Der neue Fernverkehr-Doppelstockzug der SBB "FV-Dosto" bleibt auch nach dem ersten Betriebsmonat das grosse Sorgenkind der SBB.
Foto: KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Vertrauliche SBB-Dokumente zum Pannenzug FV Dosto
War die Verspätung Bombardier egal?

Nächstes Kapitel im Streit um den Pannen-Doppelstöcker: Interne Dokumente zeigen: Bombardier hat sich – nett ausgedrückt – nicht gerade gegen die Mega-Verspätung gestemmt. Eine Anwältin ordnet ein.
Publiziert: 05.03.2019 um 11:39 Uhr
|
Aktualisiert: 19.03.2019 um 16:30 Uhr
1/14
59 Doppelstockzüge bestellten die SBB 2010 bei Bombardier. Mit 1,9 Milliarden ist es der grösste Auftrag in der Geschichte des Bahnunternehmens. Ursprünglich geplanter Liefertermin war 2013.
Foto: Keystone

Nächster Angriff auf Bombardier in der Pannenzugs-Affäre: Der kanadische Hersteller hat sich nicht gegen die Verspätung der Züge gestemmt. Die 59 Kompositionen hätten schon Ende 2013 für die SBB durch die Schweiz rollen sollen und sind heute immer noch nicht abgenommen.

Das zumindest legen Dokumente nahe, die «SRF» heute Morgen publiziert hat. Der Verdacht liegt nahe, dass die Dokumente von den SBB stammen.

«Nicht vor 2018»

Darum gehts im Detail: Die SBB engagierten 2013, also kurz bevor die Züge hätten fahren sollen, die externen Berater der Railexpertsgroup. Diese schrieben in ihrem Gutachten: «Bombardier hat als einziges Ziel, den Auftrag wirtschaftlich positiv abzuschliessen und wird dabei alle Mittel ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen. Einsicht und Entgegenkommen können aber in keiner Phase der Verhandlungen und der gesamten restlichen Projektlaufzeit erwartet werden.» Darum brauche es nun ein Ausstiegsszenario.

Zudem schien schon damals klar: «Mit einem Einsatz einer Teilflotte von mindestens 10 Zügen nicht vor Dezember 2018 zu rechnen.» Aus heutiger Sicht müsste man sich über dieses Resultat freuen – schliesslich sind nicht einmal die bisherigen 12 Züge, die für die SBB fahren, voll abgenommen.

Auch Bombardier teilte aus

Ein ebenfalls 2013 von der Kanzlei Bär und Karrer erstelltes Gutachten lieferte weitere Erkenntnisse: Die maximalen Strafzahlungen für Bombardier für die Verspätung würden bald erreicht sein, was die Motivation der Kanadier beeinträchtige, sich zu beeilen. 

«Solche Beschränkungen von Konventionalstrafen und Höchstbussen sind durchaus üblich, auch bei Verträgen von privaten Auftraggebern», sagt Rechtsanwältin Claudia Schneider Heusi zu BLICK. Der Grund: «Das Risiko in Haftungsfällen wäre sonst schlicht zu gross. Mit einer unlimitierten Haftung würde kaum ein Anbieter einen Vertrag unterzeichnen.» Zudem hätte das Auswirkung auf den Preis des Angebots, denn das wirtschaftliche Risiko und die Bussen müssten eingepreist werden. 

«Hinzu kommt, dass die sogenannten Pönalen vertraglich begrenzt sein sollten», sagt Schneider. Sie gibt aber zu denken, dass Höchstgrenzen durchaus einen Einfluss auf einen Anbieter hat, der bereits die Höchstbusse bezahlt hat. «Er wird sich fragen, warum er noch Energie in die Auftragserfüllung stecken soll», so Schneider.

Mehrkosten von 326 Millionen

Bombardier warf den SBB vor, nachträglich zu viele Änderungswünsche angebracht zu haben. Das Projekt sei dadurch unrentabel geworden. Es ging dabei um Mehrkosten von 326 Millionen Franken – ob sich die SBB daran beteiligt haben, ist bis heute nicht klar.

SBB vertrösten auf später

Auf Anfrage von BLICK wollen sich die SBB weder zu Meierhans' Forderungen in Sachen Gewinnbeschränkung noch zu möglichen Vergünstigungsaktionen äussern.

Zu den Gesprächen mit Meierhans werde man sich erst nach deren Abschluss äussern, so SBB-Sprecher Reto Schärli. Auch zu den Gewinnzahlen im Personenverkehr oder zum Gutschein-Flop will er vorerst nichts sagen. Er vertröstet auf später: «Sie müssen sich leider gedulden. Die Zahlen für das Jahr 2018 werden wir an der Bilanzmedienkonferenz in zwei Wochen bekanntgeben.» (rus)

Auf Anfrage von BLICK wollen sich die SBB weder zu Meierhans' Forderungen in Sachen Gewinnbeschränkung noch zu möglichen Vergünstigungsaktionen äussern.

Zu den Gesprächen mit Meierhans werde man sich erst nach deren Abschluss äussern, so SBB-Sprecher Reto Schärli. Auch zu den Gewinnzahlen im Personenverkehr oder zum Gutschein-Flop will er vorerst nichts sagen. Er vertröstet auf später: «Sie müssen sich leider gedulden. Die Zahlen für das Jahr 2018 werden wir an der Bilanzmedienkonferenz in zwei Wochen bekanntgeben.» (rus)

Schlimmer geht immer

Stattdessen traten die Konfliktparteien im Januar gemeinsam vor die Medien und machten gute Miene zum bösen Spiel: «Wir wollen nicht, dass sich unsere Leute, die daran arbeiten, wegen der Zahlungen die Köpfe einschlagen», sagte SBB-CEO Andreas Meyer. Stattdessen habe nun oberste Priorität, den Zug endlich pannenfrei zum Laufen zu bringen.

Beunruhigende Schlussnote des «SRF»-Artikels hierzu: Experten, deren Namen nicht genannt werden, sagen, der Zug fahre vielleicht überhaupt nie pannenfrei. Die Technik zur Wankkompensation werde vielleicht nie verlässlich einzusetzen sein. 

In der Pannenzugs-Affäre entsteht der Eindruck, dass es immer noch schlimmer geht. (kst/pbe)

«Die Verantwortung liegt definitiv bei Bombardier»
2:54
Streitthema Bombardier-Züge:«Die Verantwortung liegt definitiv bei Bombardier»
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.