Verwaltung in Beringen SH knickt wegen überhöhter Nebenkosten ein
So gewannen Mieter ihre Schlacht gegen Wincasa

Zusammenspannen führt zum Erfolg. Zwei Jahre haben sich die Mieter der Siedlung Genesis in Beringen SH gemeinsam gegen ihre Verwaltung und überhöhte Nebenkosten gewehrt. Jetzt können sie sich freuen.
Publiziert: 12.08.2019 um 23:26 Uhr
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Aktualisiert: 09.03.2020 um 08:55 Uhr
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Der lange Kampf und die viele Arbeit von Daniela Späth und ihren Mitstreitern der Siedlung Genesis in Beringen gegen ihre Verwaltung haben sich gelohnt. Ende Juli erreicht die Mieter ein Brief der Wincasa.
Foto: Philippe Rossier
Julia Fritsche (Text) und Philippe Rossier (Fotos)

500 Stunden Arbeit, harte Recherchen und viel Nerven – 39 Mietparteien der Siedlung Genesis in Beringen SH haben viel geopfert für ihren Streit mit der Verwaltung Wincasa. Der Kampf gegen überhöhte Nebenkostenabrechnungen hat sich gelohnt! Ende Juli knickt die Verwaltung auf ganzer Linie ein, nachdem BLICK drei Wochen zuvor über den Fall berichtet hat.

Aus Kulanz habe man sich entschieden, auf die Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen 2015/16 zu verzichten, heisst es im Brief an die Mieter, der BLICK vorliegt. Selbst die Nachzahlungen, die Mieter bereits gemacht haben, will die Wincasa nicht mehr. Für die Rückerstattung sollen die Betroffenen der Verwaltung ihre Bankverbindung mitteilen.

Trotz Freude kein Fest

«Dass die Wincasa jetzt komplett aufgibt, überrascht uns. Das verdanken wir sicher auch dem BLICK-Bericht», sagt Daniela Späth (55), die zusammen mit Markus van Riel (51) seit über zwei Jahren den Widerstand gegen Wincasa organisierte. «Wir freuen uns, dass sich die grosse Arbeit gelohnt hat.» Ein Jubelfest mit den Mitmietern sei aber nicht geplant.

Auch Späth bekommt nun Geld zurück. Fast 900 Franken sollte sie nachzahlen. 165.90 Franken hat sie anerkannt und auch gezahlt. «Die Wincasa hat zum Teil falsch abgerechnet. Andere Kosten gehörten eigentlich gar nicht zu den Nebenkosten», so Späth. Also haben die Widerständler 2017 eine Liste mit 28 Punkten zusammengestellt, mit denen sie nicht einverstanden sind und dazu eine eigene detaillierte Abrechnung. Über 100'000 Franken hat die Wincasa zu viel verrechnet, sind die Mieter überzeugt.

Drei Jahresrechnungen fehlen noch

Noch Mitte Mai deutete nichts auf eine friedliche Lösung hin. Einigen Ex-Mietern flatterten Betreibungen ins Haus. Innert zehn Tagen sollten sie ihre Schulden bei der Wincasa zahlen. Zwei Monate später ist davon keine Rede mehr. Mit der Rückerstattung der bezahlten Beträge haben die Mieter sogar mehr erreicht, als sie wollten. Warum wohl? Späth hat einen Verdacht: «Ich vermute, die Wincasa hat das gemacht, damit es später nicht heisst, sie hätte unsere Berechnungen akzeptiert.» Laut Wincasa geht es darum, dass alle gleich behandelt werden.

Trotz aller Freude über den Erfolg, ist sie auch skeptisch. «Wir warten noch auf drei weitere Abrechnungen. Wer weiss, was und wie viel Wincasa da verrechnet.» Auf jeden Fall wollen sie auch da genau hinschauen und wenn nötig weiterkämpfen. «Wir erwarten nun, dass die weiteren fälligen Abrechnungen zügig erstellt werden», macht Mieter Willi Grob (77) Druck.

Weitere verärgerte Mieter

Im Brief und auf BLICK-Nachfrage heisst es dazu, «ob und in welchem Rahmen auch für die Nebenkostenabrechnungen der Jahre 2016/17 und der Folgejahre Anpassungen gemacht werden, wird zurzeit überprüft». Zudem würden sie «nach Möglichkeiten suchen, um die Nebenkosten nachhaltig zu reduzieren».

Mieterin Daniela Späth (55): «So haben wir uns durchgesetzt»

BLICK: Sie haben sich erfolgreich gegen die Nebenkostenrechnung der Wincasa gewehrt. Was ist Ihr wichtigster Rat an andere Mieter?
Daniela Späth: Nicht einfach alles ohne Gegenwehr akzeptieren. Ich bin überzeugt, dass es vielen Mietern wie uns geht und Verwaltungen zu viel oder falsch verrechnen. Mieter kennen aber ihre Rechte zu wenig. Doch es gibt Schlichtungsbehörden oder auch den Mieterverband, die können helfen.

Es braucht aber auch viel Durchhaltevermögen.
Ja, man muss dranbleiben, auch wenn Verwaltungen schnoddrig reagieren und einem Steine in den Weg legen. Die beste Quelle für uns waren Serviceverträge. Bevor wir die hatten, hat man aber versucht, uns mit nichtssagenden Dokumenten abzuspeisen. So haben wir uns am Ende durchgesetzt.

Was sollten Mieter nicht tun?
Wer glaubt, seine Abrechnung stimmt nicht, sollte auf keinen Fall gar nichts zahlen. Dann können die Verwaltungen nämlich rechtliche Schritte einleiten und der Fall landet vor dem Zivilgericht. Wer aber den anerkannten Teil zahlt, ist auf der sicheren Seite. Interview: Julia Fritsche

BLICK: Sie haben sich erfolgreich gegen die Nebenkostenrechnung der Wincasa gewehrt. Was ist Ihr wichtigster Rat an andere Mieter?
Daniela Späth: Nicht einfach alles ohne Gegenwehr akzeptieren. Ich bin überzeugt, dass es vielen Mietern wie uns geht und Verwaltungen zu viel oder falsch verrechnen. Mieter kennen aber ihre Rechte zu wenig. Doch es gibt Schlichtungsbehörden oder auch den Mieterverband, die können helfen.

Es braucht aber auch viel Durchhaltevermögen.
Ja, man muss dranbleiben, auch wenn Verwaltungen schnoddrig reagieren und einem Steine in den Weg legen. Die beste Quelle für uns waren Serviceverträge. Bevor wir die hatten, hat man aber versucht, uns mit nichtssagenden Dokumenten abzuspeisen. So haben wir uns am Ende durchgesetzt.

Was sollten Mieter nicht tun?
Wer glaubt, seine Abrechnung stimmt nicht, sollte auf keinen Fall gar nichts zahlen. Dann können die Verwaltungen nämlich rechtliche Schritte einleiten und der Fall landet vor dem Zivilgericht. Wer aber den anerkannten Teil zahlt, ist auf der sicheren Seite. Interview: Julia Fritsche

In Beringen SH haben die Mieter ihr Ziel erreicht. Anderswo steht der Kampf vielleicht erst bevor. «Auf den BLICK-Bericht hin haben sich weitere Wincasa-Mieter aus der Umgebung bei uns gemeldet», so Späth. «Auch sie befürchten, dass ihre Nebenkostenabrechnungen nicht stimmen und wollen unseren Rat.»

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