Hund im Haus haben, gern auch wieder einen grossen – vielleicht noch einmal eine Dogge oder einen italienischen Cane Corso, der sei eher der Favorit ihres Mannes.
Kaffee und Cola Zero
Ziemlich einig sind sich die beiden bei der haushaltlichen Arbeitsteilung. Peter Spuhler, immerhin Sohn eines Chefkochs, «kocht oder grilliert, geht gern auch die Zutaten einkaufen», wenn beide abends zu Hause sind. Daniela Spuhler ist «mehr fürs Handwerkliche zuständig», repariert Dinge, wechselt Glühbirnen. Als sie noch im Strassenbau arbeitete, kochte auch Spuhlers Vater, der damals im Nachbarhaus lebte, ab und an für sie. Und während «mein Mann morgens ein extremer Kaffeetrinker ist, brauche ich nur einen Espresso und dann einen Liter Wasser».
Den Konsum an Cola Zero haben beide massiv heruntergefahren, punkto Freizeit liegen sie nahezu deckungsgleich: «Tauchen, Skifahren und Reisen» zählt Daniela Spuhler als Hobbies auf, Aktivitäten, für die auch Gemahl Peter bekannt ist. In den Ferien liest sie gerne Krimis, lauscht ihnen auch per Hörbuch auf langen Autofahrten. Auch das Theater besucht sie, «das aber meistens alleine». Gelegentlich, berichten Bekannte, rufe sie ihn «Spuhler». Das sei aber «nett gemeint».
Relativ unbekannt ist die Geschichte, wie sich die beiden kennengelernt haben – aber keineswegs ein Geheimnis; Peter Spuhler erzählt sie bei Anlässen manchmal selber, verbunden mit der Einleitung, er kenne seine Schwiegereltern länger als seine Frau. Deren Vater, Urs Hoffmann, war mit seiner Esslinger der örtliche Baulöwe in Unterengstringen, und an einem Gemeindefest lernten sich Hoffmann und Roberto Quaglia kennen. Der betreibt unter seinem Namen ein edles Bekleidungsgeschäft am Zürcher Weinplatz und war damals bereits der Hausschneider von Peter Spuhler. Quaglia war bis dato nie am Sechseläuten gewesen, hatte aber Interesse – und sein neuer Bekannter Hoffmann, Mitglied der Zunft zur Schneidern, nahm ihn mit zu den Feierlichkeiten, der Kalender muss wohl das Jahr 2000 gezeigt haben. Quaglia und die Schneidern, das passte gut: Er betreibt mit seiner Familie auch ein eigenes Markenlabel samt Schneiderei, die damals in Unterengstringen angesiedelt war.
Der Schneider wurde bei den Schneidern schnell aufgenommen, doch noch bevor die Formalitäten erledigt waren, hatte er bereits eine Idee, die bei Vermessen eines neuen Einreihers für den Kunden Spuhler entstanden sein soll: Ein solcher Unternehmer wäre doch auch was für die Zunft! Doch weil Quaglia selbst noch nicht Vollmitglied war, brauchte es für den Vorschlag einen Götti. Und nach einem Essen zu dritt im «Sonnenberg» ob Zürich war klar: Urs Hoffmann würde das übernehmen; Spuhler und er verstanden sich auf Anhieb. Als Tochter wiederum «musste ich ja zu Sechseläuten immer Blumen in der Zunft verteilen», erinnert sich Daniela, damals Hoffmann, und als Spuhler das erste Mal dabei war, «sagte meine Mutter, sei bitte anständig, das ist ein Herr Nationalrat». Worauf sie antwortete: «Ich habe keine Ahnung, wer das ist, ist mir auch gleich, ich bin zu allen gleich anständig.»
Schnelle Entscheidungen
Später, bei einer Veranstaltung von Spuhlers Stadler Rail, es war wohl ein Roll-out einer bahntechnischen Innovation, war das Ehepaar Hoffmann geladen – aber da etwas Weinkonsum zu befürchten war, musste Tochter Daniela als Chauffeurin herhalten. So lernte man sich nach und nach kennen, traf sich auch mal zum Essen. Als dann später beide Single waren, soll es ziemlich schnell gegangen sein.
Schnell war sie auch als Unternehmerin. Während in der Branche einige den Eindruck hatten, Urs Hoffmann hätte gern noch eine Weile selber den Bauunternehmer gegeben, gab sie Gas – und hatte nach wenigen Jahren nicht nur ihre Familie beeindruckt, sondern auch die Schulden abgezahlt.
Heute wird auch am Küchentisch viel übers Geschäft gesprochen; nicht nur zwischen den Unternehmer-Eltern, auch mit den Kindern, die sollen ja etwas mitbekommen. Zwölf Beteiligungen der Familienholding zählt Daniela Spuhler, und «weil für uns der Erhalt des Werkplatzes Schweiz und seiner Arbeitsplätze ein wichtiges Anliegen ist, bereiten wir den Generationswechsel langfristig vor». In diversen Investments dieser Holding namens PCS (Peter Christoph Spuhler), etwa beim Maschinenbauer Aebi Schmidt, sitzt sie im Verwaltungsrat, in der Holding selbst ist sie Vizepräsidentin, auch der älteste Sohn Lucas, im Hauptberuf COO des Stadler-Werks St. Margrethen mit 600 Angestellten, hat hier Einsitz. In Daniela Spuhlers Holding DSH, die zur Führung ihrer beiden Baufirmen dient, amtet wiederum Peter Spuhler als Vize. Daniela Spuhler hat sich zudem bei Stadler als Aktionärin engagiert, offenbar nicht nur als Formalie, sondern mit einem nennenswerten Investment. Für die PCS sitzt sie im Vorstand der IHK Thurgau.
Die Patchwork-Familie halte zusammen, berichten Nahestehende. Peter Spuhlers zwei Kinder aus erster Ehe, Lucas und Laura, und die gemeinsame Tochter Ladina sollen ein hervorragendes Verhältnis haben, auf Anlässen zeigen sich alle gemeinsam. Während Tochter Laura einen Gutshof leitet, geht Teenagerin Ladina noch zur Schule und begleitet ab und an die Eltern auf Geschäftsreise. Dabei soll sich ein klarer Trend abzeichnen: gegen Baustellen in der Zürcher Agglo, aber für Stadlers Schienenfahrzeuge, insbesondere das Werk in Salt Lake City in den USA. Diesen Sommer will Ladina dort einen Ferienjob übernehmen.
Auch eine Tochter ihrer ukrainischen Gastfamilie überlegt sich, bei Stadler in die Lehre zu gehen. Ostern 2022 nahmen sie die Eltern mit vier Kindern auf, der Vater arbeitet bei Stadler. Eigentlich würden sie gern zurückgehen, haben zu Hause östlich von Odessa eine eigene Baufirma, aber noch ist es zu gefährlich. Einer der Söhne zieht nun eine Maurerlehre in Betracht und «will nach dem Schulabschluss bei uns zum Schnuppern kommen», freut sich Daniela Spuhler.
Hybride Büssli und Zirkulit
Dort gibt es einiges zu lernen. Spuhler arbeitet sich ein in künstliche Intelligenz fürs Baugewerbe, in das Vermessen von Projekten mithilfe von Drohnen, hat für den CO2-schonenden Beton «Zirkulit» sogar die Betonmischmaschine neu zertifizieren lassen. Ein neuer Trend ist Building Information Modelling (BIM), das sämtliche Daten und Prozesse von Planung über Bau bis Instandhaltung digital erfasst und aufbereitet. Bald sollen die ersten Firmenbüssli mit Hybridantrieb für Esslinger und Barizzi rollen, iPads auf den Baustellen und Mitarbeiter-App sind längst Standard.
Und nicht zu unterschätzen: Hier und da winkt eine leckere Paella zum Firmenfest.