Ja, was ist er nun, der Kweku Adoboli (38)? Im Englischen ist die Sache relativ klar: Der Mann, der die UBS mit seiner Schattenbuchhaltung einen Verlust von rund 2,3 Milliarden Dollar eingebrockt hat, ist ein «rogue trader», also eine Art Schurken-Händler.
Dies würden wohl einige bei der UBS ebenso sehen, hat doch der Milliarden-Verlust, der im September 2011 aufgeflogen war, auch dem damaligen UBS-Boss Oswald Grübel den Job gekostet. Auch Geschworene und Gericht beurteilten Adobolis Handlungen als Straftat und verurteilten ihn zu sieben Jahren Gefängnis. Die Hälfte der Strafe musste der Ghanaer absitzen, im Juni 2015 wurde er wegen guter Führung auf Bewährung entlassen.
Schurke oder Schlingel?
Rogue steht aber nicht nur für Schurke oder Gauner, sondern auch für die etwas schmeichelhafteren Ausdrücke Spitzbube oder Schlingel. Und eben einen Schlingel dürften Adobolis Freunde in ihm sehen. Der Schlingel, der die schwerwiegenden Mängel und mangelhaften Kontrollen, wie sie damals bei der UBS herrschten, mit immer riskanteren Deals so arg strapazierte, bis der Milliarden-Verlust nicht mehr zu kaschieren war. Der höchste in der Geschichte des britischen Finanzplatzes.
Seit seiner Entlassung tingelt Adoboli durch britische Universitäten und Schulen, um Nachwuchsbankern vor Verfehlungen zu warnen und ihnen moralisches Verhalten an den Finanzmärkten beizubringen, wie der «Guardian» schreibt.
Zeitpunkt der Einbürgerung verpasst
Diese Freunde, die in Adoboli eher den Schlingel und den Aufklärer sehen, sind zahlreich und sammeln Geld für den Ex-Banker. Denn der soll in sein Heimatland Ghana abgeschoben werden, vielleicht schon heute. Einmal im Monat muss sich Adoboli deswegen bei den Behörden melden. So auch heute Montag. Das mache ihm dieses Mal richtig Angst, sagte er zum «Guardian».
Adoboli ist der Sohn eines ehemaligen Uno-Diplomaten, hat seit seinem vierten Lebensjahr nicht mehr in Ghana gelebt, kam mit zwölf nach Grossbritannien, sieht sich als Brite.
Mit dem einzigen Makel, dass er sich nie um die britische Staatsbürgerschaft bemüht. Diese ist ihm als verurteiltem Straftäter nun verwehrt, ihm droht die Ausweisung, da gemäss britischem Recht jeder ausgewiesen werden muss, dessen Strafmass vier Jahre übersteigt.
Freunde sammeln Geld gegen Ausweisung
Bereits im Juni hatten seine Freunde 20'000 Pfund und 50'000 Unterschriften gesammelt, um Adoboli bei seinen juristischen Vorgehen gegen die geplante Ausweisung zu unterstützen. Vergeblich, Ende Juni blitzte Adoboli beim Londoner Appellationsgericht als letzte Instanz ab, müsste das Land nun verlassen.
Nun machen seine Freunde und seine Familie auf einer Crowdfunding-Plattform erneut mobil, sammeln Geld für eine letzte Verwaltungsbeschwerde gegen die Ausweisung und um die inzwischen aufgelaufenen Anwaltskosten zu decken. Zumindest das Geldsammeln klappt: Allein in der Zeit, in der diese Zeilen geschrieben werden, kamen beinahe 4000 Pfund zusammen.