Fünf Sterne für das Hotel in Athen, 3 Sterne für den Take-away beim Büro und 2 Sterne für den Kopfhörer vom Online-Shop: Im Internet wird alles und jeder bewertet. Der Migros-Online-Riese Digitec/Galaxus macht sogar TV- und Plakat-Werbung mit Kunden-Bewertungen. Tenor: Sie können sich getrost auf solche Rezensionen und Käufe verlassen!
Aber es gibt auch schwarze Schafe. Hinter Lob und Tadel stecken nicht immer echte Erlebnisse und echte Bewerter. Viele Noten im Internet sind manipuliert. Weil Sterne und Benotung für die Aufmerksamkeit der Firmen immer wichtiger werden, ist daraus ein grosses Geschäft mit Bewertungsverkäufern und -käufern entstanden.
Mit wenig Mitteln können Firmen ihre Profile im Netz mit 5-Sterne-Bewertungen aufpolieren. Davon machen immer mehr Firmen Gebrauch. Das zeigt eine Auswertung des deutschen Unternehmens Garamboo, das selbst Firmen beim Bewertungsmanagement Hand bietet. Das Resultat: Auf ihrer schwarzen Liste finden sich auch Schweizer Firmen. Diese setzen offenbar auf erfundene und eingekaufte Bewertungen, sichtbar beim Firmenprofil auf Google, rechts neben den Sucherergebnissen.
Den zweifelhaften Ruf aufpolieren
«Wir können über 5000 gefälschte Google-Bewertungen in Deutschland, der Schweiz und in Österreich nachweisen», sagt Geschäftsführer Konstantinos Bourinakis zu BLICK. In der Schweiz hat Garamboo manipulierte Bewertungen bei 16 Unternehmen aufgespürt.
«Das ist nur die Spitze des Eisbergs», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder (51). Man müsse sich bewusst sein, dass noch viel mehr Bewertungen manipuliert seien. «Besonders Anbieter mit zweifelhaftem Ruf versuchen ihren ramponierten Ruf mit geschönten, gekauften oder manipulierten Bewertungen aufzupolieren.»
Kids Arena mit 20 Falsch-Bewertungungen
Garamboo entlarvte im Schnitt acht falsche Bewertungen pro Firma. In einem Fall können sogar 20 Falsch-Bewertungen nachgewiesen werden: Die Kids Arena in Emmen LU wurde insgesamt 57-mal bewertet. Damit verzerren 20 Fälschungen das Gesamtbild und die Durchschnittsbewertung deutlich.
Diese wurden offenbar von der Stuttgarter Firma Fivestar Marketing verfasst. Die deutsche Herkunft verraten einige deren Schreiber durch das scharfe S – so etwa bei elf der 20 offenbar falschen Bewertungen des Unternehmens aus Emmen.
Natürlich können auch Deutsche den Spielspass bewerten, diese Häufung ist aber ungewöhnlich. Kids Arena reagierte nicht auf die BLICK-Anfrage zu den Vorwürfen.
BLICK-Anfrage rüttelt wach
Fünf kontaktierte Unternehmen meldeten sich auf die BLICK-Anfrage hin. Der Mieterschutz reagierte schroff auf die Konfrontation mit Fake-Bewertungen – und wittert eine Verschwörung. Hinter den Vorwürfen vermutet der Mieterschutz die Konkurrenz.
Bei Vermittler Betterhomes von Miet- und Kaufimmobilien fand Garamboo zwölf verdächtige Bewertungen. COO Levent Künzi versichert gegenüber BLICK, dass «die Betterhomes Schweiz AG an keinen gekauften Google-Bewertungen interessiert ist».
Swiss Smile mit den schillernden Gründer-Schwestern Haleh und Golnar Abivardi (46 und 43) ist das Unternehmen hinter ZW Zahnärzte Winterthur. Es verglich auf die Nachfrage von BLICK hin die verdächtigen Namen der Bewerter mit ihrer Kundendatenbank. «Wir mussten feststellen, dass diese Personen keine Patienten bei uns in Winterthur waren», so das Resultat. Offenbar seien diese Bewertungen durch eine Werbeagentur erstellt worden, ohne Wissen und Auftrag von Swiss Smile. Das Unternehmen verspricht, die Sache weiter zu verfolgen, bei der Marketingagentur und auch bei Google. «Wir distanzieren uns ausdrücklich von solcherlei Praktiken», erklärt Swiss Smile.
Hotelcard, HSO Wirtschaftsschule, Versicherungszentrum
Das Handelsunternehmen Inter Biz GmbH hat ebenfalls versucht, die Fake-Namen ihren Kunden zuzuordnen. Doch auch wegen Fantasie- und Allerweltsnamen war dies nicht möglich. Inter Biz verlässt sich für die Prüfung der Beiträge auf Google. Jedoch will das Unternehmen nun reagieren und zusammen mit der Google-AdWords-Werbeagentur Wege finden, um Bewertungen von Google auf Echtheit hin zu prüfen und falsche zu löschen.
Auffällige oder falsche Bewertungen finden sich auch bei Hotelcard, Anbieterin eines Halbtax für Schweizer Hotels. Auf Nachfrage von BLICK wollte man dort nicht näher darauf eingehen. So auch beim Schweizer Versicherungszentrum und der HSO Wirtschaftsschule Schweiz. Interessant aber: Bei der Wirtschaftsschule finden sich inzwischen gar keine Bewertungen mehr.
Google will keine Fake-Bewertungen
Google selbst verweist auf seine Richtlinien: «Die Beiträge müssen auf tatsächlichen Erfahrungen und Informationen basieren.» Dagegen verstossen: Fake-Inhalte, kopierte oder gestohlene Fotos, nicht themenbezogene Rezensionen, Verleumdungen, Beleidigungen, persönliche Angriffe und unnötige oder falsche Angaben.
Der Suchmaschinen-Riese ruft Nutzer dazu auf, solche Beiträge zu melden. «Diese werden dann manuell durch Mitarbeiter von Google überprüft», erklärt ein Google-Sprecher.
Die von BLICK bekannt gemachten Beispiele zeigen aber: Auch die Suchmaschine ist vor Fake-Bewertungen nicht gefeit, viele Fälschungen fallen durch das Raster.